Bürgerwindparks

Mehr Begeisterung trotz höherer Risiken

Konzepte wie Bürgerwindparks bieten die Möglichkeit, die Menschen vor Ort einzubinden und am Gewinn der Anlagen zu beteiligen. Im Interview spricht Benjamin Köneking, Windmüller auf Fehmarn und Mitglied des Regionalvorstands im Bundesverband Windenergie e. V., über wirtschaftlichen Erfolg, Interessenkonflikte und Zukunftspotenziale.
Windparks in der Hand ortansässiger Bürger sollen die Akzeptanz von Windkraft fördern. Hat sich das Konzept bewährt?
Benjamin Köneking: Fehmarn war vor 30 Jahren einer der Vorreiter in Sachen Windenergienutzung in Schleswig-Holstein - zeitweise stand hier der größte Windpark Deutschlands. Heute betreiben hier etwa 250 einheimische Windmüller fünf Windparks. Neben den Betreibern und Mitarbeitern profitieren auch viele örtliche Unternehmen. Vor allem die Gemeinde freut sich über deutlich gestiegene Steuereinnahmen. So bleibt im Vergleich zu einem externen institutionellen Investor vier- bis fünfmal mehr Wertschöpfung auf der Insel.
Es gibt klassische GmbHs ebenso wie Genossenschaften. Welche Organisationsform passt am besten?
Köneking: Alle Windparks auf der Insel sind als klassische GmbH & Co. KG organisiert. Dies hat auch mit der Entwicklung der Windenergie auf Fehmarn zu tun: Den Anfang machten oft Einzelanlagen, die sich dann zu Windparks zusammenschlossen und so neu aufstellten. Eine breite Beteiligung der Einheimischen lässt sich sowohl in Form von Genossenschaften als auch als GmbH & Co. KG organisieren. Welche Organisationsform besser passt, hängt also vom Einzelfall ab.
Was macht aus Ihrer Sicht einen Bürgerwindpark wirtschaftlich erfolgreich?
Köneking: In den Anfangsjahren war es teilweise nicht einfach, genug Einheimische dafür zu gewinnen, in die Windkraft zu investieren. Obwohl heute durch das Ausschreibungsmodell und die gestiegenen planerischen Anforderungen die Risiken gestiegen und die Renditeerwartungen gesunken sind, ist die Begeisterung für erneuerbare Energien gewachsen. Dadurch, dass alle Beteiligten vor Ort sind, können aus meiner Erfahrung viele Hürden leichter genommen werden. Das wirkt sich auch positiv auf den wirtschaftlichen Erfolg aus.
Häufig überlagern sich vor Ort vielfältige Interessen. Fehmarn ist auch Urlaubsziel.
Köneking: Wie die ganze Insel sind auch die meisten der 250 Windmüller direkt oder indirekt mit dem Tourismus verbunden. Beschwerden der Gäste über die Windmühlen gibt es praktisch nicht. Windkraft wird mit etwas Positivem wie Fortschritt und Klimaschutz assoziiert. Wie auch Umfragen immer wieder bestätigen, befürwortet die große Mehrheit die Energiewende und die Windenergienutzung. So wirbt etwa einer der Ferienhöfe der Insel mit dem Slogan “Urlaub zwischen den Windparks”.
Hat das Konzept Bürgerwindpark Zukunft oder wird es sich verändern?
Köneking: Mit der Einführung des Ausschreibungsregimes und dem Wegfall aller Privilegien im neuen EEG haben sich die Bedingungen für Bürgerwindparks bereits stark verändert. Dies bedeutet höhere Risiken und mehr Planungsunsicherheit für neue Projekte. Eine neue Tendenz, die sich auch in der EEG-Novellierung widerspiegelt, ist eine noch größere Beteiligung der Gemeinden an den Windenergieerträgen. Dies ermöglicht es, verstärkt auch Bürger an den Windkraftvorteilen teilhaben zu lassen, die sich nicht direkt an einem Windpark beteiligen möchten oder können.
Interview: Jutta Lasner
Veröffentlicht am 27. Januar 2021