Effiziente Gebäude

Häuser, die mitdenken

Smart Home, Smart Grid, Smart Metering - das sind Schlagworte, die uns immer wieder in den Medien begegnen. Dabei geht es vor allem um technische Systeme, die durch Vernetzung mit Informationstechnologien optimiert werden. Gerade in Häusern lassen sich so enorme Effizienzpotenziale realisieren - Smart Buildings gehört die Zukunft.
Immobilien verursachen weltweit 33 Prozent aller CO2-Emissionen, sie sind für 40 Prozent des Materialund Energieverbrauchs und 17 Prozent des Frischwasserverbrauchs verantwortlich. Smart Buildings leisten vor diesem Hintergrund einen wesentlichen Beitrag zum weltweiten Klimaschutz.
Die Technische Universität Darmstadt hatte 2009 mit einem Plusenergiehaus, dem "surPlushome", zum zweiten Mal nach 2007 den Solar Decathlon des amerikanischen Energieministeriums gewonnen. Das "surPlushome" ist das Idealbild eines Smart Building. Es erzeugt mehr Energie, als es selbst braucht. Aus den Überschüssen wird ein Elektrofahrzeug gespeist. Flexible Raumgestaltung auf mehreren Ebenen bietet Platz auf wenigen Quadratmetern. So kann das Bett im Boden versenkt werden, um den gleichen Raum zum Wohnbereich für viele Gäste umzufunktionieren.
Dieses Haus war Vorbild für das "Effizienzhaus Plus" in Berlin, das seit März 2012 von einer vierköpfigen Familie zum Test bewohnt wird. Das Gebäude ist das Ergebnis eines Wettbewerbs, den das Bundesbauministerium Ende 2010 durchgeführt hat. Hier sollen unter anderem Möglichkeiten der Energiespeicherung, über die Batterien der Fahrzeuge und andere Speichersysteme, getestet werden. In Henstedt-Ulzburg kann man solch ein Haus inklusive elektrisch betriebenen Fiat 500 bereits kaufen.
Diese Häuser zeigen einen wichtigen Trend bei Smart Buildings: die Integration von erneuerbaren Energien in Bauteile. Beim "surPlushome" dient das Fassaden-System neben der Energiegewinnung mit integrierten Solarzellen zudem als konstruktiver Feuchteschutz und technisches Entlüftungssystem. Darüber hinaus bietet die Fassade eine sehr effektive Verschattung und ein Blitz-Kontrollsystem. In allen Häusern wurden zudem sogenannte Latentwärmespeicher in die Decken und Wände eingebaut.
Modulares System
Neben der Effizienz geht es bei Smart Buildings auch um Sicherheit, Flexibilität und mehr Komfort. So erübrigen Fingerprint-Türschließanlagen die lästige Suche nach dem Schlüssel. Intelligent kombiniert mit der Elektronik in der Küche, kann mit der Türöffnung schon der Wasserkocher für den Tee gestartet werden. Beim Verlassen der Wohnung erinnert das zentrale Steuerungstableau am Ausgang daran, dass der Herd noch an oder ein Fenster offen ist. Die Universität zu Lübeck arbeitet mit der Lübecker Wachunternehmen GmbH und anderen Partnern im Projekt "SMART Assist Lübeck" daran, ein Früherkennungssystem für Demenzerkrankungen bei älteren alleinlebenden Menschen zu entwickeln. Einfache Sensoren werden an wichtigen Punkten der Wohnung wie Wasserhahn, Herd oder Tür installiert und intelligent vernetzt. Verändert der Nutzer seine Gewohnheiten gravierend, werden zunächst Angehörige oder Freunde per SMS informiert. Im nächsten Schritt kann auch die Notrufzentrale des Wachunternehmens kontaktiert werden.
Das deutsche Team für den diesjährigen "Solar Decathlon Europe" in Madrid von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung in Konstanz hat das Grundkonzept von "surPlushome" weiterentwickelt. Das aktuelle Haus der Konstanzer Studierenden "Ecolar" ist ein modulares Baukastensystem, das auch noch in der Nutzungsphase angepasst werden kann. Wenn etwa aufgrund von Familienzuwachs zusätzliche Kinderzimmer erforderlich werden, können diese mit "Ecolar" nun ohne Umzug realisiert werden.
Strom im Schwarm
Wirklich smart wird es, wenn Smart Buildings nicht nur intern, sondern auch extern vernetzt sind – wie etwa bei SMART Assist Lübeck. Unter den Bedingungen der Energiewende arbeiten viele Unternehmen etwa daran, mit vernetzter dezentraler Energieversorgung etwaige Lücken zu schließen, die die Abschaltung der Atomkraftwerke reißen. Bei älteren Gebäuden lässt sich oftmals nur mit sehr hohem finanziellem Aufwand ein Neubaustandard für die Energieeffizienz erreichen. Eine eigene Energiezentrale, die sowohl Wärme als auch Strom produziert, ist hier die wirtschaftliche Alternative. Dies wollen nun Energieversorger wie die Lichtblick AG aus Hamburg nutzen, um Strom im Schwarm zu produzieren. Sie stellen ihren Kunden ein Mini-Blockheizkraftwerk als Strom produzierende Heizung zur Miete zur Verfügung und vernetzen alle miteinander. Viele kleine Heizungsanalagen bei Privatkunden werden so zum Kraftwerk. Die Heizungen laufen, wenn Strom gebraucht wird. Die produzierte Wärme wird im Haus gespeichert und steht nach Bedarf zur Verfügung. Und eine App auf dem Smartphone zeigt jederzeit an, wie warm es gerade zu Hause ist.
Kathrin Ostertag
Veröffentlicht im September 2012

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