Grüne Gebäude

Energieeffizient bauen

Der Betrieb wächst, der Firmensitz wird zu klein? Oder ein altes Gebäude soll erhalten werden? Diese Herausforderungen kennen viele Unternehmen. Wie ein Umbau statt Neubau gelingen kann, zeigen drei Unternehmen aus dem Norden.
Das Architekturbüro Schnittger und Partner GmbH in Kiel kennt sich aus in Sachen Neubau. Doch auch beim Umbau von Gebäuden sind sie Profis. Eines der Aushängeschilder des Architekturbüros ist der Wasserturm Ravensberg in Kiel. Aus dem Kulturdenkmal von 1886, das bis 1990 Bestandteil der Wasserversorgung der Landeshauptstadt war, machten sie ein außergewöhnliches Wohngebäude. „Das ist besonderes Wohnen“, sagt Architekt Felix Winter, Geschäftsführer von Schnittger und Partner.
In dem kreisförmigen Backsteingebäude mit der klassizistischen Backsteinfassade, den dicken Wänden und dem markanten Turm sind 34 Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von rund 4.500 Quadratmetern und eine Tiefgarage mit 77 Stellplätzen entstanden. Etwa 14 Millionen Euro betrug das Investitionsvolumen, 2016 wurde der Bau fertiggestellt. Obwohl der Wasserturm ein denkmalgeschütztes Gebäude ist, wurde versucht, so energetisch wie möglich zu sanieren. Eine Außendämmung war ausgeschlossen, daher wurde unter anderem rund um die Fensteröffnungen und in der Kuppel gedämmt.
Für Winter ist ein Umbau aus ökologischer Sicht oftmals sinnvoller. „Man braucht zum Beispiel keine Baugrube oder neue Gründung“, so Winter. Allerdings muss man bei Umbauten mit Überraschungen rechnen. So treiben Probleme wie eine schlechtere Bausubstanz als gedacht oder Asbestfunde die Investitionssumme in die Höhe. „Man muss von Fall zu Fall entscheiden, eine gute Grundlagenuntersuchung machen und sich fragen, ob das Gebäude für den Zweck und den zukünftigen Flächenbedarf nutzbar ist.“ Dabei sollte man nicht zu schnell vorgehen, sondern sich Zeit lassen, alle Faktoren gut abwägen und in die Investitionssumme etwaige Unwägbarkeiten mit einrechnen. „Umbau ist im Schnitt nicht günstiger als Neubau“, sagt Winter.
Für einen Umbau hat sich auch Bo Teichmann entschieden. Der Hotelier aus Kappeln hat ein ganz besonderes Projekt am Wickel. Er baut gerade mit Geschäftspartner Tilmar Hansen einen alten Getreidespeicher, Baujahr 1939, am Kappelner Südhafen zum Hotel Südspeicher um. Dort, wo früher Weizen und Gerste trockneten, entstehen nun auf vier Etagen 32 Zimmer sowie im Erdgeschoss ein Bistro mit Terrasse. Seit 2020 wird gebaut, im September sollen nun die ersten Touristen einziehen. „Ein großes Projekt, das wir uns da vorgenommen haben. Und wir gehen es mit großer Euphorie an. Die größte Herausforderung dabei ist, mit dem Bestand umzugehen“, sagt Teichmann.
Der Umbau war nicht einfach. Probleme machten nicht nur die Corona-Situation und die derzeitige Materialknappheit, sondern auch die Statik des Gebäudes. Eigentlich sollten die Böden 1.500 Kilo Gewicht pro Quadratmeter aushalten, doch das konnten die Statiker nicht nachweisen, erzählt Teichmann. Daher mussten zahlreiche Stahlträger eingezogen werden. Dazu kam noch ein weiteres Problem: Durch die Nähe zur Schlei drückte Wasser ins Gemäuer, was eine komplette Neuabdichtung des Kellers nach sich zog. „Insgesamt hat uns alles drei, vier Monate zurückgeworfen“, so Teichmann.
Um das Gebäude so energetisch wie möglich umzubauen, arbeiteten Teichmann und Hansen mit einem Energieberater zusammen. „Das energieeffiziente Umbauen eines denkmalgeschützten Getreidespeichers zu einem Hotel ist nicht zu 100 Prozent möglich“, sagt Teichmann. Gerne hätte er Wärmepumpen installieren lassen, doch dafür sei das Grundstück zu klein, meint Teichmann. Auf Solarmodule oder Fotovoltaik musste man aufgrund des Denkmalschutzes verzichten. So setzte man dann beim Trockenbau auf entsprechende Dämmungen. Herausgekommen ist ein Hotel mit einem besonderen Flair und einem zufriedenen Hotelchef. „Ich würde das noch mal machen.“
Auch die Grundstücks-Gesellschaft Trave mbH in Lübeck hat sich für einen Umbau statt Neubau entschieden. Das städtische Unternehmen ist mit rund 8.400 Wohnungen der größte Vermieter in der Hansestadt. Um ein in die Jahre gekommenes Mehrfamilienhaus im Sterntalerweg umzubauen, investiert man im Stadtteil Moisling gerade rund 22 Millionen Euro. Der Impuls kam, als in dem neunstöckigen Gebäude aus dem Jahr 1968 Mängel auftraten. Trotz des Alters, der damals verbauten Materialien, die heute teilweise als Schadstoffe gelten, und einer schwierigen Statik setzt man auf einen Erhalt und den Umbau des Hauses. „Ein Abbruch ist heutzutage sehr kostenintensiv. Vieles spricht dafür, Gebäude zu erhalten und zu modernisieren“, sagt Trave-Geschäftsführer Dr. Matthias Rasch.
Ein Architekturwettbewerb brachte die passende Idee für das Gebäude. Jetzt bekommt das Haus nicht nur ein zusätzliches Stockwerk, sondern auch vorgesetzte Laubengänge auf der Vorderseite und verglaste Balkone auf der Rückseite, dazu einen Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss, E-Ladestationen und einen Gemeinschaftsgarten. Statt 64 wird das Haus zukünftig 72 Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 5.367 Quadratmetern haben, dazu kommen noch 449 Quadratmeter Platz für Gewerbeeinheiten und eine Zahnarztpraxis. Ein Fokus beim Umbau liegt auch auf dem Thema Energieeffizienz.
Modernisiert wird nach dem KfW-70-Standard. Das Haus wird neu gedämmt, an das Fernwärmenetz der Hansestadt angeschlossen und mit neuen Fenstern ausgestattet. Nach rund drei Jahren Planungs- und Genehmigungsverfahren ist man nun in der Bauphase. „Wir sind noch nicht ganz auf der Hälfte der Sanierung“ sagt Rasch. Wenn alles gut geht, will man bis Herbst 2023 fertig sein. Rasch sieht der Fertigstellung des Gebäudes, das Teil der neuen Mitte Moislings werden soll, schon freudig entgegen. „Es ist das größte Einzelinvestitionsprojekt, das in der Geschichte der Trave umgesetzt wurde“, sagt er.
Majka Gerke
Veröffentlicht am 1. September 2022