Baurecht

Gewerbe in der Privatwohnung

Digitalisierung und der Wandel der Arbeitswelt machen Homeoffice für Angestellte ebenso wie für Selbstständige attraktiv. Gründerinnen und Gründer starten häufig in den eigenen vier Wänden. Doch es gilt, baurechtliche Vorgaben zu beachten.  
Wohngebiete sind bauplanungsrechtlich  der Wohnnutzung  vorbehalten und genießen  einen Schutz vor gewerblicher Nutzung  beziehungsweise Folgen wie Lärm  oder Verkehrsaufkommen. So kann die  Nutzung der Wohnung für gewerbliche  Zwecke unzulässig oder zumindest  genehmigungsbedürftig sein. Dabei  richtet sich der Umfang der Genehmigung  in erster Linie nach der geplanten  Nutzung. Die gewerbliche Nutzung von  Wohnräumen setzt gegebenenfalls eine  Nutzungsänderung voraus.  Kann ich als Gewerbetreibender  mein Büro also einfach in meine Wohnung  verlegen? Kann ich etwa meinen  Keller nutzen oder Kundschaft empfangen? 
Bebauungsplan
Zunächst sollte man  prüfen, in welchem Gebiet die Wohnung  liegt. Beim Bauamt lässt sich oft online einsehen, ob ein rechtskräftiger  Bebauungsplan existiert und welche Gebietskategorie  festgesetzt ist. Auch Portale  wie der Digitale Atlas Nord oder das  Geoportal der Metropolregion Hamburg  bieten Einsicht in Bebauungspläne. Übliche Gebietskategorien nach der  Verordnung über die bauliche Nutzung  der Grundstücke (BauNVO) mit überwiegender Wohnnutzung sind “Reine  Wohngebiete“ (WR) und “Allgemeine  Wohngebiete“ (WA). Gewerbliche Nutzung  darf dort nur in untergeordnetem und nicht störendem Maß stattfinden. Reine Wohngebiete dienen nach Paragraf 3 BauNVO ausschließlich dem  Wohnen. In ihnen ist der Schutzanspruch  vor Störung durch gewerbliche  Tätigkeiten am höchsten.
Etwas weniger  streng sind die Vorschriften für allgemeine  Wohngebiete. Sie dienen gemäß  Paragraf 4 BauNVO vorwiegend dem  Wohnen. Sowohl für reine als auch für  allgemeine Wohngebiete können die  Gemeinden in den Bebauungsplänen Ausnahmen zulassen, die sich ebenfalls  aus den Paragrafen 3 und 4 BauNVO  ergeben.  Einzige Ausnahme ist die Ausübung  von freien Berufen, sie ist in Wohngebieten (WR und WA) grundsätzlich zulässig,  allerdings nur bis zu einem gewissen  Anteil der Raumnutzung und nur dann,  wenn von einer nicht störenden Ausübung (Beispiel Kundenbesuche) auszugehen  ist. Bei der Frage, ob ein Beruf zu  den freien Berufen gehört, bietet das BMWi-Existenzgründerportal Hilfestellung. Aber selbst wenn gewerbliche Nutzung  zunächst zulässig ist: Nachbarn  haben die Möglichkeit, auf Unterlassung  zu klagen, sofern Störungen von der Tätigkeit  ausgehen. 
Bauordnung
Auch anhand der Landesbauordnung  muss die Zulässigkeit  gewerblicher Nutzung von Wohnräumen  geprüft werden. Hier steht vor allem  die tatsächliche Nutzung der Räume  im Mittelpunkt. Werden Räume genutzt,  die als Aufenthaltsräume genehmigt  sind? Oder soll das Arbeitszimmer in  den Keller verlegt werden? Grundsätzlich empfiehlt sich die Kontaktaufnahme  mit der zuständigen Baugenehmigungsbehörde  (zum Beispiel Bauamt,  Bauordnungsamt). Ein Antrag auf Erteilung  einer Nutzungsänderungsgenehmigung  wird mit einem Formular der  Baugenehmigungsbehörde gestellt. Bei einer Nutzungsänderung sind zudem  weitere Unterlagen wie Bauzeichnungen, Betriebsbeschreibung sowie eine  Baubeschreibung einzureichen. Da Gebühren  üblich sind, empfiehlt sich vorab  eine formlose Anfrage.
Auf der Website der IHK Schleswig-Holstein finden Sie Informationen zur Gewerbeanmeldung
Marlene von Zamory
Veröffentlicht am 31. August 2021