„Geht nicht, gibt’s nicht“

Mit unternehmerischem Mut, Weitsicht und großem ehrenamtlichen Engagement hat Karl-Wilhelm Faber jahrzehntelang den Wirtschaftsstandort Rheinhessen mitgeprägt.
Karl-Wilhelm Faber und Dr. Florian Steidl
© IHK für Rheinhessen / Stefan Sämmer
Kerngeschäft der deutschlandweit bekannten Wilhelm Faber GmbH aus Alzey war der Straßen-, Brücken-, Hoch- und Tiefbau sowie der Rohstoffbereich. 27 Jahre gehörte Karl-Wilhelm Faber der Vollversammlung der IHK für Rheinhessen an, 17 Jahre dem Präsidium, davon zwölf Jahre als Vizepräsident für die Region Bingen-Ingelheim-Alzey.
Anlässlich seines Abschieds aus den IHK-Gremien blickt die 74-jährige Unternehmerpersönlichkeit im Gespräch mit dem Geschäftsführer der IHK in Bingen, Dr. Florian Steidl, zurück.
Herr Faber, als Bauunternehmer haben Sie besonders eng die wirtschaftliche Entwicklung von Rheinhessen mitgestaltet. Wie bewerten Sie die Entwicklung in den vergangenen 50 Jahren?
Industrie und Landwirtschaft waren früher bedeutender. Dienstleistungen und auch der Tourismus sind stark gewachsen. An der Entwicklung der Straßeninfrastruktur und Flächen war ich selbst beteiligt. Die Industrie war immer eine gute Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung. Rheinhessen war im Vergleich zum Rest des Bundeslandes immer etwas wohlhabender.
Was waren bedeutende Herausforderungen für Ihr Bauunternehmen?
Besonders schwierig war der Beginn in Alzey. Wir hatten ja unseren Firmensitz in den 1960er Jahren aus dem Hunsrück an den verkehrsgünstigeren Standort Alzey verlegt. Der Straßenbau ist stark abhängig von öffentlichen Aufträgen. Mit günstigen Preisen bei guter Qualität und strategischer Planung konnten wir im harten Wettbewerb bestehen. Aber es gab immer wieder mal längere Krisen. 2004 war ich beinahe pleite. Das lag nicht an Managementfehlern. Öffentliche Auftraggeber haben ihre Rechnungen lange nicht bezahlt. Ich stand mit dem Rücken zur Wand. Erst durch das Eingreifen der Politik stieg die Zahlungsmoral der Behörden wieder.
Direkt nach Ihrem Bauingenieur-Studium hat Ihnen Ihr Vater das Familienunternehmen mit 100 Mitarbeitern übergeben. Damals waren Sie 25 Jahre alt. Das hätte schiefgehen können…
Das war ein Knaller meines Vaters. Der Einstieg war sehr plötzlich, am Tag nach meiner letzten Prüfung. Gerne hätte ich zuvor noch andere Unternehmen kennen gelernt. Mein Vater war sehr krank. Eigentlich wollte er, dass ich Notar werde, weil er das für einen sicheren Job hielt. Er hat immer gesagt: „Da treibt einem der Staat die Karnickel in die Küche.“ Unser Zuhause war eine super Grundlage für meine Ausbildung. Am heimischen Mittagstisch habe ich die kaufmännischen Diskussionen meiner Eltern mitbekommen, die Firma war mein Spielplatz. Mit elf Jahren hatte ich einen ausrangierten LKW als Spielzeug. Das Bauingenieurstudium war dann naheliegend.
Die Basis wurde also früh gelegt. Inwiefern hat Sie die frühe Übernahme von Verantwortung geprägt und was hat Ihnen geholfen, den Überblick zu behalten?
Ich war immer dafür, Menschen jung in Verantwortung zu bringen und ihnen mehr zuzutrauen, als das heute oft der Fall ist. Flache Hierarchien waren mir wichtig. In jedem Betrieb hatte ich eigenverantwortliche Geschäftsführer. Generell war mein Führungsprinzip, Mitarbeitern zu vertrauen, sie machen und entscheiden zu lassen. Sie sollten in der Lage sein, alle Entscheidungen immer auf Plausibilität zu überprüfen: Kann das sein? Warum ist das so? Hinterfragen und den gesunden Menschenverstand walten lassen. Verantwortung zu übernehmen, heißt für mich aber auch, für das Ergebnis geradezustehen.
Was ist Ihr Wunsch an die Politik?
Die Eigenverantwortung und damit auch die Entscheidungsfähigkeit der Mitarbeiter in der öffentlichen Verwaltung muss durch die Politik dringend gestärkt werden. Wir müssen wegkommen vom Wegdelegieren von Verantwortung! Das kann ein Beitrag zur Bürokratieentlastung sein.
Mitarbeiter sind für Sie das einzige Kapital einer Baufirma. Welchen Stellenwert hat da die Berufsausbildung?
Bis zu zehn Prozent der Belegschaft waren Auszubildende. Die duale Berufsausbildung ist unbezahlbar. Azubis lernen das Unternehmen kennen und bauen gleichzeitig Fachwissen auf. Nachwuchsgewinnung aus dem eigenen „Stall“ schafft eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen. Wir haben immer viel in die Nachwuchsarbeit investiert. Das Erfolgs-Gen für die weitere Entwicklung ist dann das Wollen, der Hunger auf Erfolg. Bei mir kam dann noch die Begeisterung für moderne Technik, Fortschritt und Unternehmergeist hinzu.
Sie wurden vom IHK-Skeptiker zu einem Fürsprecher. Der IHK sind Sie seit Jahrzehnten eng verbunden. Wie hat sich Ihr Verhältnis zur IHK geändert?
Mich hat begeistert, dass die IHK keine staatliche Einrichtung ist, sondern ein Selbstverwaltungsorgan der Wirtschaft. Jedes Unternehmen hat dort eine Stimme, die gleich viel zählt. Ich habe Wert darauf gelegt, dass die IHK gut geführt wird und eine attraktive, moderne Institution mit passenden Serviceangeboten ist. Am wichtigsten aber ist ihre Aufgabe als Sprachrohr der Wirtschaft. Die IHK ist DIE Organisation, die wirtschaftspolitisches Gehör findet. Mir war es immer wichtig, die Stimme der Wirtschaft einzubringen, beispielsweise beim ovalen Tisch der Ministerpräsidentin. Für mein Ego brauchte ich das jedenfalls nicht.
Ein gutes Augenmaß für das ordnungspolitisch Machbare und eine konstruktiv-kritische Begleitung der IHK-Arbeit.
Haben Sie einen Rat an junge Unternehmerinnen und Unternehmer?
Mir hat immer geholfen, einen guten Plan zu haben, wo ich als Unternehmer hinwill. Wenn jemand sagt: „Das geht nicht“, habe ich mich daran versucht und meinen Plan verfolgt. Einen Plan immer weiterzuentwickeln, umfasst auch eine Vorstellung für das Ende der unternehmerischen Tätigkeit, also die Regelung der Nachfolge. Zudem sind auch Netzwerke wichtig. Kontakte schaden nur dem, der keine hat.
Ihre Kinder sind auch unternehmerisch aktiv, Ihre Betriebe in guten Händen. Sie könnten sich entspannen. Was planen Sie für Ihre Zukunft?
Ich will mich tatsächlich stärker meinem Privatleben widmen: Reisen, Jagen, Oldtimer.
In Ihrem Büro stehen mannshohe Vitrinen mit kleinen Modellen von Baumaschinen. Welches ist Ihr liebstes Baufahrzeug?
Eine große Planierraupe oder ein Monsterbagger. Es ist eine Kunst, sie diffizil zu beherrschen.
Herr Faber, es war mir eine Freude, die letzten drei Jahre mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Alles Gute für die Zukunft!
Das Unternehmen
  • 1909 im Hunsrück gegründetes Dienstleistungsunternehmen „Wilhelm Faber“ für Maschinenarbeiten, Lohndrusch und Brennholzschneiden
  • Expansion zu einer mittelständischen Firmengruppe aus dem Straßenbau heraus: Asphaltwerk, Betonwerk, Hoch- und Industriebau, Steinbrüche, Ingenieurdienstleistungen.
  • Auf dem Höhepunkt hatte die Faber Gruppe mit Hauptsitz in Alzey Niederlassungen im Hunsrück, Hessen und Sachsen und in 15 Ländern weltweit mit 1.200 Mitarbeitern weltweit und machte 250 Mio. Euro Umsatz
  • 2010 Verkauf von Faber Bau an den französischen Baukonzern Eiffage
  • Heute steht die Faber Gruppe für Architektur, Projektentwicklung sowie Immobilien- und Personalmanagement
Der Unternehmer
  • 1951 im Hunsrück geboren, Abitur in Alzey, Studium Diplom-Bauingenieur an der TH Karlsruhe
  • 1976 Eintritt in das väterliche Unternehmen Faber Bauunternehmung OHG
  • 1980 Geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der Wilhelm Faber KG
  • Wirtschaftsmedaille des Landes Rheinland-Pfalz und Landesverdienstorden für herausragende Verdienste um die heimische Wirtschaft
  • 2004 bis 2018 Präsident des Landesverbandes Bauindustrie Rheinland-Pfalz
  • 1998-2025 Vollversammlung IHK für Rheinhessen, 2008-2025 Präsidium, 2013-2025 Vizepräsident für die Region Bingen-Ingelheim-Alzey

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