„Mehr Orientierung in der digitalen Welt geben“
Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, dynamische Märkte und eine sich immer schneller selbst überholende technologische Innovation – die Formulierung vom lebenslangen Lernen hat wohl selten so sehr gegriffen wie in unserer Gegenwart.
Es beginnt in den Schulen und endet auch nach den ersten Berufsabschlüssen und im Erwachsenenleben nicht. Wirtschaftliches Wissen und unternehmerisches Denken sollten dabei aus Sicht der Industrie- und Handelskammern bereits an den Schulen eine Rolle spielen. Genau an dieser Stelle setzt das Projekt startup@school der IHK für Rheinhessen mit Unterstützung des Pädagogischen Landesinstituts an, das inzwischen in ganz Rheinland-Pfalz angeboten wird: Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 7 bis 13 erarbeiten neben theoretischem Input selbst Inhalte zu Wirtschaftsthemen. Sie lernen so auch ganz praktisch die Möglichkeiten einer Ausbildung und die Idee von Selbstständigkeit als Karrierealternative kennen.
Dazu gehört auch der Besuch eines Partnerunternehmens. So freute sich Alice Born, Chief of Staff bei dem Mainzer Venture Studio Next Mobility Labs, über höchst interessierte Jugendliche aus der Startup-AG des Gymnasiums Oberstadt, die bestens vorbereitet bei dem Gründer Geburtshelfer am Mainzer Zollhafen zu Besuch kamen. „Wir machen mit, um das Unternehmertum greifbar zu machen“, sagt Born. „Es ist wichtig, dass man Talente früh fördert, Vorurteile wegnimmt und kreative Köpfe weckt, nicht erst im Studium.“ Das Konzept greift offenbar: Zwei Stunden nach Ende der Veranstaltung habe eine Schülerin schon eine Praktikumsanfrage geschickt, berichtet Born, und am nächsten Morgen kam die nächste für ein freiwilliges Praktikum in den Sommerferien.
Neues KI-Modul für Schulen im neuen Schuljahr
Zusätzlich wächst der Fokus auf das Thema Digitalisierung. Daher entwickelt die IHK für Rheinhessen nun mit dem Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss Mainz ein Pilotprojekt für ein KI-Modul bei startup@ school. „Jugendliche sind eigentlich digital Natives, haben aber trotzdem weniger Kompetenzen, als für das Berufliche notwendig ist“, sagt Viktoria Braun, Referentin Bildungsprojekte und Fachkräftesicherung bei der IHK. In einem ersten Schritt werden die Jugendlichen durch ihre Lehrer zum aktuellen Stand der KI an ihrer Schule befragt. Daran sollen die Lerninhalte ausgerichtet werden. Auch hier sind Besuche von Partnerunternehmen geplant. Der Startschuss für das Projekt soll im neuen Schuljahr fallen.
In eine vergleichbare Richtung zielt das Projekt IT2School der IHK. Es soll Kinder und Jugendliche für die Informationstechnologie begeistern – schließlich sind Fachkräfte in den gewerblich-technischen Berufen besonders gefragt. Die Schülerinnen und Schüler kommen dabei in Berührung mit Themen wie Daten und Programmieren, Hard- und Software. Die Module werden an rheinhessische Klassen der Stufen sieben bis zehn angeboten. Entwickelt wurde das Projekt von der Wissensfabrik und der Universität Oldenburg.
An 8- bis 15-Jährige richtet sich die Sommeruni im Gutenberg Digital Hub in Mainz. Digitale Themen sind schließlich, wie Geschäftsführerin Antje Buchholz sagt, nicht erst im Berufsleben relevant. Und sie können in ihrer Fülle nicht einmal ansatzweise an den Schulen abgebildet werden. Im vergangenen Jahr lag der Fokus für die insgesamt 63 Teilnehmer auf dem Bereich Coding und Robotik. Nun ging es vorrangig um Medienkompetenz. „Wie kann ich meinen Algorithmus verändern, was unterscheidet einen Creator von einem Journalisten, wie erkenne ich Deepfakes, wie gehe ich mit Hass im Netz um?“, sind einige der Fragen, die nach einer Antwort verlangen. „Wir müssen den Kindern einfach mehr an die Hand geben, damit sie sich gut und sicher in der digitalen Plattform-Welt bewegen“, sagt Buchholz.
Dabei kam auch der kreative Aspekt nicht zu kurz, beim Produzieren von TikTok-Videos und Stop-Motion-Trickfilmen etwa. Schließlich soll, stets in Zusammenarbeit mit einer Medienpädagogin, in den Ferien so viel Spaß wie möglich vermittelt werden. „Die Idee kam aus dem Digital Hub“, erzählt Buchholz. „Der Sommer ist unternehmensseitig und im Gründungs-Ökosystem ruhiger, Kinder und Eltern können immer gute Betreuungsangebote gebrauchen. Und wir sollten unsere Kinder medienfit machen.“
IT-Module für Schüler und Azubis werden immer wichtiger
Auf die Vermittlung von IT-Kompetenzen hat sich auch das Mainzer Aus- und Weiterbildungsinstitut Com training and services spezialisiert. „Wir haben den Bereich Seminare für Auszubildende stark ausgebaut“, berichtet Gründer Marco Zimmermann, „vom Basiswissen bis hin zur Prüfungsvorbereitung.“ Es gelte, die schulische und betriebliche Ausbildung im IT-Bereich zu ergänzen. Ministerien und Behörden, Unternehmen und der Rundfunk würden Auszubildende für den technischen und kaufmännischen Bereich entsenden. Zimmermanns Befund: „Die Betriebe setzen wegen des Fachkräftemangels wieder auf eigene Azubis, haben aber Probleme, die Inhalte zu vermitteln. Da setzen wir an.“
„Bei der Berufsorientierung besteht ein großer Unterschied an den Schulen“, sagt Monika Schmitt-Herrmann, Referentin Ausbildungsmarketing bei Boehringer Ingelheim. An IGS und Realschule Plus passiere viel, am Gymnasium stehe häufig noch die Vorbereitung aufs Studium im Vordergrund, wenngleich die Berufsorientierung ebenfalls auf dem Vormarsch sei. Das Pharma-Unternehmen bringt sich selbst ein, mit Berufsorientierungswochen oder auch der Veranstaltungsreihe „Zukunft gestalten“, mit insgesamt 13 Durchläufen in diesem und dem vorigen Jahr. Dabei nehmen jedes Mal rund 60 Schüler an 90-minütigen Workshops teil, zu verschiedenen Berufsfeldern und mit dem Fokus auf Praxiserfahrung.
„Wir als Unternehmen bewerben uns bei den Schülern“
Boehringer ist Teil des Netzwerks Schulewirtschaft, das Lehrern authentische Informationen aus der Wirtschaft vermittelt. „Wir gehen auch gern mit unseren Azubis an Schulen und bieten Bewerbertrainings an“, berichtet Schmitt-Herrmann. Praktika sieht sie ebenfalls als wichtiges Instrument, um Jugendliche und junge Erwachsene mit der dualen Ausbildung, der freien Wirtschaft – und idealerweise natürlich dem eigenen Unternehmen – in Kontakt zu bringen. Dabei wäre es, findet Schmitt-Herrmann, durchaus hilfreich, wenn sich die Schulpraktika in Rheinland-Pfalz nicht so häufig zeitlich überschneiden würden.
Preis: Azubi-Star 2025
Auch in diesem Jahr sucht die Initiative „Ausbildung bringt’s“ wieder junge Menschen, die mit Freude und Einsatz bei der Ausbildung sind, und sich auch darüber hinaus besonders engagieren. Noch bis 3. September können sich Azubis bewerben oder durch Verantwortliche aus ihrem Betrieb nominiert werden. Die Preisverleihung beginnt am 24. September um 17:30 Uhr in Mainz.
Auch in diesem Jahr sucht die Initiative „Ausbildung bringt’s“ wieder junge Menschen, die mit Freude und Einsatz bei der Ausbildung sind, und sich auch darüber hinaus besonders engagieren. Noch bis 3. September können sich Azubis bewerben oder durch Verantwortliche aus ihrem Betrieb nominiert werden. Die Preisverleihung beginnt am 24. September um 17:30 Uhr in Mainz.
„Man muss viel Arbeit reinstecken, um mit Eltern, Lehrern und Schülern in Kontakt zu kommen“, sagt sie. „Die Vielzahl der Möglichkeiten erschlägt die Jugendlichen, wenn sie keine Unterstützung bekommen, durch Berufsorientierungslehrer oder die Unternehmen. Aber da tut sich viel.“ Die Prognose der Ausbildungsexpertin: „Gerade im Mint-Bereich wird sich der Lehrplan verändern. Das Thema IT wird deutlich wichtiger. Die Unternehmen müssen bereit sein, zu unterstützen. Mittlerweile bewerben wir als Unternehmen uns ja bei den Schülern und nicht umgekehrt. Da muss man attraktiv und sichtbar sein.“
Weiterbildung wird immer wichtiger
Das Spektrum dessen, was die IHK anbietet, um die Aus- und Weiterbildung zu stärken und so dem Fachkräftemangel in Zeiten der Digitalisierung entgegenzuwirken, reicht von der Berufsorientierung bis zur Weiterbildung. Letztere rückt, je schneller sich die Arbeitswelt wandelt, immer stärker in den Vordergrund, wie Lisa Haus, betont, die als stellvertretende Hauptgeschäftsführerin für den Bereich Bildung verantwortlich ist. „Dabei sollten wir stärker in Prozessen denken und den Nutzen von KI sehen, nicht als Ersatz für Fachkräfte, sondern als Tool in sich verändernden Aufgabenfeldern. Unsere große Aufgabe als IHK ist es, dabei immer nah an den Unternehmen zu sein und mit Aus- und Weiterbildungsformaten agil auf die Bedarfe der Wirtschaft in der Region zu reagieren.“
An dieser Stelle greift das Format Ausbilder-Spirit, das sich an Ausbilder und Personalverantwortliche in den Unternehmen richtet, zum Zwecke der Weiterbildung und Vernetzung untereinander. Michael Essig, Teamleiter Höhere Berufsbildung bei der IHK Rheinhessen, spricht von einer Austauschplattform, die vor zwei Jahren in Mainz implementiert und ebenfalls an den IHK-Standorten Bingen und Worms angesiedelt worden ist. Digital oder in Präsenz werden juristische und bürokratische Fragen, aber auch übergeordnete inhaltliche Themen wie die psychische Gesundheit der Lehrlinge, die Digitalisierung oder Anforderungen der Generation Z aufgegriffen.
Startups stellen Lösungen gegen den Fachkräftemangel vor
Mit einer Reihe weiterer Formate unterstützt die IHK für Rheinhessen die Unternehmen beim Thema Aus- und Weiterbildung. Und das natürlich immer digitaler. „Das Thema KI ist wirklich disruptiv“, sagt Lisa Haus. „Die Innovationszyklen sind immer schneller, in den Unternehmen wird mit Software und Hardware aufgerüstet.“ Da gelte es, zu schulen und zu qualifizieren, in der stetig wachsenden Zahl der Bereiche, wo digitale Anwendungen zum Einsatz kommen.
Workshop: „Recruiting Tomorrow“
Startups und den Mittelstand in den Austausch zu Recruiting-Lösungen bringen – darum geht es beim Workshop „Recruiting Tomorrow“ am 4. September. Zwischen 9:30 und 14 Uhr präsentieren sich im Gutenberg Digital Hub in Mainz Startups mit Impulsen für Recruiting-Lösungen und Ideen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Denn, so die Ankündigung des Kooperationsprojekts der IHK mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Mainz: „Fachkräfte zu finden war noch nie so herausfordernd – und so spannend.“
Startups und den Mittelstand in den Austausch zu Recruiting-Lösungen bringen – darum geht es beim Workshop „Recruiting Tomorrow“ am 4. September. Zwischen 9:30 und 14 Uhr präsentieren sich im Gutenberg Digital Hub in Mainz Startups mit Impulsen für Recruiting-Lösungen und Ideen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Denn, so die Ankündigung des Kooperationsprojekts der IHK mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Mainz: „Fachkräfte zu finden war noch nie so herausfordernd – und so spannend.“
„Das sind massive Einschnitte in der Unternehmenswelt. Wer nicht mitzieht, wird abgehängt.“ Ein Format, das dieser Entwicklung gerecht werden will, ist „Recruiting Tomorrow“. Viel ist möglich auf Basis einer Ausbildung – der Weg ist voller Aufstiegschancen. Ein Beispiel ist Mira Stelter. Die 26-Jährige machte 2018 an der IGS Stromberg ihr Abitur und begann direkt danach die Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau beim Mainzer OnlineWeinhandel Vicampo. Nach drei Jahren wurde sie im Personalbereich übernommen. „Ich wollte mich weiterbilden, aber kein normales Studium, weil ich es einfach mag, praktisch zu arbeiten“, sagt Stelter. Über einen Freund erfuhr sie von der Möglichkeit zur Fortbildung zur geprüften Wirtschaftsfachwirtin, neben einer Vollzeit-Tätigkeit, die dasselbe Niveau wie ein Bachelor-Studium ermöglicht.
Die duale Ausbildung lässt viele Türen offen
18 Monate lang studierte die Wahl-Mainzerin an der Hochschule Hamburg remote, der maximalen Flexibilität wegen, und meldete sich zu den Prüfungen bei der IHK für Rheinhessen an. Ihre Vorlesungen hörte sie live oder nachträglich, meist am Wochenende. „Nach meiner Ausbildung hatte mir die tiefere Weiterbildung im wirtschaftlichen Bereich gefehlt“, sagt sie. „Nun habe ich auch mehr Karriere- und Aufstiegschancen.“ Der nächste berufliche Schritt führte sie jüngst in den Personalbereich des Mainzer IT-Unternehmens Evoila. Und zwar mitsamt dem Ausbilderschein in der Tasche. Denn: „Ich möchte selbst junge Talente fördern und kann nun alle kaufmännischen Berufe ausbilden.“
Den nächsten Abschluss zur Betriebswirtin, wiederum nebenberuflich und dann auf dem Niveau eines akademischen Masters, hat Stelter schon konkret vor Augen. Aber erst mal soll mehr Arbeitspraxis folgen. „Es war eine sehr große Herausforderung, weil man sich selbst organisieren und sich viel erarbeiten muss“, sagt Stelter, „und das neben einem 40-Stunden-Job. Man muss akzeptieren, Freizeit dafür herzugeben. Aber sowohl mit der IHK als auch meinem Bildungsträger war ich sehr zufrieden und wurde super betreut. Das ist alles machbar, wenn man Disziplin und Ehrgeiz mitbringt.“ Und es ist alles auf Basis der dualen Ausbildung möglich. Mit selbst verdientem Geld, weil die Fachkräfte währenddessen ihren Unternehmen erhalten bleiben.
TORBEN SCHRÖDER, FREIER JOURNALIST
Die IHK-Angebote und -Projekte zur Berufsorientierung finden sich auf der Website zur Berufsorientierung.
Webinar: Innovative Lehr- und Lernmethoden
„Ausbildung neu denken: Mit innovativen Lehr- und Lernmethoden Azubis begeistern und Kompetenzen stärken“: Unter diesem Titel steht das Webinar in der Reihe „Ausbilder-Spirit“ am 13. November von 10 bis 11 Uhr. Ausbilderinnen und Ausbilder erfahren bei dem kostenfreien IHK-Angebot, wie digitale Lernformate, praxisnahe Projekte und neue Didaktik-Trends die Motivation ihrer Auszubildenden steigern und den Lernerfolg nachhaltig verbessern.
„Ausbildung neu denken: Mit innovativen Lehr- und Lernmethoden Azubis begeistern und Kompetenzen stärken“: Unter diesem Titel steht das Webinar in der Reihe „Ausbilder-Spirit“ am 13. November von 10 bis 11 Uhr. Ausbilderinnen und Ausbilder erfahren bei dem kostenfreien IHK-Angebot, wie digitale Lernformate, praxisnahe Projekte und neue Didaktik-Trends die Motivation ihrer Auszubildenden steigern und den Lernerfolg nachhaltig verbessern.
Kontakt
Bingen, Mainzer Straße 136
Telefon: 06721 9141-0
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Mainz, Schillerplatz 7
Telefon: 06131 262-0
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Worms, Adenauerring 1
Telefon: 06241 9117-3
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