Orientierungshilfe auf internationalem Parkett

Der Expertenkreis Zoll und der Außenhandelsausschuss der IHK für Rheinhessen bündeln Expertise für exportierende und importierende Unternehmen.
Sich in den behördlichen und bürokratischen Anforderungen in Deutschland hinreichend auszukennen und dann auch noch seine Kunden und Märkte zu finden, ist für viele Unternehmer alles andere als ein Selbstläufer. Richtig kompliziert wird es, wenn der Weg in den Außenhandel führt. Mit den Anforderungen ist auch die Beratungsinfrastruktur gewachsen.
So hat die IHK für Rheinhessen vor drei Jahren den Expertenkreis Zoll ins Leben gerufen, der ihre außenwirtschaftlichen Dienstleistungen ergänzt und erweitert. Das Ziel ist stets, aktuelle Gesetze und Anforderungen so herunterzubrechen, dass Unternehmen dazu praxisnah alles Wesentliche erfahren - ob es um Lieferketten und Embargos geht oder um Kriege und Konflikte. Dazu dienen Seminare, Info-Veranstaltungen und individuelle Beratung.
Der Außenhandelsausschuss ist ein weiterer Kreis kundiger Experten aus Unternehmen der Region. „Aktuell gilt es, nicht Teil der Negativspirale zu werden, sondern den Unternehmen Sicherheit zu geben“, sagt Elvin Yilmaz, Abteilungsleiterin International bei der IHK für Rheinhessen. „Außenwirtschaft ist für die Firmen essenziell, und die Zollberatung wird immer komplexer. Je mehr die gesetzlichen Anforderungen steigen, desto mehr merken wir das bei den Anfragen.“

Export als wichtigster Wachstumsmotor

Ein achtköpfiges Team, vier am Stammsitz der IHK Rheinhessen in Mainz sowie je zwei in den Dienststellen Bingen und Worms, kümmert sich um die außenwirtschaftlichen Anliegen der rheinhessischen Betriebe. Das kann von Ausfüll-Hilfe bei Formularen bis zu konkreten Lageeinschätzungen reichen. „Es wird volatiler“, blickt Yilmaz ins Ausland. Die Firmen haben generell einen stetig wachsenden Zugang in immer mehr Zielmärkte, was jedoch auch immer mehr unterschiedliche Anforderungen mit sich bringt.
Und auch daheim, in Deutschland und der EU, werden die gesetzlichen Vorgaben keinesfalls weniger, im Gegenteil. „Das bürokratische Handling wird immer komplizierter“, sagt Yilmaz. „Kleinere Unternehmen kommen allein schon aufgrund der Personaldecke manchmal nicht mehr hinterher. So wird der Export als wichtigster Wachstumsmotor ins Stottern gebracht.“ Erst recht, wenn sich die Krisen und damit auch die vorher weiter gestreuten Risiken ballen.
Der Expertenkreis Zoll bietet den Unternehmen Durchblick. „Wir schaffen eine Plattform zum Austausch von Unternehmen aus unserer Region, die immer häufiger mit komplexen Fragestellungen im Zoll- und Außenwirtschaftsrecht konfrontiert werden“, sagt Tatjana Darman, Referentin International bei der IHK für Rheinhessen. Die
Unternehmen können sich vernetzen und sich gegenseitig unterstützen. Die IHK kann Themen aufgreifen und platzieren, bis hin zu gemeinsamen Positionspapieren.

Hohe Anforderungen des internationalen Handels

„Unternehmen werden frühzeitig über anstehende Gesetzesänderungen informiert, sodass sie sich auf neue komplexe Vorschriften einstellen und gegebenenfalls von den vorhandenen Expertisen der anderen regionalen Unternehmen profitieren können“, sagt Darman. „Wir als IHK können den Bedarf unserer regionalen Unternehmen herausfiltern und Wissenslücken decken. Unternehmen unterschiedlicher Größen und Produktspezialisierungen sind auch unterschiedlichen Anforderungen ausgesetzt. Und die hohen Anforderungen, die mit dem internationalen Handel einhergehen, bedürfen einer frühzeitigen Planung und Umsetzung.“
Beim jüngsten Treffen der Zollverantwortlichen rheinhessischer Unternehmen unter dem Dach von Boehringer Ingelheim ging es unter anderem um einen Erfahrungsaustausch bei der Umsetzung der neuen Version des Zollabwicklungssystems „Atlas Release 3.0“, geplante Änderungen des Unions-Zollkodex sowie Anwendung und
Auswirkungen des Pan-Euro-Med-Abkommens auf den Handel. Auch die Aufhebung der Industriezölle zwischen der Schweiz und der EU, die Herausforderungen bei der Umsetzung des Russland-Embargos sowie die geplante Reformen des Unionszollkodex standen auf der Agenda.
Darüber hinaus präsentierte die IHK Rheinhessen das neue elektronische Carnet (eCarnet), das seit Kurzem für bestimmte Zollverfahren eingesetzt wird. Dieses Online-Verfahren soll den administrativen Aufwand für Unternehmen reduzieren und den Zollprozess weiter digitalisieren. Das neue Format wird bereits von zahlreichen
Unternehmen mit sehr positiver Resonanz in Anspruch genommen.
Drei bis vier Mal Mal im Jahr kommt der Außenhandelsausschuss der IHK Rheinhessen zusammen. Vorsitzender ist Bert Christmann, der sich bei der Volksbank Darmstadt Mainz um Geld- und Außenhandel kümmert. Auf Wunsch der teilnehmenden Unternehmer wurden schon Themen wie Brexit und EU, Türkei und Trump diskutiert. Auch Außentermine, wie jüngst bei der Standortmarketinggesellschaft Frankfurt RheinMain, sowie thematische Vorträge zählen dazu.
Christmann spricht von einer „Plattform, um interessierte Unternehmen mit Erfahrungsaustausch und Wissensmehrwert auszurüsten“. Es gelte, in einer schnelllebigen Zeit Fragen zu beantworten und
Lösungen aufzuzeigen. Dabei geht es auch darum, ausfindig zu machen, wer im Zielland unterstützen kann, beispielsweise seitens der Außenhandelskammern. Über den Kreis der Ausschussmitglieder hinaus werden Informationen und Informationsbedarfe, die die IHK Rheinhessen an ihre Unternehmen streut, erarbeitet.
„Die Wirtschaftsdaten in Rheinhessen sind erstaunlich stabil“, hält Christmann fest. Bislang kommt unsere stark auf Export ausgerichtete Region gut durch den Krisen-Mix. Doch stetig ist der Wandel, und damit auch der Informationsbedarf. „Zumal die neuen Entwicklungen nicht mehr mit langer Ankündigung kommen.“ Da empfiehlt es sich zu diversifizieren, wie Yilmaz betont. Was wiederum die Anforderungen an die Unternehmen vervielfältigt. „Je mehr Märkte ich bedienen kann, desto weniger tut es mir weh, wenn ein Markt ausfällt“, unterstreicht Christmann, „wir bieten Kontakte, Unterstützung, Netzwerke, um hierbei Handlungssicherheit zu erreichen.“
EXPERTENKREIS ZOLL
Der Expertenkreis Zoll wurde 2021 von der IHK für Rheinhessen gemeinsam mit 25 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen gegründet. Der hochkarätige Arbeitskreis bietet Betrieben eine Plattform, um über Herausforderungen und Entwicklungen zu den Themen Zoll und Außenwirtschaftsrecht zu diskutieren, bewährte Praktiken auszutauschen und innovative Lösungsansätze zu erörtern. Vorsitzender ist Erich Paul Lemke, Senior Manager Global Trade Compliance bei Boehringer Ingelheim, der zudem bei der Generaldirektion TAXUD aktiv ist, der Europäischen Kommission für Steuern und Zollunion. Zollverantwortliche aller Branchen und Unternehmensgrößen sind herzlich willkommen.
TORBEN SCHRÖDER, FREIER JOURNALIST
Quelle: Report – Ausgabe Januar/Februar/März 2024
Tatjana Darman
Referentin International