Mini-Sensoren und Pflanzenschutz

Die ersten beiden Mieter des neuen Mainzer Life-Science-Campus setzen auf nützliche Innovationen. Sie berichten, warum ihre Wahl auf Mainz gefallen ist und was sie vorhaben.
Es war der erste Mietvertrag für den neuen Mainzer Life-Science-Campus: Nach dem Neubau des LAB 1 wird sich 2025 das norwegische Unternehmen Lifecare dort ansiedeln und gut ein Drittel der insgesamt 3.000 Quadratmeter Labor- und Bürofläche beziehen. Die geografische Lage in der Nähe zum Frankfurter Flughafen mit seinen guten Verkehrsanbindungen, die Infrastruktur-Potenziale auf dem neuen Campus, die nahe gelegenen Hochschulen und Institute – all das sind für Prof. Dr. Dr. Andreas Pfützner von Lifecare gute Gründe für die Ansiedlung in Mainz. Hier könne man perspektivisch mit einer Vielzahl von Unternehmen interagieren, die ebenfalls einen biomedizinischen Hintergrund haben. Und: Gibt es genügend unterschiedliche Arbeitgeber, entfalte ein solcher Standort auch eine gewisse Wucht auf dem Arbeitsmarkt.
„Die Standort-Entwicklung macht auf mich einen sehr guten Eindruck“, sagt Pfützner. Das Unternehmen habe auch andere Optionen gehabt. Doch der gute Ruf Deutschlands als Standort für Entwicklungstechnologien habe eine Rolle gespielt. Und, dass der Geschäftsführer mit Professuren in Bingen und Luxemburg selbst seit drei Jahrzehnten in Mainz wohnt, wird er gewiss auch innerbetrieblich in die Waagschale geworfen haben – Stichwort Lebensqualität.

Auch im Stuttgarter Raum hätte es Möglichkeiten gegeben

2025 einzuziehen, passt gut in den Zeitplan. „Wir brauchen noch circa zwei Jahre, um mit unseren Sensoren an den Markt zu gehen“, sagt Pfützner. Und erläutert: „Lifecare entwickelt den kleinsten Glukose-Sensor der Welt, der im Nano-Maßstab mit 3D-Drucktechnologie hergestellt wird.“ Was dann herauskommt, ist kaum größer als ein Reiskorn. Bislang werden diese Sensoren noch in Handarbeit in Reutlingen hergestellt. Auch dort, im Stuttgarter Raum, hätte sich Lifecare ansiedeln können.
„Diabetes eher zu einem Lebensumstand statt einer Krankheit“ zu machen, ist die Vision. 100.000 Sensoren könnten dereinst in Mainz produziert werden – pro Monat. Bis zu 50 Arbeitsplätze sollen entstehen. Die Sensoren werden unter Lokalanästhesie mit einer Nadel eingesetzt und messen bei Diabetikern kontinuierlich den Blutzuckerwert. Aktuell ist das mit Nadel-Sensoren möglich, die alle paar Wochen ausgetauscht werden müssen. Die Mini-Sensoren sollen mehrere Jahre unter der Haut bleiben. „Eigentlich haben sie gar keine begrenzte Lebensdauer, rein naturwissenschaftlich gesehen“, sagt Pfützner.
Perspektivisch sollen die Sensoren auch für andere Anwendungsbereiche genutzt werden. Denkbar sind beispielsweise kontinuierliche Laktat-Messungen für Sportler. Aktuell beschäftigt Lifecare in Reutlingen acht und in Mainz 16 Mitarbeiter. 15 bis 20 Millionen Euro sollen im Zuge des Umzugs und des Aufbaus der Produktionskapazitäten in den Standort investiert werden.

3 Fragen an …
Prof. Frederik Wurm

Nach Lifecare hat auch das Sechs-Mitarbeiter-Unter- nehmen LigniLabs seinen Mietvertrag für das neue Laborgebäude LAB 1 auf dem Mainzer Life-Science-Campus unterschrieben. Prof. Dr. Frederik Wurm berichtet, was seine Ausgründung aus dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung auf ihren 470 Quadratmetern Laborfläche vorhat.
Herr Professor Wurm, was spricht für die Ansiedlung in Mainz?
Unsere Technologie kommt aus Mainz und wurde am MPI für Polymerforschung entwickelt. Die räumliche Nähe zum Heimatinstitut ist sehr praktisch für zukünf- tige gemeinsame Forschungsprojekte. Auch die Nähe zur Universität ist ideal, um mit Studierenden in Kon- takt zu kommen, Einblicke in Start-ups zu geben und hoffentlich in der Zukunft auch neue Arbeitsplätze zu generieren.
Was ist Ihnen bei der Ansiedlung wichtig?
Insgesamt ist es sehr schwierig, Laborfläche für Start- ups in der Rhein-Main-Region zu finden. Wir sind sehr froh, dass wir im LAB 1 Raum finden werden, der Labor- fläche für chemische und biologische Verfahren bietet.
Welche unternehmerischen Ziele verfolgen Sie in Mainz?
Zunächst wollen wir unser Initial-Produkt ESCApe zur vollständigen Marktreife bringen. Dieses völlig neuartige Pflanzenschutzmittel für den Weinbau ermöglicht es erstmals, die bis dato unheilbare Rebenkrankheit Esca zu besiegen. Ein weiterer Punkt für den Standort Mainz – in der Weinregion Rheinhessen. Weiterhin wollen wir neue biobasierte und bioabbaubare Mikropartikel entwickeln, um zum Beispiel Mikroplastikverschmutzung in der Landwirtschaft und anderen Anwendungen aktiv entgegenzusteuern.
 
Bingen, Mainzer Straße 136
Telefon: 06721 9141-0
Mainz, Schillerplatz 7
Telefon: 06131 262-0
Worms, Rathenaustraße 20
Telefon: 06241 9117-3