„Wir müssen uns bewegen“

Seit Dezember steht Dr. Marcus Walden als Präsident an der Spitze der IHK für Rheinhessen. Der Vorstandsvorsitzende der Rheinhessen Sparkasse ist bereits seit mehr als zehn Jahren in unterschiedlichen Ehrenämtern für die Wirtschaftsregion aktiv. Im Interview spricht er über seinen Start, seine Schwerpunkte und Glückwünsche über Social Media.
Herr Dr. Walden, was war Ihr erster Gedanke, als Sie im Dezember zum IHK-Präsidenten gewählt wurden?
Die Freude über das Vertrauen, das mir die Unternehmerinnen und Unternehmer der Vollversammlung mit ihrer Wahl geschenkt haben. Gleichzeitig ist mir die besondere Verantwortung bewusst, die IHK mit ihren 42.000 Mitgliedsunternehmen zu repräsentieren. Das gilt auch mit Blick auf den starken Einsatz und die Impulse, die mein Vorgänger Peter Hähner in diesem Ehrenamt gesetzt hat.
Was war Ihre Motivation, für dieses Ehrenamt zu kandidieren?
Mich fasziniert Rheinhessen mit seiner Lebensart, seiner Kulturlandschaft und der wirtschaftlichen Einbindung in die Metropolregion. Ich bin sehr froh, dass mich mein Weg hierhergeführt hat – und es ist mir wichtig, die Zukunft der Region mitzugestalten. Dafür ist die IHK aus meiner Sicht die richtige Stelle, schließlich ist sie auch unser Sprachrohr zur Politik. Ihre Struktur macht es möglich, vieles aus dem Ehrenamt heraus zu prägen. Diese Chance will ich nutzen.
Ihre Verantwortung als Vorsitzender des Vorstandes der Rheinhessen Sparkasse und als IHK-Präsident – wie bringen Sie beides zusammen?
Das lässt sich verbinden, wenn Führung und Team gut zusammenarbeiten. Hier bin ich auf beiden Seiten sehr gut aufgestellt. Hinzu kommt, dass ich neben den Gesprächen vor Ort auch über die digitalen Kanäle gut vernetzt bin. So erfahre ich zum Beispiel auch mal nebenbei über LinkedIn, dass eine Mitarbeiterin ihr erstes Jahr in der IHK feiert und kann direkt gratulieren.
Wie war der Start an der IHK-Spitze?
Sehr bewegt. Nach den ersten Unternehmens- und Politikgesprächen konnte ich direkt beim Jahresempfang der Wirtschaft in der Mainzer Rheingoldhalle die Themen adressieren, die unsere Unternehmen aktuell umtreiben – mit der Ministerpräsidentin und dem Bundeswirtschaftsminister als Dialogpartnern vor Ort.
Welche Themen sind das?
Viele unserer Betriebe wissen nicht, wie es weitergehen soll. Inflation, Energie- und Rohstoffkosten belasten die Bilanzen. Dazu kommen Lieferschwierigkeiten, lähmende Bürokratie und der Arbeitskräftemangel. Vor allem: Es fehlt das Vertrauen, dass Entscheidungen Bestand haben. Weshalb Unternehmen weniger investieren. Dazu zwei Schlaglichter, die direkt mit den politischen Rahmenbedingungen zusammenhängen: die zunehmende Bürokratisierung und das schwindende Vertrauen in unseren Industrie- und Innovationsstandort.
Sind das auch die Schwerpunkte, die Sie setzen wollen?
Allerdings. Unsere Unternehmen stehen vor einzigartigen wirtschaftlichen Herausforderungen – ob es um Fachkräfte, den Klimawandel oder die Digitalisierung geht. Wir können sie nur bewältigen, wenn wir dafür Gestaltungsmöglichkeiten haben. Deshalb ist es entscheidend, dass wir uns vor Ort und über die IHK-Organisation in Berlin und Brüssel für eine Bürokratie-Trendwende und einen verbindlichen Praxis-Check für Gesetze einsetzen. Ein weiteres Schlüsselthema wird es sein, die Betriebe in unserer Region bei der digitalen Transformation zu begleiten. Und schließlich gilt es, weitere Entwicklungsmöglichkeiten für Gründerinnen und Gründer ebenso wie für Fachkräfte zu schaffen.
„Zukunft braucht Geschichte“ – unter dieser Überschrift stand das Jubiläumsjahr zum 225-jährigen Bestehen der IHK, in dem Sie zum 26. Präsidenten gewählt wurden. Was nehmen Sie aus der Geschichte der IHK für die Zukunft mit?
225 Jahre – wenn eine Institution so lange besteht, hat sie offenbar einiges richtig gemacht. Klar ist: Wir müssen uns bewegen. Die IHK kann sich nicht zurücklehnen, genauso wie Unternehmen muss sie mit der Zeit gehen, ihr im besten Fall voraus sein. Ihre Rolle als Sprachrohr zur Politik ist gerade nötiger denn je.
Wie ist die Wirtschaftsregion Rheinhessen für die Zukunft aufgestellt?
Dass wir ein starker internationaler und vor allem auch lebenswerter Standort sind, hat das hat das Beispiel von Biontech weltweit sichtbar gemacht. Auch die angekündigte Ansiedlung von Eli Lilly in Alzey zeigt das Potenzial unserer Region. Wenn es uns weiter gelingt, mit schnell und flexibel verfügbaren Flächen zu punkten, haben wir ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Metropolregion. Die Entwicklungschancen sind da – nicht umsonst steht Mainz beim aktuellen Dynamik-Ranking der „Wirtschaftswoche“ bundesweit an der Spitze.
ZUR PERSON
Dr. Marcus Walden ist am 13. Dezember 2023 zum Präsidenten der Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen gewählt worden. Im Ehrenamt der IHK engagiert er sich schon seit gut zehn Jahren: zunächst in den Fachausschüssen, dann als Mitglied der Vollversammlung und als Vorsitzender der Etatkommission. Seit Januar 2022 ist Walden Vorstandsvorsitzender der neu fusionierten Rheinhessen Sparkasse, der größten Sparkasse in Rheinland-Pfalz mit Sitz in Mainz und Worms. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften und dem Referendariat war der Jurist zunächst in leitenden Funktionen bei der Deutschen Bank tätig, bevor er als Vorsitzender der Sparkasse Worms-Alzey-Ried nach Rheinhessen wechselte. Die Region mit ihrer Lebensart und der reichen Kultur- und Weinlandschaft ist für den Rheinländer sehr schnell zur Heimat geworden.
Interview: Melanie Dietz, IHK für Rheinhessen
Quelle: Report – Ausgabe Januar/Februar/März 2024
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