Investitionsförderung

Am 13. Februar 2021 trat das Gesetz “Über Staatliche Hilfe für Investitionsprojekte mit Bedeutendem Umfang” in Kraft (Investitionsgesetz). Außerdem traten am 28. März 2021 zwei Gesetze in Kraft, die steuerliche und zollrechtliche Anreize für diese Projekte regeln.
Das Investitionsgesetz sieht eine besondere Förderung von Investitionsprojekten vor, die die folgenden Kriterien erfüllen:

I. Allgemeine Investitionsförderung

  • Das Investitionsprojekt betrifft die verarbeitende Industrie (außer Tabak und Alkohol), die Gewinnung von Bodenschätzen zur Weiterverarbeitung (außer Kohle, Öl und Gas), die Abfallwirtschaft, den Transport, die Lagerung, Post- und Kurierdienste, das Gesundheitswesen, Kunst, Kultur, Sport, Tourismus und Freizeit;
  • Bau, Modernisierung oder technische Ausstattung von Anlagen/Gebäuden für die oben genannten Zwecke;
  • Das Investitionsvolumen in das Anlagevermögen beträgt mindestens 12 Mio EUR;
  • Die Umsetzung des Projekts wird fünf Jahre nicht überschreiten;
  • Schaffung von mindestens 50 neuen Arbeitsplätzen mit Durchschnittsgehältern, die mindestens 15 Prozent, 30 Prozent, 50 Prozent über dem regional üblichen Gehalt für gleichwertige Arbeitsplätze des Vorjahres liegen.
Mittels einer speziellen Investitionsförderungsvereinbarung können dem Investor folgende Vorteile oder Subventionen gewährt werden:
  • Befreiung von bestimmten Steuern (siehe unten)
  • Befreiung von Importzöllen für eine neue Anlage (siehe unten)
  • Vorzugsrecht bei der Pacht von staatlichem oder kommunalem Land mit Vorkaufsrecht
  • Errichtung von Infrastruktur (Straßen, Kommunikation, Energie) auf Kosten des Staates oder der Kommune.
Der Gesamtwert der Vergünstigungen oder Subventionen darf 30 Prozent der geplanten Investition nicht überschreiten. Die staatliche Unterstützung für Investoren wird in Investitionsvereinbarungen festgelegt. Der Staat garantiert, dass die vereinbarten Rechte des Investors durch das geltende Recht zum Zeitpunkt der Investition geschützt sind, es sei denn, es gibt Änderungen zum Vorteil des Investors. Der Investitionsvertrag kann auch nach ausländischem Recht abgeschlossen werden, und für Streitigkeiten kann ein nicht-ukrainisches Schiedsgericht gewählt werden. 
Wichtig zu beachten: Das Gesetz umfasst keine öffentlich-privaten Partnerschaften, Konzessionen, Produktaufteilungsverträge und Privatisierungen.

II. Steuer- und zollrechtliche Anreize

Für die oben beschriebenen Projekte sind folgende steuerliche und zollrechtliche Anreize vorgesehen:
  • Befreiung von Einfuhrzöllen auf neue (nicht früher als drei Jahre vor dem Einfuhrdatum hergestellte) Ausrüstungen und deren Ersatzteile, die zur Durchführung des Investitionsvorhabens eingeführt werden (gilt nur für im einzelnen bestimmte HS Codes);
  • Befreiung von der Mehrwertsteuer, die auf die Einfuhr der Ausrüstungen (siehe oben) und ihrer Ersatzteile erhoben wird (im Gegensatz zur üblichen Einfuhrumsatzsteuer von 20 Prozent);
  • Befreiung von der Gewinnsteuer für fünf aufeinander folgende Jahre ab dem vom Investor in dem bei der Steuerbehörde eingereichten Sonderantrag gewählten Datum (im Gegensatz zur üblichen Gewinnsteuer von 18 Prozent);
  • Ermäßigung oder Befreiung von der Grundsteuer und Ermäßigung der Pachtzahlungen für Grundstücke, vorbehaltlich eines entsprechenden Beschlusses der Kommunalbehörde.
Dabei gelten folgende Einschränkungen: 
  • Die Beiträge der Steuer- und Zollbefreiungen werden auf den Gesamtbetrag der staatlichen Beihilfen angerechnet, der in der speziellen Investitionsvereinbarung festgelegt wird und 30 Prozent der Investition nicht überschreiten darf. Bei Erreichen dieser Schwelle gelten die allgemeinen Steuervorschriften;
  • Die Befreiung von der Gewinnsteuer gilt nicht für (i) Transaktionen, die den Verrechnungsregeln unterliegen und nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, und (ii) Gewinne von kontrollierten ausländischen Unternehmen;
  • Grundsteuerermäßigung oder -befreiung, Ermäßigung der Landpachtzahlungen und die Befreiung von der Gewinnsteuer können nicht für Projekte in der Gewinnung von Bodenschätzen zur Weiterverarbeitung gewährt werden;
  • Die Befreiung von Einfuhrzöllen und Mehrwertsteuer kann nicht auf die Einfuhr von Waren angewandt werden, die aus einem Aggressorstaat und/oder Besatzungsstaat stammen und / oder aus den besetzten Gebieten der Ukraine eingeführt werden;
  • Der Investor kann verpflichtet werden, die befreiten Steuern und Zölle zusammen mit der Zahlung von Bußgeldern und/oder Säumniszuschlägen zurückerstatten, wenn die importierte Ausrüstung innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Einfuhr veräußert wird, wenn die Ausrüstung missbräuchlich verwendet wird oder wenn die Sonderinvestitionsvereinbarung vorzeitig beendet wird (es sei denn, die Beendigung wird durch die Verletzung der Verpflichtungen der Ukraine zur Gewährung staatlicher Beihilfen im Rahmen der Sonderinvestitionsvereinbarung oder durch Umstände höherer Gewalt verursacht). Die steuerlichen und zollrechtlichen Folgen hängen von der Art des Ereignisses ab.
Alle Steuer- und Zollanreize gelten bis zum 1. Januar 2035.

III. Industrieparks

In der Ukraine können Industrieparks und Unternehmen, die sich in Industrieparks ansiedeln, besonders gefördert werden. Während die Schaffung eines Industrieparks und der Erhalt von staatlicher Förderung dazu einigen Aufwand verursacht, ist die Ansiedlung eines Unternehmens in einem bestehenden Industriepark relativ einfach. Voraussetzung für die für die Ansiedlung ist, dass es sich bei der Unternehmenstätigkeit um einen geförderten Wirtschaftszweig handelt. Gefördert werden können folgende Wirtschaftszweige:
  • verarbeitende Industrie, 
  • der Verarbeitung von Industrie- und / oder Haushaltsabfällen (mit Ausnahme der Abfallentsorgung), 
  • alternative Energien, 
  • Energiespeicherung,
  • Wissenschaftlichen und technische Tätigkeiten, 
  • Tätigkeiten im Bereich IT und Telekommunikation.
Ausgeschlossene Bereiche:
  • Herstellung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren (mit Ausnahme der Herstellung von Kraftfahrzeugen und deren Fahrerhäusern, Anhängern und Sattelanhängern, Motorrädern, Fahrzeugen zur Beförderung von zehn oder mehr Personen und Fahrzeugen zur Beförderung von Waren);
  • Glücksspiel;
  • Vermittlung von Arbeitskräften ins Ausland und andere – exotische – Geschäftsbereiche.
Unternehmen, die sich in einem Industriepark ansiedeln, schließen mit dem Betreiber einen entsprechenden Vertrag ab. Sie werden außerdem in ein besonderes Register über Mitglieder von Industrieparks aufgenommen. Sodann sind sie berechtigt, von folgenden Vergünstigungen Gebrauch zu machen:
  • zehnjährige Befreiung von der Gewinnsteuer. Die entsprechende Befreiung von der Gewinnsteuer wird jedoch nur gewährt, wenn der entsprechende Geldbetrag vom Teilnehmer in die Entwicklung des Investitionsprojekts reinvestiert wird. Der Beginn der Gewinnsteuerbefreiung kann vom Unternehmen gewählt werden. Die Reinvestition muss innerhalb des jeweils folgenden Kalenderjahres erfolgen. Dividenden dürfen nicht ausgeschüttet werden. Verstößt das Unternehmen gegen diese Bedingungen, verliert es die Steuerbefreiung und muss Steuern und Verzugszinsen nachzahlen.
  • Befreiung von Zöllen und Mehrwertsteuerbefreiung für die Einfuhr neuer Anlagen und Anlagenteile, die für den Eigenbedarf des Unternehmens bestimmt sind (keine Weitergabe, Vermietung, Verpachtung etc.);
  • Vergünstigte Grundsteuersätze.

IV. Förderung der Produktion von Elektrofahrzeugen

Durch zwei Gesetze vom 15. Juli 2021 über die Änderung von Übergangsbestimmungen des Steuergesetzbuchs und des Zollgesetzbuches der Ukraine “zur Förderung der Entwicklung des ökologischen Verkehrs in der Ukraine” (Nr. 1660, 1661) treten mit Wirkung zum 1. Januar 2022 einige steuerliche und zollrechtliche Erleichterungen ein.

Importförderung bestimmter Güter

Unternehmen, die eine Produktion zur Herstellung von folgenden Transportmitteln unterhalten, aufbauen oder modernisieren, werden beim Import bestimmter Güter bis zum 1. Januar 2031 von der Einfuhrumsatzsteuer und vom Einfuhrzoll befreit.
Fahrzeuge, die ausschließlich mit Elektromotoren (einem oder mehreren) ausgestattet sind, und unter folgende Nummern des Harmonized Systems fallen:
  • 8603 (nur Straßenbahnen mit Eigenantrieb und U-Bahn-Wagen),
  • 8701 20 (Radtraktoren für Auflieger)
  • 8702 Kraftfahrzeuge, die für die Beförderung von 10 oder mehr Personen einschließlich des Fahrers bestimmt sind,
  • 8703 Personenkraftwagen, Personenkraftwagen und andere Kraftfahrzeuge, hauptsächlich zur Personenbeförderung (ausgenommen Kraftfahrzeuge der 8702), einschließlich Lieferwagen und Rennfahrzeuge, 
  • 8704 Kraftfahrzeuge zum Transport von Gütern, 
  • 8705 Kraftfahrzeuge mit besonderer Zweckbestimmung, soweit sie nicht hauptsächlich zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt sind (z.B. Lastkraftwagen für Notreperaturen, Autokräne, Feuerwehrfahrzeuge, Betonmischer, Straßenreinigungswagen, Werkstattwagen).
Die insgesamt 126 Güter sind in einer Positivliste im Zollgesetzbuch definiert.

Befreiung von der Gewinnsteuer

Bis zum 31. Dezember 2035 werden folgende Unternehmen von der Zahlung der Gewinnsteuer befreit:
  • Unternehmen, die ausschließlich Elektromotoren herstellen, die für Fahrzeuge bestimmt sind, die ausschließlich elektrisch angetrieben werden (wie oben unter “Importförderung bestimmter Güter” definiert);
  • Unternehmen, die ausschließlich Lithium-Ionen-Batterien herstellen, die für Fahrzeuge bestimmt sind, die ausschließlich elektrisch angetrieben werden (wie oben unter “Importförderung bestimmter Güter” definiert)
  • Unternehmen, die ausschließlich Ladegeräte für Lithium-Ionen-Batterien herstellen, die für Fahrzeuge bestimmt sind, die ausschließlich elektrisch angetrieben werden (wie oben unter “Importförderung bestimmter Güter” definiert)
  • Unternehmen, die ausschließlich elektrisch betriebene Straßenbahn- oder Metrowagen herstellen.
Die eingesparten Steuermittel muss das Unternehmen für Forschungs- und Erprobungsarbeiten, für den Aufbau oder die Umrüstung von Produktionsanlagen, für die Erweiterung der Produktionskapazitäten oder für die Einführung neuer Technologien verwenden. Die Nutzung dieser Mittel muss einen Bezug zu der Produktionstätigkeit des Unternehmens haben. Die Mittel gelten als zielgerichtete Finanzierung.

V. Förderung des Imports und des Vertriebs von Elektrofahrzeugen

Bis zum 1. Januar 2022 gewährte das Steuergesetzbuch Mehrwertsteuerbefreiungen für die Einfuhr in die Ukraine und die Lieferung von bestimmten Fahrzeugen mit ausschließlich elektrischem Antrieb in das Zollgebiet der Ukraine. Diese Frist wurde bis zum 1. Januar 2026 verlängert und die förderfähigen Fahrzeuge genauer bestimmt. Förderfähige Fahrzeuge sind:
  • 8701 20 (Sattelzugmaschinen nur für Automobilsattelauflieger)
  • 8703 80 10 10: andere Neufahrzeuge, ausschließlich mit Elektroantrieb
  • 8703 80 90 10: sonstige Fahrzeuge mit ausschließlich elektrischem Antrieb (d.h. Gebrauchtfahrzeuge)
  • 8704 90 00 00: bestimmte andere Fahrzeuge für die Güterbeförderung

VI. Förderung von Erdgas- und Biogasbetriebenen Fahrzeugen

Die beiden Fördergesetze sehen zudem eine Förderung für den Import und die Herstellung von Fahrzeugen vor, die mit Erdgas oder Biogas betrieben werden:
Bis zum 1. Januar 2026 sind die Einfuhr in das Zollgebiet der Ukraine und die Lieferung von Neufahrzeugen (einschließlich der in der Ukraine hergestellten Fahrzeuge; (HS-Codes: 8701 20, 8703, 8704), die mit Verbrennungsmotoren mit Fremdzündung ausgestattet sind, von der Mehrwertsteuer befreit, wenn die Fahrzeuge ausschließlich mit komprimiertem Erdgas, verflüssigtem Erdgas oder Biogas betrieben werden.
Auch die Einfuhr von Gütern der Positivliste (siehe oben) wird bis zum 1. Januar 2031 von Einfuhrumsatzsteuer und Einfuhrzoll befreit, wenn diese für die Produktion von Fahrzeugen verwendet werden, die ausschließlich mit komprimiertem Erdgas, verflüssigtem Erdgas oder Biogas betrieben werden.
Autor: Dr. Julian Ries
Rechtsanwalt und Partner bei INTEGRITES International Law Firm München / Kiew
Julian.ries@integrites.com