Start-ups: Es gibt Redebedarf

Immer weniger Menschen wagen in Deutschland den Sprung in die Selbstständigkeit. Auch in der Region?
Das Interesse an einer Unternehmensgründung ist auf ein historisches Tief gesunken, wie der DIHK-Report Unternehmensgründung 2024 zeigt. Gleichzeitig bewerten die fast 1000 befragten Jungunternehmer den Gründungsstandort Deutschland schlechter denn je. Mit einer Durchschnittsnote von 3,6 reicht es gerade einmal für ein „ausreichend“ – ein deutlicher Rückgang gegenüber den Vorjahren, wo es immerhin noch ein “befriedigend” gab.
Bedenklich ist die Entwicklung auch deswegen, weil sich der Rückgang des Gründungsinteresses nicht allein durch demografische Veränderungen erklären lässt. Was sind die Gründe? Da sind zum einen die enorm gestiegenen Kosten, um einen Betrieb zu führen. Zum anderen schrecken die bürokratischen Regelungen viele Start-ups ab. Dazu kommen – aufgrund der weltwirtschaftlichen Lage und politischen Instabilität – Unsicherheiten, wohin die Reise geht.
“Pioniermut und Unternehmergeist brauchen wir angesichts der aktuellen Herausforderungen umso mehr”, fordert indes DIHK-Präsident Peter Adrian mit Blick auf die Ergebnisse des Reports. Und diesen beweisen in unserer Region Einige. Nicht dass der Bezirk der IHK Rhein-Neckar eine Insel der Seligen wäre, auch hier sind die Gründungszahlen geschrumpft. In Mannheim beispielsweise, das sich lange zu Recht als Start-up-Hochburg sehen durfte, ist die Existenzgründungsquote zuletzt gesunken. Von acht Prozent Neugründungen je 1.000 Einwohner in 2022 auf 6,7 in 2023.
Gleichwohl gibt es ihn, den Unternehmergeist. Von Menschen, die sich trotz allem trauen, aus ihrer Idee ein Geschäft zu machen. Zum Beispiel Manasi Aichmüller-Ratnaparkhe, die in Indien geboren wurde, in den USA studiert hat und dann in Heidelberg Paicon gründete, das mit seiner speziellen Datensammlung eine unvoreingenommene künstliche Intelligenz schaffen will. Oder Carolin Junge, die nie gründen wollte, dann aber gleich zwei gute Ideen hatte, die sie zu Unternehmen gemacht hat.
Wie wichtig Förderprogramme sind, zeigt der Erfolg von envima, das drei ehemalige Studenten aus der Taufe gehoben haben. Ohne die finanzielle Sicherheit hätten sie den Schritt in die Selbstständigkeit wohl nicht gewagt. Ohne Mut geht es aber auch nicht, wie die Heidelberger Filmemacherin Niloufar Taghizadeh weiß, die erst nach vielen Jahren in der Branche die Windcatcher GmbH gegründet hat. Erfahrung spielte auch für Fabiano Missana eine große Rolle, als er sein Unternehmen, die KWC – Kleinwalser Consulting, ins Leben rief. Daneben ist es Bescheidenheit: Wer gründet, wird nicht (gleich) Millionen scheffeln, gibt Missana zu Bedenken.

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