Regionaler Konjunkturbericht Herbst 2025
J: Jahresbeginn; F: Frühjahr; H: Herbst
Die wirtschaftliche Situation vieler Unternehmen bleibt angespannt. „Die Hoffnung auf konjunkturelle Besserung nach der Bundestagswahl ist in der regionalen Wirtschaft verflogen“, zeigt sich der Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim Dr. Jürgen Helmes kritisch angesichts der Ergebnisse der neuen Konjunkturumfrage unter 240 Firmen aller Größen in der Region. Nach einem Frühlingserwachen sinkt der IHK-Klimaindikator zum Herbst auf das niedrige Niveau des Jahresbeginns und beträgt derzeit 105 Punkte. Einzig der Tourismus meldet aus den Sommermonaten eine bessere Geschäftslage.
Die expansiven Ausgaben auf Bundesebene zur Stützung der Konjunktur kommen bei den Unternehmen vor Ort bislang nicht an. „Die Wirtschaft braucht schnellstmöglich innenpolitische Impulse, da die geopolitische Lage kaum Hoffnung auf gute Auslandsgeschäfte macht. Halbherzige Maßnahmen bringen uns nicht weiter, wir brauchen grundlegende Reformen, um Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum zu stärken“, so Helmes. Vom versprochenen „Herbst der Reformen“ fehlt jede Spur. Die IHKs im Freistaat haben die brenzlige Lage unlängst mit einem Brandbrief an die bayerischen Vertreter in der Bundespolitik deutlich gemacht.
Industrie schwächelt, Bau hofft
Den stärksten Rückgang verzeichnet derzeit die Industrie: Nur jedes fünfte Unternehmen konnte seinen Auftragsbestand steigern. Besonders die Zulieferbetriebe schwächeln, was die angespannte Lage im Verarbeitenden Gewerbe wiederum spiegelt. Zudem melden 18,2 Prozent der Industrieunternehmen einen schlechten Liquiditätsstatus.
Die Auftragslage ist nach wie vor verhalten und bei Weitem nicht auf Vor-Krisenniveau“, sagt Beate Reuschl, Chief Financial Officer (CFO) bei der Dallmeier electronic GmbH & Co.KG in Regensburg. Viele Kunden des international aufgestellten Spezialisten für Videosicherheit sind unsicher in der praktischen Umsetzung von internationalen und bundesweiten Regularien zur Cybersicherheit und kritischen Infrastruktur sowie neuen Nachhaltigkeitsanforderungen. Zudem komme ein Mangel an verlässlichen Rahmenbedingungen seitens der Politik. In Folge stehen geplante Investitionen auf Hold: „Viele Projekte, die noch in diesem Jahr geplant waren, wurden verschoben, jedoch nicht storniert.“
Während der Einzelhandel deutlich hinter den Erwartungen aus dem Frühjahr zurückbleibt, sind Dienstleister und Bauunternehmen einigermaßen positiv gestimmt. „Die Lage am Bau bleibt anspruchsvoll, aber nicht perspektivlos“, sagt Barbara Fuchs, Inhaberin der HBB Holzbau Bayern GmbH & Co. KG aus Bodenwöhr im Landkreis Schwandorf. Die Unternehmerin sieht die Talsohle durchschritten, die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser ist im ersten Halbjahr um über 14 Prozent gestiegen. „Gleichzeitig beobachten wir sinkende Zinsen bei der KfW und im allgemeinen Marktumfeld, was den Neubau wieder attraktiver macht“, sagt Fuchs.
Dünne Luft beim Außenhandel
Bei 45,9 Prozent der exportorientierten Industriebetriebe sank in den vergangenen Monaten die Order aus dem Ausland. 41 Prozent berichten von Rückgängen bei der Nachfrage aus Nordamerika. Die Bedeutung der Märkte China sowie Süd- und Mittelamerika nimmt weiter ab. Gleichzeitig verliert die Eurozone ihre bislang stützende Funktion im Auslandsgeschäft. Vier von zehn Industrieunternehmen verzeichnen hier Rückgänge.
Die Hürden im internationalen Geschäft liegen hoch, wie das Unternehmen Dallmeier bestätigt: „Sowohl die US-Zölle als auch die Zölle in neuen Märkten wirken sich negativ auf das Bestellverhalten der Kunden aus“, stellt Dallmeier-CFO Reuschl fest. Erleichterungen durch Freihandelsabkommen spürt das Unternehmen derzeit nicht.
Immerhin rechnen 66,3 Prozent der Betriebe mit gleichbleibenden Exportgeschäften in den kommenden Monaten. Als Reaktion auf die US-Zollpolitik planen 28,6 Prozent der Industrieunternehmen mehr Diversifizierung ihrer Absatzmärkte. Ein Viertel will Produktionsstandorte in den USA eröffnen oder ausbauen, beispielsweise über Joint Ventures. 85,7 Prozent der Unternehmen reichen die zusätzlichen Zollkosten an ihre US-Kunden weiter. 28 Prozent der Befragten rechnen mit einem weiter sinkenden Auftragsvolumen aus Nordamerika, die Hälfte erwartet keine Veränderungen.
Arbeitsmarkt ohne Erholung
Die anhaltende Rezession schlägt auf den regionalen Arbeitsmarkt durch. Neben einem Anstieg der Arbeitslosenquote erreichen die Beschäftigungspläne der Betriebe einen Tiefststand seit 2020. Mit Ausnahme des Baugewerbes sind die Personalplanungen in allen Branchen überwiegend negativ.
Die gesetzlich vorgesehene Anhebung des Mindestlohns ab 2026 führt bei fast zwei Dritteln der Befragten zu Lohnerhöhungen auch in weiteren Gehaltsgruppen, um das Lohnabstandsgebot einzuhalten. Für 56,5 Prozent sind in der Folge Preiserhöhungen unausweichlich. Fast jedes dritte Unternehmen plant, durch Stellenabbau oder Nicht-Nachbesetzung Konsequenzen zu ziehen.
Politische Impulse müssen her
Nach Einschätzung der befragten Unternehmen wird sich das Geschäftsklima in den kommenden Monaten nicht verbessern. Während sich in der Industrie Optimisten und Pessimisten die Waage halten, erwartet die Mehrheit in den übrigen Branchen eine Verschlechterung. Die Inlandsnachfrage rangiert mit 64,0 Prozent der Antworten auf Platz eins der Risikofaktoren für die weitere Geschäftsentwicklung, dicht gefolgt von den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Ohne Wachstumsimpulse zeigt sich aktuell auch bei den Investitionsabsichten eine Seitwärtsbewegung im Keller.
Kurz und kompakt
- Aufwärtstrend bei Energiepreisen gestoppt, dennoch weiterhin fast ein Drittel der Industrieunternehmen überdurchschnittlich stark belastet
- Mindestlohnerhöhung 2026: Unternehmen befürchten einen weiteren Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit sowie anhaltende Preisspirale
- Investitionsmotive: für 63,2 Prozent der Betriebe reiner Ersatzbedarf im Vordergrund. Angaben der Industrie zu Investitionen in Produktinnovationen stiegen gleichzeitig innerhalb eines Jahres um zehn Prozentpunkte
- Fachkräftemangel: 46,5 Prozent der Unternehmen finden keine Auszubildenden oder Schulabgänger; Handel und Industrie besonders stark betroffen
- Liquidität: Einbruch nicht erkennbar, Anteil der Negativmeldungen stagniert bei 13,3 Prozent
- Mindestlohnerhöhung 2026: Unternehmen befürchten einen weiteren Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit sowie anhaltende Preisspirale
- Investitionsmotive: für 63,2 Prozent der Betriebe reiner Ersatzbedarf im Vordergrund. Angaben der Industrie zu Investitionen in Produktinnovationen stiegen gleichzeitig innerhalb eines Jahres um zehn Prozentpunkte
- Fachkräftemangel: 46,5 Prozent der Unternehmen finden keine Auszubildenden oder Schulabgänger; Handel und Industrie besonders stark betroffen
- Liquidität: Einbruch nicht erkennbar, Anteil der Negativmeldungen stagniert bei 13,3 Prozent