Werkzeugkoffer Innovation

Technische Realisierbarkeit, Prototypenbau und Design

Erstes Konzept - Der Kunde muss einbezogen werden

Neue Produkte müssen in der frühen Phase der Entwicklung auf die spätere Anwendbarkeit, Leistungsfähigkeit, Qualität und dem Nutzen getestet werden.
Vorab ist das Produkt mit Alternativlösungen zu vergleichen. Möglicherweise gibt es ähnliche Produktkonzepte, die vergleichsweise einfach herstellbar sind. Dabei geht es beispielsweise um die geplante Konstruktionsart.
In der Konzeptphase wird nicht das Produkt selbst getestet, sondern die zugrundeliegende Idee. Dabei fokussieren die Anwender sich auf ihre Vorstellung vom Produkt. Dies erfolgt sicherheitshalber unter strengen Geheimhaltungsvereinbarungen. Conjoint-Analysen können helfen, die wichtigsten Produkteigenschaften für die Kundennutzung herauszufinden. Diese Methodik ist ein Mechanismus der Marktforschung deren Zweck es ist Kundenwünsche, genauer zu erfassen.

Realisierbarkeit am Prototypen

Viele Innovationsprojekte scheitern, da die technische Realisierbarkeit nicht früh genug betrachtet worden ist. Der erste Schritt um die technische Realisierbarkeit und die physikalischen Gegebenheiten zu erproben, ist die Erstellung eines Prototyps. Die Idee wird zum ersten Mal dreidimensional dargestellt. Natürlich können auch in der Vorstufe dazu erste Berechnungen mittels eines digitalen Zwillings erfolgen.

Chancen eines Prototyps

Ihre Idee steht und Sie haben das Vorhaben skizziert? Dann brennen Sie bestimmt darauf, Ihr Produkt in der Umsetzung zu sehen, es zu testen und auszuprobieren, sowohl in Bezug auf das einzusetzende Material als auch die Funktionen und Optik.
Durch einen Prototypen können Sie nicht nur Ihre Idee sehen und anfassen, die Realisierung der Idee bringt auch einige weitere Vorteile mit sich: So können bereits Risiken erkannt werden, die für die Serienfertigung vermieden werden müssen. Auch kann das Produkt optimal an die Kundenwünsche angepasst werden. Umfassende Gespräche mit Nutzern am Beispielprodukt helfen bei der Weiterentwicklung und der Optimierung. Unternehmer zeigen auf Messen einen Prototyp, um abzuschätzen, wie das Produkt von den Kunden angenommen wird. Außerdem ist ein Prototyp bei der Überzeugung von Investoren hilfreich. Dabei soll dieser nicht provisorisch aus Bastelmaterialien hergestellt sein, sondern einen präsentablen Zustand aufweisen.

Arten von Prototypen

Je nachdem in welchem Stadium der Entwicklung das Produkt ist, gibt es unterschiedliche Prototypen. Dies ist natürlich Firmenabhängig und je nach Innovationsgrad unterschiedlich. Wie bereits erwähnt, können Sie nach anfänglichen Skizzen und Zeichnungen die ersten Tüfteleien selbst übernehmen.
Eine Option ist auch die visuelle Umsetzung mittels eines 3D-Modells. Durch Berechnungen können dabei eine Vielzahl an Änderungen oder Einwirkungen getestet werden. Virtuelle Modelle sind vor allem bei größeren kostspieligeren Varianten sinnvoll.
Prototypenart
Kennzeichen
Verwendung
Designprototyp
Stückzahl 1
Meist Modellbauwerkstoff
Primär optische und haptische Anforderungen
Designstudien
Ergonomiestudien
Marktanalysen
Geometrischer Prototyp
Stückzahl 1
Meist Modelbauwerkstoff
Primär geometrische Anforderungen
Herstellbarkeitsprüfung
Montierbarkeitsprüfung
Fertigungsplanung
Funktionsprototyp
Stückzahl 1
Seriennaher Werkstoff
primär geometrische Anforderungen
Funktionsprüfung
Anlagenplanung
Fertigungsfolgeplanung
Technischer Prototyp
Kleine Stückzahl 3-30
Seriennaher Werkstoff
Seriennahes Fertigungsverfahren
Vorserienwerkzeug
Überprüfung von Dauerbelastung und Kundenakzeptanz
Vorserie
Stückzahl bis 500
Serienwerkstoff
Serienfertigungsverfahren
Serienwerkzeug
Markttest
Markteinführung
Prozessoptimierung

Seien Sie kreativ

Zu Beginn können Sie selbst kreativ arbeiten und mit begrenzten Hilfsmitteln selbst Hand anlegen. Dies stellt einen Zwischenschritt auf dem Weg zum Präsentations-Prototyp dar. Nach den anfänglichen Zeichnungen arbeiten Sie beispielsweise mit Bastelequipment oder Materialien aus dem Baumarkt. Ein reiner Funktionsprototyp muss nicht das teuerste Material beinhalten. Die Bauteile müssen nicht per se bestellbar sein, schließlich ist Ihre Idee ja über den Stand der Technik.
Bei der Umsetzung der „Design Thinking Methode“, um das ideale Produkt für den Kunden zu erstellen, wird ebenso mit einfachem Bastelmaterial ein anschauliches, haptisches Produkt erstellt. Dabei können meist noch keine technischen Optionen getestet werden. Hier geht es um die schnelle Ausarbeitung einer Idee, die auf die Lösung von Problemen aus Kundensicht abzielt. Weitere Informationen dazu erhalten Sie kostenlos von den regionalen Innovationslaboren der Hochschulen.

Selbst bauen oder Fremdvergabe

Eine erste Frage, die Sie sich stellen müssen ist, ob Sie den Prototypenbau selbst umsetzen können oder einen externen Partner damit beauftragen. Dies ist natürlich davon abhängig, wie hoch die damit verbunden Kosten sind, ob Sie die Fähigkeiten, das Wissen, die Materialien und insbesondere Werkzeuge selbst mitbringen können und welches Ziel Sie verfolgen. Insbesondere bei externen Partnern, die mit der Innovation und der technischen Umsetzung vertraut werden, ist eine Vertraulichkeitsvereinbarung unabdingbar. Gerade in diesem Schritt im Innovationsprozess sind die Details der Innovation wesentlich.
Sofern Sie eine Hochschule beauftragen wollen, ist ein erstes Gespräch mit den Technologiebeauftragten der Hochschule sinnvoll. Diese wissen, welche Hochschulmitarbeiter mit den notwendigen Kompetenzen verfügbar sind und welche Laborausstattung vorliegt. Für die ostbayerischen Hochschulen können Sie einfach und unverbindlich in Kontakt mit TRIO oder den Technologietransferstellen treten.
Finanzielle Unterstützung bietet hierbei der Innovationsgutschein Bayern. Mit dem Programm unterstützt der Freistaat kleine Unternehmen und Existenzgründer mit einem Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss. Es handelt sich hierbei um eine externe Vergabe von Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen wie Prototypenbau, Design- und Machbarkeitsstudien, Werkstoff- und Konzeptstudien, Konstruktionsleistungen, Service Engineering oder Produkttest zur Qualitätssicherung - sprich alle wesentlichen Schritte rund um die Entwicklung einer Innovation.

Materialien und Werkstoffe

Um das ideale Produkt zu erhalten, werden Sie beim Prototypenbau verschiedene Materialien austesten müssen. Die Vor- und Nachteile dieser sind dann abzuwägen. Dabei sollten Sie folgende Punkte beachten:
  • Kosten für Materialien inklusive deren Verarbeitung und Beschaffung
  • Verfügbarkeit
  • Haltbarkeit
  • Umweltverträglichkeit und Sicherheit
  • Dichte
  • Festigkeit
  • Bruch- und Dehnungsfestigkeit
  • Elastizität
  • Isotropie
  • Leitfähigkeit
  • Verschleißfestigkeit
  • Verformbarkeit
  • Oxidierungsfähigkeit
  • Dämpfungseigenschaften
  • Dichte

Prototpyenbau - der erste „Gehversuch“

Für die rasche Herstellung eines ersten Prototypen, eignet sich Rapid Prototyping. Von 3D-Druckern gibt es mittlerweile günstige Varianten bzw. Hochschulen und Ingenieurbüros drucken für Sie im Auftrag. Dabei können unterschiedliche Materialien verwendet werden und eine erste Version der Idee ist schnell auf dem Tisch. Dies ist v.a. zur Rücksprache mit Entscheidern, die über weniger Fachwissen verfügen, von großem Interesse. Führungskräfte können so einen ersten Überblick über das Produkt erhalten.

Der Prototyp im Test

Durch die Erprobung des Prototypen können Risiken minimiert werden. Erste Probleme werden identifiziert, um bei einer späteren Serienfertigung keine Fehlerserie zu produzieren. Vor allem durch Softwareprogramme können kleine Änderungen am Prototyp simuliert werden, um potenzielle Mängel auszumerzen.
Der Prototyp ist schließlich ein Objekt der frühen Erprobung und Validierung. Er wird über die Zeit und mittels Feedbackschleifen weiter optimiert, um am Ende ein möglichst perfekt abgestimmtes Produkt auf den Markt zu bringen.
Der Prototyp wird im Entstehungsprozess mit unterschiedlichen Materialien zahlreichen Testungen unterzogen, um seine zuvor genannten Eigenschaften wie Langlebigkeit oder Temperaturbeständigkeit zu prüfen.
Je kreativer an den Prototypen herangegangen wird, umso mehr interessante Möglichkeiten ergeben sich. Kenntnisse über Materialien und Werkstoffe sind dabei essenziell. Der Prototyp soll weiterhin auf Eigenschaften wie beispielsweise Effizienz oder Vereinfachung von Abläufen erprobt werden.
Hält man die erstellten Prototypen, die den eigenen Ansprüchen genügen in den Händen, kommen die Pilotanwender ins Spiel. In diesem Entwicklungsschritt geben sie Feedback zur Produktoptimierung. Bei Produkttests sollten sowohl eigene Kunden als auch die der Mitbewerber zur Innovation befragt werden.

Normen und Standardisierung im frühen Prozess einbinden

Den Anforderungen an Normen und Sicherheitsvorschriften wie dem CE-Kennzeichen sollten Sie in dieser Phase bereits Beachtung schenken. Es liegt in der Verantwortung des Herstellers, dass jedes Produkt den grundlegenden Sicherheitsanforderungen entspricht. Je nach Produktart gibt es unterschiedliche Richtlinien, die es zu erfüllen gilt: vom Produktsicherheitsgesetz über die CE-Kennzeichnung bis hin zu den gesetzlichen Normen. Um die Innovation sicher auf dem Markt anzubieten, müssen Sie sich spätestens an dieser Stelle mit dieser Thematik auseinandersetzen. Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserer Homepage sowie auch hier. Eine kostenlose Erstberatung erhalten Sie über das Patentzentrum Nürnberg.

Design

Bei den ersten Prototypen ist die Ästhetik noch absolut nebensächlich, schließlich wird vorrangig die technische Umsetzung erprobt. Bei späteren Prototypen bzw. wenn die Meinung von Kunden eingeholt wird, spielt das Thema Design eine wesentlichere Rolle.
Das Design eines Produkte ich wichtig für dessen Markterfolg. Es kann unter Umständen einen großen Vermögenswert darstellen. Unterschätzen Sie daher keinesfalls deren Bedeutung. Viele Produkte leben von der Optik. So kaufen einige Kunden nur nach einer bestimmten Farbe. Auch können Designelemente nach Feng-Shui-Prinzipen eingebaut werden. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt.
Bei der Gestaltung mischen sich technische mit ästhetischen Gesichtspunkten. In die einzelnen technischen Funktionen des Produkts muss das Design integriert werden. So können durch die Gestaltung bestimmte Funktionalitäten hervorgehoben werden oder eher in den Hintergrund gedrängt werden. Auch müssen Sie die Umgebung des Produkts einbeziehen. Bei der Herstellung einer Wanduhr, beispielsweise muss sie sich später mit ihrem Design in die Umgebung (Wohnzimmer) einfügen.
Bei der Auswahl der Gestaltung spielen Ihre Ziele und das Kundensegment eine wesentliche Rolle. Benötigt das Produkt eine zeitgemäße oder radikal moderne Ausgestaltung? Sind Ihre Kunden naturverliebt oder traditionsbewusst? Welchen Lebensstil verfolgen Ihre Kunden?
Auch sollten Sie den Umweltaspekt mitaufnehmen. Sind Ihre Kunden umweltbewusste Käufer, dann sparen Sie womöglich an Schnickschnack, Verpackung und Material. Auch das Design einer Verpackung gehört dazu. Denken Sie dabei an die regulatorischen Aspekte des Verpackungsgesetzes.
Ein weiteres entscheidendes Thema sind gewerbliche Schutzrechte und in diesem Zusammenhang die Anmeldung eines Designs. Durch die Möglichkeit, ein Design registrieren zu lassen, werden Form- und Farbgebung eines Produkts geschützt. Mit einem eingetragenen Design verfügen Sie über ein zeitlich begrenztes Monopol auf die Form und farbliche Gestaltung Ihres Produktes. Die Schutzdauer eines Designs beträgt maximal 25 Jahre. Weitere umfassende Informationen zum Designschutz finden Sie hier. Auch bieten wir mit der IHK-Erfinderberatung eine Möglichkeit, sich zum Thema Designschutz beraten zu lassen.
Weitere Informationen zum Thema Design als Erfolgsfaktor finden Sie hier.

Drei Tipps zur Umsetzung

  • Beim Prototypenbau dürfen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Das Austesten von verschiedenen Materialien und Werkstoffen ermöglichen vielfältige Ideen. Vergessen Sie zu einem späteren Zeitpunkt die ästhetische Gestaltung nicht.
  • Wenn Sie mit anderen Akteuren über Ihre Idee sprechen, verwenden Sie unbedingt eine Geheimhaltungsvereinbarung.
  • Auch Produktvorschriften und Normen müssen im Entstehungsprozess miteinbezogen werden.

Quellen
  • Diesselkamp, Innovationsmanagement 2012,
  • Vahs/Brem, Innovationsmanagement, 2013
  • Rapp, Von der Idee zum Produkt, 2011
  • König/Everseim/Celi, i et. al, 1993, Rapid Prototyping- Bedarf und Potenziale