Schienennahverkehr in der Prignitz in Gefahr
Pritzwalk, 9. September 2025 - In Anbetracht der vom VBB kommunizierten Ausschreibung des Netzes Nordwest blickt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam mit großer Sorge auf die Zukunft der Regionalbahnlinien RB73 (Neustadt (Dosse) – Kyritz – Pritzwalk) und RB74 (Pritzwalk – Meyenburg).
„Beide Verbindungen sichern seit Jahren die Schienenanbindung der Prignitz. Die Einschränkung oder gar Abbestellung schwächt nicht nur die Erreichbarkeit der Region, sondern untergräbt auch den Wettbewerb auf der Schiene. Das wäre der Sargnagel für den Schienenpersonennahverkehr in der Prignitz“, warnt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Christian Herzog.
Sollte die RB73 nördlich von Kyritz abbestellt werden, bedeutet dies die Einstellung des Schienenverkehrs zwischen Kyritz und Meyenburg in einem Zeitraum von 8 Jahren. Damit würde die ohnehin schwache Verkehrsanbindung der Prignitz weiter verschlechtert. Eine spätere Wiederaufnahme des Betriebs wäre praktisch ausgeschlossen, denn die Einstellung des öffentlichen Schienenpersonennahverkehrs auf der betroffenen Strecke führt zwangsläufig zur Vernachlässigung der Infrastruktur, die eine spätere Wiederaufnahme des Betriebs verteuert und damit unwahrscheinlich macht.
Auch die jüngst positiv bewertete Perspektive für das Netz Prignitz-Südwestmecklenburg, auf dem eine zweite Achse zwischen Berlin und Rostock entstehen könnte, würde so endgültig blockiert.
Benachteiligung des Mittelstands
Mit den Ausschreibungskonditionen werden mittelständische Eisenbahnverkehrsunternehmen wie die Hanseatische Eisenbahn bewusst aus dem Markt gedrängt. Solche Unternehmen tragen seit Jahren Verantwortung für den Regionalverkehr. Die nun vorgesehene Vergabe mit einer Laufzeit von lediglich acht Jahren setzt diese Betriebe erheblichen Nachteilen aus, da Investitionen in neue Fahrzeuge in dieser kurzen Zeit nicht abgeschrieben werden können. Das Auftragsvolumen der Ausschreibung ist für mittelständische Betriebe zudem zu hoch, um seröse Angebote abgeben zu können.
„Es gibt keinen ersichtlichen Grund, die Leistungen des RE6, RB 55 und des RB73 in einem Paket zu vergeben. Mittelständische Unternehmen werden so bewusst aus dem Markt gedrängt. Dies ist kein fairer Wettbewerb, sondern ein Rückschritt zum Monopol“, so Christian Herzog.
Die Verdrängung regionaler Bahnbetreiber bedeutet nicht nur das Ende einer funktionierenden Strecke, sondern auch die Beschädigung von gewachsenen mittelständischen Strukturen. Diese Unternehmen sind nicht nur im Schienenpersonennahverkehr, sondern auch in weiteren Bereichen zuverlässige Partner der Region. Ihre Verunsicherung schwächt den ländlichen Raum und untergräbt das Vertrauen der Wirtschaft.
Forderungen der IHK Potsdam
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Rücknahme der aktuellen Ausschreibung durch den Verkehrsminister und den VBB
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Getrennte und vollumfängliche Ausschreibung der Linien RB73/74, um mittelständischen Betreibern faire Wettbewerbschancen zu sichern und die Anbindung der Prignitz zu gewährleisten
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Sicherung des durchgehenden Betriebs bis Meyenburg als Basis für eine positive Perspektive der Streckenerweiterung nach Rostock