Lieferkettengesetz

Lieferkettengesetz birgt massive Belastungen

Cottbus/Frankfurt (Oder)/Potsdam, 15. März 2024 – Die von den EU-Mitgliedstaaten heute beschlossene EU-Richtlinie zu Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit in Lieferketten (Corporate Social Responsibility Directive, CSDDD), kurz: Europäische Lieferkettenrichtlinie, geht – trotz kurzfristiger Anpassungen im Hinblick auf die Betriebsgröße und die zivilrechtliche Haftung - weit über das in Deutschland verabschiedete Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) hinaus und stellt damit die überwiegend kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Bundesland vor enorme Probleme.
Dazu sagt IHK-Präsidentin Ina Hänsel, Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der IHKs des Landes Brandenburg:
„Die Brandenburger Wirtschaft unterstützt das Ziel der EU-Strategie zur Förderung menschenwürdiger Arbeit weltweit. Brandenburger Firmen tragen im Ausland auf vielfältige Weise und bereits seit langem und ganz in der Tradition des Leitbilds der Ehrbaren Kaufleute zu höheren Sozial- und Umweltstandards, besserer Bildung und damit zu Wachstum und Wohlstand bei. Die nun doch kurzfristig beschlossene Europäische Lieferkettenrichtlinie gefährdet jedoch mit ihrer Praxisferne, Unverhältnismäßigkeit und enormen Rechtsunsicherheit die von der EU unterstützte Internationalisierung und Wettbewerbsfähigkeit auch von Brandenburger KMU.“
Die Richtlinie nimmt nun Unternehmen ab 1000 Mitarbeitern in die Pflicht und nicht - wie vorher diskutiert - Unternehmen ab 500 Arbeitnehmer/-innen. „Schon mit der deutschen Version des Lieferkettengesetzes, welches Anfang 2023 in Kraft getreten ist und Unternehmen ab 1000 Mitarbeitern in die Pflicht nimmt, spüren auch unsere kleinen und mittleren Unternehmen die immensen bürokratischen und faktischen Mehrkosten der Richtlinienumsetzung massiv“, sagt Ina Hänsel.  Laut einer DIHK-Sonderumfrage im Jahr 2023 nimmt jedes zweite deutsche Unternehmen die Herausforderungen in der Umsetzung des LkSG wahr, weil sie bezüglich ihrer menschenrechts- und umweltbezogenen Risiken direkt von ihren Großkunden kontaktiert werden, obwohl sie nicht direkt unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Mit der EU-Version verschärfen sich nun die bürokratischen Herausforderungen für KMU massiv. Durch die Einbindung aller europäischen Unternehmen in die verpflichtenden Sorgfaltspflichten verschärft sich dieser bürokratische Mitnahmeeffekt umso mehr.
IHK-Präsidentin Hänsel weiter: „Ein wesentlicher Kritikpunkt der Wirtschaft ist auch die vorgesehene zivilrechtliche Haftung im geplanten Lieferkettengesetz, welche jetzt zwar etwas entschärft, dennoch nicht völlig abgeräumt wurde. Das Gesetz wirkt auf die verfolgten Ziele – die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen in Entwicklungsländern – eher kontraproduktiv. Womöglich ziehen sich in der Folge Unternehmen eher aus Ländern mit unübersichtlicher Menschenrechtslage zurück, um ihr Risiko der zivilrechtlichen Haftung zu minimieren.“

Hintergrund:

Die EU-Kommission hatte im Februar 2023 den Gesetzesentwurf zum EU-Lieferkettengesetz eingebracht. Der Gesetzesentwurf ist im Trilog-Verfahren bei EU-Parlament und EU-Rat Ende 2023 beschlossen worden. Das EU-Lieferkettengesetz geht in seiner nun beschlossenen Fassung immer noch weit über das in Deutschland verabschiedete Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) hinaus. Dieses trat zum 1. Januar 2023 in Kraft und stellt an die vom Gesetz betroffenen Unternehmen besondere Herausforderungen zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte und Umweltaspekte. Die aktuelle Verabschiedung der Richtlinie zwischen den EU-Mitgliedsstaaten wird auch Brandenburger Unternehmen vor weitere immense bürokratische Belastungen stellen.

Die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) ist eine Kooperation der drei Industrie- und Handelskammern im Land Brandenburg. Sie vertritt die Interessen von etwa 160.000 Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen.