Handels- und Gesellschaftsrecht

Gründung einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG)

Wird der Zweck verfolgt, ein Handelsgewerbe unter einer gemeinschaftlichen Firma zu betreiben, kommt die Rechtsform der oHG in Betracht. Sie ist eine Personenhandelsgesellschaft, für dessen Gründung es mindestens zwei Gesellschafter bedarf. Bei der oHG besteht keine Haftungsbeschränkung der Gesellschafter gegenüber ihren Gläubigern. Für sehr risikobehaftete Handelsgewerbe scheidet sie deshalb in der Regel aus.

Was ist eine OHG?

Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter einer gemeinschaftlichen Firma gerichtet ist, ist eine offene Handelsgesellschaft, wenn bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist (§ 105 I HGB).

Was bedeutet Handelsgewerbe?

Gemäß § 1 II HGB meint „Handelsgewerbe“ jeden Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
Beispiele für Gewerbetätigkeiten:
  • Handel
  • Handwerk
  • Industrie
  • Dienstleister
Keine gewerblichen Tätigkeiten sind beispielsweise:
  • Freie Berufe (Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater etc.)
  • Land- und Forstwirtschaft

Welche Gründungsvoraussetzungen müssen erfüllt werden?

  • Gesellschafter
Für eine oHG werden mindestens zwei Gesellschafter benötigt. Gesellschafter einer oHG können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Es ist somit möglich, dass sich Kapital- oder andere Personengesellschaften (Ausnahme GbR) an der oHG beteiligen.
  • Kapital
Für die Gründung einer oHG ist kein Mindestkapital vorgeschrieben. Die Gesellschafter können die Höhe des Kapitals bzw. die Form der Einlagen (Bar- oder Sacheinlagen) selber bestimmen.
  • Gegenstand
Die oHG hat ein Handelsgewerbe zum Gegenstand, also einen vollkaufmännischen Gewerbebetrieb. Ein Gewerbe liegt nach Handelsrecht dann vor, wenn es sich um eine selbständige, nach außen hin erkennbare, legale Tätigkeit handelt, die auf Dauer und mit dem Zweck der Gewinnerzielung angelegt ist. In der Beurteilung eines Unternehmens, ob es kaufmännisch geführt wird, ist insbesondere auf den Jahresumsatz, Art und Anzahl der Geschäftsvorgänge, Kreditaufnahmen, Geschäftsräume, Beschäftigtenzahl, Art der Buchführung, etc. abzustellen. Dabei ist stets eine Gesamtschau der Umstände erforderlich.
  • Firma
Die Firma der oHG kann den Familiennamen eines Gesellschafters, Phantasiezusätze oder Sachzusätze, die dem Unternehmensgegenstand entlehnt sind, enthalten, solange sie Unterscheidungskraft und damit Namensfunktion besitzt. Außerdem muss sie den Firmierungszusatz "offene Handelsgesellschaft" oder die Abkürzung "oHG" enthalten, da nur so die Gesellschafts- und Haftungsverhältnisse offengelegt werden können.
Beispiele:
  • Mustermann oHG
  • MuMa offene Handelsgesellschaft
Die Firma muss sich deutlich von anderen bereits im Handelsregister eingetragenen Firmen am selben Ort bzw. in derselben Gemeinde unterscheiden.
Es empfiehlt sich, rechtzeitig die Firma mit der IHK abzusprechen. Die IHK kann prüfen, ob eine Verwechslungsgefahr mit anderen Firmen besteht und die Firma den Grundsätzen der Firmenwahrheit (z. B. keine Täuschung über Tätigkeit) und Firmenklarheit entspricht. Zur Prüfung Ihrer angedachten Firma können Sie unser Firmenvoranfrageformular verwenden.

Wie läuft eine Gründung ab?

  • Gesellschaftsvertrag
Die oHG wird durch den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages zwischen den beteiligten Gesellschaftern gegründet. Der Gesellschaftsvertrag bedarf keiner bestimmten Form. Es ist jedoch dringend zum Abschuss eines schriftlichen Vertrages aufgrund der Rechtssicherheit zu raten. Diesen müssen alle Gesellschafter unterschreiben.
Der Inhalt des Gesellschaftsvertrags ist nur in seinen Grundlagen festgeschrieben. Er muss zwingend die Vereinbarung eines gemeinsamen Zwecks, zu dessen Förderung sich die Gesellschafter verpflichten, sowie die Vereinbarung über gemeinschaftliches Auftreten nach außen enthalten. Ferner sollte der Gesellschaftsvertrag die Firma der oHG, die Kündigung und das Ausscheiden eines Gesellschafters, Entnahmen, eingebrachte Sachen, Grundstücke u. ä., ggf. Abweichungen von der Einzelvertretungsbefugnis jedes Gesellschafters sowie auch ggf. eine Schiedsgerichtsklausel enthalten. Wenn nichts anderes vereinbart ist, gilt das HGB.
In besonderen Fällen, z. B. der Einbringung eines Grundstückes oder der Übertragung eines Geschäftsanteils auf die oHG ist eine notarielle Beurkundung erforderlich.
  • Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister
Eine neu gegründete oHG ist beim zuständigen Gericht zur Eintragung in das Handelsregister über einen Notar anzumelden. Dies ist das für den Ort des Sitzes der oHG zuständige Amtsgericht. Die Anmeldung zum Handelsregister ist durch alle Gesellschafter vorzunehmen. Sie muss die
  • Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort der Gesellschafter,
  • die Firma der Gesellschaft, deren Sitz und den Zeitpunkt der Entstehung der Gesellschaft
  • sowie die Vertretungsbefugnisse der Gesellschafter
enthalten.

Wie erfolgt die Geschäftsführung und Vertretung einer OHG?

Damit die oHG nach innen (Geschäftsführung) und nach außen (Vertretung) handlungsfähig wird, ist die Bestellung mindestens eines Geschäftsführers erforderlich. Geschäftsführer kann in erster Linie der Gesellschafter selbst sein, möglich ist aber auch die Bevollmächtigung eines Nichtgesellschafters, insbesondere eines Prokuristen.
  • Einzelgeschäftsführungsbefugnis und Einzelvertretungsmacht
Der bestellte Geschäftsführer ist grundsätzlich einzelgeschäftsführungsbefugt und einzelvertretungsermächtigt. Das heißt, er kann ohne Mitwirkung der anderen Gesellschafter wirksam im Namen der oHG handeln. Ausgenommen davon sind jedoch sog. Grundlagengeschäfte, für die ein Zustimmungsvorbehalt vorgesehen ist. Für Geschäfte wie die Änderung der Firma, Aufnahme eines neuen Gesellschafters oder Übertragung des gesamten Vermögens an einen Dritten, also Geschäfte, die die grundlegende Struktur der Gesellschaft betreffen, ist die Zustimmung aller Gesellschafter in Form eines Gesellschafterbeschlusses einzuholen.
  • Abweichende vertragliche Regelungen
Von den gesetzlichen Regelungen kann vertraglich abgewichen werden. Die Befugnisse jedes Gesellschafters können einzeln für jeden geregelt werden.
Wichtig ist, dass lediglich der Ausschluss einzelner Gesellschafter von der Geschäftsführung sowie von der Vertretung der Gesellschaft zulässig ist, nicht jedoch der Ausschluss aller Gesellschafter.
Mithin kann auch Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung durch mehrere oder alle Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden. Ebenso möglich wäre eine gemischte Gesamtvertretung, sodass ein Gesellschafter nur mit beispielsweise einem bestellten Prokuristen zum Handeln befugt ist.
Derjenige (Nicht-)Gesellschafter, der geschäftsführungsbefugt und vertretungsermächtigt sein soll, muss ins Handelsregister eingetragen werden. Ansonsten ist die wirksame Geschäftsvornahme nicht möglich.
  • Beirat
Der Gesellschaftsvertrag der oHG kann einen Beirat vorsehen. Kompetenzen des Beirats sind die Kontrolle und Beratung der geschäftsführenden Gesellschafter sowie die Entscheidung über Maßnahmen, bei denen den geschäftsführenden Gesellschaftern die Entscheidungsgewalt entzogen worden ist. In Betracht kommt die Einsetzung eines Beirats z.B. dann, wenn die Geschäftsführung einem einzelnen Gesellschafter obliegt oder eine Patt-Situation gelöst werden soll.

Wie haften die Gesellschafter einer OHG?

Die Gesellschafter einer oHG haften den Gläubigern persönlich und gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Dies sind insbesondere Gesellschaftsschulden. Somit liegt hier eine umfassende Haftung vor, von der das Gesellschafts- und Privatvermögen betroffen sein kann.
Auch gegenüber Dritten findet keine Haftungsbegrenzung statt.
Wer sich an einer oHG beteiligt, haftet auch für die vor dem Zeitpunkt seines Eintritts begründeten Verbindlichkeiten. Für ausgeschiedene Gesellschafter gilt eine Nachhaftung über einen Zeitraum von 5 Jahren für die bei dem Austritt bereits bestehenden Verbindlichkeiten.

Wie erfolgt die Buchführung und der Jahresabschluss bei einer OHG?

Als kaufmännisches Unternehmen ist die Gesellschaft verpflichtet, Handelsbücher zu führen und in diese ihre Handelsgeschäfte und ihre Vermögenslage nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ersichtlich zu machen. Am Schluss eines jeden Geschäftsjahres ist eine Bilanz (Jahresbilanz) und eine Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen.

Wie läuft die Besteuerung bei der OHG?

  • Einkommensteuer
Die oHG selbst ist nicht einkommenssteuerpflichtig. Vielmehr haben die Gesellschafter, die eine sog. Mitunternehmerschaft bilden, ihre durch den Betrieb der oHG erzielten gewerblichen Einkünfte nach dem Einkommenssteuergesetz zu versteuern. Für die Gesellschaft wird also eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung vorgenommen. Einheitlich bedeutet, dass zunächst der Gesamtgewinn ermittelt wird. Gesondert bedeutet, dass er anschließend gemäß dem Gewinnverteilungsschlüssel auf die einzelnen Gesellschafter verteilt wird.
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) besteht für Personengesellschaften seit dem 1. Januar 2022 die Möglichkeit, auf unwiderruflichen Antrag zur Körperschaftsbesteuerung zu wechseln, § 1a KStG.
  • Gewerbesteuer
Die oHG ist gewerbesteuerpflichtig.
  • Umsatzsteuer
Die oHG ist umsatzsteuerpflichtig.

Wie kann ein Gesellschafter aus der OHG ausscheiden?

Ein Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft wird in der Regel durch Kündigung, Tod oder Insolvenzeröffnung hervorgerufen. Es sollte in jedem Fall durch den Gesellschaftsvertrag im Einzelnen geregelt werden.
Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft führt nicht zu deren Auflösung.
Bestand die oHG jedoch zuletzt nur noch aus zwei Gesellschaftern (sog. zweigliedrige oHG), kommt es mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters zwingend zur Auflösung der oHG, da mit nur noch einem Gesellschafter keine Gesellschaft mehr vorliegt.

Wie erfolgt die Auflösung und Liquidation der OHG?

Die Auflösung führt noch nicht zum Erlöschen der Gesellschaft. Dies wird erst mit Beendigung erreicht.
Schritte: 1. Auflösung -> 2. Liquidation -> 3. Beendigung
Die Auflösung wird hervorgerufen durch beispielsweise:
  • einen Gesellschafterbeschluss,
  • durch zuvor vereinbarten Zeitablauf,
  • durch Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der oHG.
Als Folge der Auflösung beginnt die Abwicklung (Liquidation). Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen und die Gläubiger zu befriedigen (…), § 149 HGB. Erst wenn die Liquidation abgeschlossen ist, liegt die Beendigung der oHG vor. Dann muss die Löschung aus dem Handelsregister angemeldet werden.