Gewerberecht

Grundlegendes zur Gewerbeuntersagung

Die Nichteinhaltung öffentlicher Pflichten - wie anhaltende verspätete Zahlung von Steuern oder die verspätete Abführung von Beiträgen an die Sozialversicherungsträger und an die Berufsgenossenschaften - kann die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens durch das für den Betriebssitz zuständige Ordnungsamt zur Folge haben, weil angenommen wird, dass das Gewerbe nicht zuverlässig ausgeübt wird. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam wird am Verfahren beteiligt und angehört.

Was sind die Gründe für eine Gewerbeuntersagung?

Am häufigsten sind Fälle der Untersagung wegen nachhaltiger finanzieller oder persönlicher Unzuverlässigkeit. Als unzuverlässig im Sinne der Gewerbeordnung (GewO) gelten Gewerbetreibende, wenn sie nach dem Gesamtbild des Verhaltens nicht willens und in der Lage sind, künftig die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung des Gewerbes zu gewährleisten. Davon betroffen sein kann auch eine GmbH und deren Geschäftsführer/in.
Im Einzelnen kommen folgende Gründe für die Annahme von Unzuverlässigkeit in Betracht:
  • Missachtung steuerrechtlicher Pflichten, z. B. Steuererklärungen werden über einen längeren Zeitraum nicht, nicht vollständig oder ständig verspätet eingereicht und/oder Zahlungen an das Finanzamt werden nicht oder ständig verspätet getätigt.
  • Missachtung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten, z. B. Sozialversicherungsbeiträge werden nicht oder ständig verspätet abgeführt
  • Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über das Vermögen; auch Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.
  • Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit einer Gewerbeausübung stehen oder Auswirkung auf eine Gewerbetätigkeit haben könnten.
  • Fehlen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, d. h. die für die (zuverlässige) Gewerbeausübung notwendigen finanziellen Mittel sind nicht vorhanden

Wann wird ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet?

Wenn Tatsachen bekannt werden, welche Zweifel an der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe
begründen, kann die Behörde die Erforderlichkeit einer Untersagung der Gewerbetätigkeit prüfen und in begründeten Fällen ein Untersagungsverfahren einleiten. Zuständig ist das Gewerbe-/
Ordnungsamt, in dessen Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält.
Wenn keine gewerbliche Niederlassung existiert, ist das Gewerbe-/ Ordnungsamt zuständig, in dessen Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird.
Betroffene werden schriftlich und ausführlich begründet durch das zuständige Ordnungsamt von der Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens in Kenntnis gesetzt. Innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens besteht Gelegenheit, sich zum Sachverhalt zu äußern.
Hinweis: Bei der Einleitung eines Untersagungsverfahrens handelt es sich noch nicht um die Untersagung der Gewerbetätigkeit. Deshalb sollten Sie die Situation auf jeden Fall ernst nehmen und unbedingt reagieren – schriftlich oder mündlich.

Welche Rolle hat die IHK bei einem Gewerbeuntersagungsverfahren?

Die IHK muss vor der Untersagung einer Gewerbeausübung durch die zuständige Behörde angehört werden. Zur Beurteilung des Sachverhaltes überlässt uns das Ordnungsamt die notwendigen Unterlagen. Nach Eingang bieten wir Ihnen die Möglichkeit für ein persönliches Gespräch zur Erörterung der Angelegenheit. Bei dieser Gelegenheit erhalten wir sehr oft wichtige Informationen, die zur Beurteilung der Situation hilfreich sind und uns eine sachgerechte Stellungnahme ermöglichen. Mit den Betroffenen besprechen wir eingehend, welche Maßnahmen von Ihnen für eine mögliche Abwendung der Untersagung eingeleitet werden müssten. Alle Angaben werden selbstverständlich vertraulich behandelt. Wenn keine Kontaktaufnahme erfolgt, nehmen wir nach Aktenlage Stellung. Da eine Gewerbeuntersagung einen schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Situation eines Menschen bedeutet, sollten Betroffene frühzeitig mit dem Ordnungsamt oder dem zuständigen Gesprächspartner in unserem Hause Kontakt aufnehmen.
Hinweis: Wir sind in dieser schwierigen Phase für Sie da und bieten Ihnen im Rahmen unserer Möglichkeiten Unterstützung an.

Welche Rolle haben Sie als betroffenes Unternehmen?

Zur Vermeidung von Schwierigkeiten empfehlen wir:
  • Öffnen Sie unverzüglich Ihre Post, holen Sie auf jeden Fall niedergelegte Schriftstücke so schnell wie möglich bei der Post ab. Sorgen Sie auch bei Abwesenheit für die Entgegennahme und Bearbeitung der Post.
  • Reagieren Sie unbedingt auf Schreiben des Ordnungsamtes, insbesondere, wenn darin die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens angekündigt wird. Sie sollten schriftlich oder telefonisch innerhalb der genannten Frist mit dem zuständigen Bearbeiter Kontakt aufnehmen.
  • Nehmen Sie mit dem Ordnungsamt vereinbarte Gesprächstermine wahr bzw. informieren Sie den Ansprechpartner dort, wenn Sie diese verschieben müssen.
  • Halten Sie mit dem Ordnungsamt getroffene Absprachen, wie z. B. die Vorlage eines Sanierungsplans bis zu einem festgesetzten Zeitpunkt, ein bzw. teilen Sie dem Amt mit, weshalb Sie es nicht können.
  • Geben Sie dem Ordnungsamt gegenüber vertraulich auch Auskunft über persönliche Schwierigkeiten, die zu Ihrer Situation beigetragen oder sogar ausschlaggebend dafür waren.
  • Sprechen Sie mit Ihren Gläubigern (Finanzamt, Berufsgenossenschaft, Krankenkassen). Signalisieren Sie Ihren Willen zur Tilgung der Schulden und versuchen Sie, Ratenzahlungen zu vereinbaren. Auch wenn Sie vielleicht Kommunikationsschwierigkeiten mit dem zuständigen Sachbearbeiter haben, suchen Sie weiterhin das Gespräch, möglicherweise mit einem anderen Mitarbeiter bzw. Vorgesetzten. Versuchen Sie, eine für Sie erfolgreiche Lösung herbeizuführen.
  • Informieren Sie zeitnah das Ordnungsamt sowohl über positive als auch negative Ergebnisse Ihrer Gespräche mit den Gläubigern und belegen Sie diese, wenn möglich schriftlich. Werden Sie von sich aus aktiv.
  • Behalten Sie den Überblick über von Ihnen abgegebene eidesstattliche Versicherungen bzw. Haftbefehle zur Erzwingung der Abgabe.
  • Sprechen Sie frühzeitig mit Ihrer Industrie- und Handelskammer.

Wann kommt es zu einer Verfahrensaussetzung?

Ernsthafte ausreichende Bemühungen (wie z. B. der Abschluss gültiger Ratenzahlungsvereinbarungen mit den Gläubigern, die Vorlage eines tragfähigen Sanierungsplans) können zur Aussetzung für einen angemessenen Zeitraum oder sogar Abwendung einer Untersagung führen.

Wie wird das Verfahren der Gewerbeuntersagung abgeschlossen?

Sofern die Bemühungen nicht ausreichend waren oder die Schulden angestiegen sind und dadurch das Ordnungsamt von einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit weiterhin überzeugt ist, kann ein Bescheid erlassen werden, durch den die Ausübung des Gewerbes ganz oder teilweise untersagt wird.
Eine teilweise Untersagung kann z.B. in der Weise erfolgen, dass dem Gewerbetreibenden die Beschäftigung sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer verboten wird.
Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person (Geschäftsführer/in, Betriebsleiter/in) und auf einzelne andere oder alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.
Gegen den Bescheid kann Widerspruch eingelegt werden. Wird gegen den Bescheid kein Widerspruch eingelegt, wird die Untersagung nach Ablauf der Monatsfrist rechtskräftig. Ist der Untersagungsbescheid rechtskräftig, müssen die Anordnungen, die er enthält, befolgt werden. Die Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 146 Abs. 1 Nr. 1a GewO und bei einem weiteren beharrlichen Verstoß sogar eine Straftat nach § 148 Nr. 1 GewO dar.
 Hat die Behörde in dem Bescheid die sofortige Vollziehung angeordnet, muss das Gewerbe zwar sofort eingestellt werden, beim Verwaltungsgericht kann jedoch im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gestellt werden.
Über eine rechtskräftige Gewerbeuntersagung erhalten das Gewerbezentralregister, die im Verfahren mitwirkenden Gläubiger sowie andere Ämter eine entsprechende Mitteilung.
Hinweis: Bitte beachten Sie Rechtsbehelfsbelehrung und Fristen. Es wird dringend empfohlen, sich mit dem Ansprechpartner der IHK Potsdam zu besprechen oder rechtlichen Rat einzuholen.

Kann die gewerbliche Ausübung wieder gestattet werden?

Frühestens nach einem Jahr (in Ausnahmefällen auch eher) kann ein Antrag (gebührenpflichtig) auf Wiedergestattung der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit bei dem Ordnungsamt, in dessen Bezirk das Gewerbe angemeldet werden soll, gestellt werden. Für eine erfolgreiche Antragstellung müssen Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt (z. B. Schuldenabbau, Einhaltung vereinbarter Ratenzahlungen). Vorteilhaft ist, wenn mit dem Antrag
schriftliche Bestätigungen der im Gewerbeuntersagungsverfahren beteiligten Gläubiger eingereicht werden, dass gegen eine Wiederaufnahme der Gewerbetätigkeit keine Bedenken bestehen. Versuchen Sie diese Versicherung vorher zumindest mündlich einzuholen.
Hinweis: Beachten Sie, dass - auch nach Ablauf von mehreren Jahren - bei der beabsichtigten Wiederaufnahme einer Gewerbetätigkeit vor einer Gewerbeanmeldung ein Antrag auf Wiedergestattung der Gewerbeausübung beim Ordnungsamt gestellt werden muss.