Gewerberecht

Abgrenzung Handwerk - Nicht Handwerk

Die Frage der Zugehörigkeit eines Gewerbebetriebs zur Industrie- und Handelskammer (IHK) und/oder zur Handwerkskammer (HwK), also die Abgrenzung zum Handwerk, beschäftigt die IHK in ihrem Tagesgeschäft häufig. Vor allem Existenzgründer sollten sich noch vor Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit mit der Frage beschäftigen, ob es sich um ein nach der Handwerksordnung zulassungspflichtiges Handwerk handelt.
In Deutschland gilt der Grundsatz der Gewerbefreiheit. Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, soweit nicht durch Gesetz Ausnahmen und Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind (§ 1 Abs. 1 Gewerbeordnung).
Eine Beschränkung stellt § 1 Abs. 1 Handwerksordnung (HwO) dar. Danach ist der selbständige Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen oder juristischen Personen gestattet (sog. Meisterprivileg).

Was ist ein Handwerksbetrieb?

Was ein Handwerksbetrieb ist, wird durch die Handwerksordnung geregelt. Die Handwerksordnung enthält in der Anlage A ein Verzeichnis derjenigen Gewerbe, die als zulassungspflichtiges Handwerk betrieben werden können. Hierzu bedarf es der Eintragung in die Handwerksrolle. Die Anlage B Abschnitt 1 enthält ein Verzeichnis derjenigen Gewerbe, die als zulassungsfreies und die Anlage B Abschnitt 2 ein Verzeichnis der Gewerbe, die handwerksähnlich betrieben werden können. Beide Gewerbearten sind „meisterfrei“, es ist jedoch eine Eintragung in das Verzeichnis der Handwerkskammer (HWK) erforderlich.
Die Schwierigkeit bei der Abgrenzung ergibt sich in der Praxis jedoch häufig deshalb, weil nur Teiltätigkeiten aus einem zulassungspflichtigen Handwerk ausgeübt werden oder die handwerkliche Tätigkeit nur einen Teilbereich der gewerblichen Tätigkeit betrifft.

Abgrenzungsfragen

Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen in den Jahren 2000 bis 2005 klargestellt, dass die HwO die verfassungsrechtlich geschützte Gewerbefreiheit einschränkt.
Daher müssen alle Tätigkeiten sehr genau daraufhin untersucht werden, ob sie tatsächlich zu einem zulassungspflichtigen Handwerk gehören.
Die Meisterprüfungsberufsbilder des jeweiligen Handwerks können zur Prüfung der Frage, ob „wesentliche Tätigkeiten“ eines zulassungspflichtigen Handwerks ausgeübt werden, mit herangezogen werden. Sie besitzen aber nach der HwO und der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts nur informativen und erläuternden, nicht hingegen normativen Charakter. Aus der Ausübung einer in einem zulassungspflichtigen handwerklichen Berufsbild genannten Tätigkeit allein folgt noch nicht, dass es sich um eine der HwO unterliegende,
handwerksmäßige Tätigkeit handelt.

Abgrenzung zu unwesentlichen Tätigkeiten

Einfache, für ein zulassungspflichtiges Handwerk nicht wesentliche Tätigkeiten aus Berufsbildern von zulassungspflichtigen Handwerken der Anlage A können „meisterfrei“ ausgeübt werden. Erforderlich ist in diesen Fällen nur eine Gewerbeanmeldung. Zu diesen einfachen nicht wesentlichen Tätigkeiten gehören nur solche, die
• leicht erlernbar sind (Zeitraum bis zu drei Monaten) oder
• zwar eine längere Anlernzeit verlangen, aber nebensächlich für das Anlage A-Handwerk sind oder
• gar nicht aus einem zulassungspflichtigen Handwerk entstanden sind (wie z. B. der Offsetdruck und der Trockenbau).
Danach sind nicht alle in handwerklichen Berufsbildern aufgeführten Arbeiten von vornherein den Vorschriften der HwO zu unterwerfen, sondern nur solche, die den Kernbereich des entsprechenden zulassungspflichtigen Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge geben.

Hinweis: Ein Häufen oder Kombinieren mehrerer einfacher Tätigkeiten kann jedoch dazu führen, dass sie einen wesentlichen Teil des Handwerks ausmachen und daher diese kombinierten Tätigkeiten wieder der Meisterpflicht unterliegen.

Zulässige Ausübung eines meisterpflichtigen Handwerks der Anlage A

Ein zulassungspflichtiges Handwerk der Anlage A kann ausüben, wer über die erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle oder eine entsprechende Ausübungsberechtigung bzw. eine Ausnahmebewilligung verfügt.

Hinweis: Der Gewerbetreibende ist verpflichtet, der HWK die für die Prüfung derEintragungsvoraussetzungen erforderliche Auskunft über Art und Umfang seines Betriebes, über die Zahl der im Betrieb beschäftigten gelernten und ungelernten Personen und über handwerkliche Prüfungen des Betriebsinhabers und des Betriebsleiters sowie über die vertragliche und praktische Ausgestaltung des Betriebsleiterverhältnisses zu erteilen sowie auf Verlangen hierüber Nachweise vorzulegen (§ 17 Abs. 1 HwO).

  • Meisterprüfung
Eine Eintragung in die Handwerksrolle erhält, wer in dem von ihm zu betreibenden Handwerk oder in einem verwandten Handwerk (aufgeführt im sog. Verzeichnis der verwandten Handwerke) die Meisterprüfung bestanden hat.
  • Ingenieur- oder Diplomprüfung
Die Eintragungsvoraussetzung wird auch erfüllt durch eine Ingenieur- oder Diplomprüfung der betreffenden Fachrichtung bzw. eine dem betreffenden zulassungspflichtigen Handwerk mindestens gleichwertige deutsche staatliche oder staatlich anerkannte Prüfung.
  • Industriemeister
Industriemeister mit einer fachlich einschlägigen Prüfung nach § 46 Abs. 2 BBiG (alt) werden direkt in die Handwerksrolle eingetragen. Die Feststellung trifft die jeweilige HWK.
  • Ausübungsberechtigung nach § 7a HWO
Diese Berechtigung gilt für Antragsteller, die bereits mit einem Handwerk in der
Handwerksrolle eingetragen sind. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen eine
Ausübungsberechtigung erhalten
  • Altgesellenregelung nach § 7b HwO
Auch Gesellen können sich nach sechs Jahren praktischer Tätigkeit in dem betreffenden
Handwerk, davon vier Jahre in leitender Position, selbstständig machen (Altgesellenregelung).
Sie erhalten eine sog. Ausübungsberechtigung. Ausgenommen hiervon sind jedoch
Schornsteinfeger und die „Gesundheitshandwerke“.
  • Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO
Eine solche Ausnahmebewilligung kann erteilt werden, wenn meistergleiche Kenntnisse und Fertigkeiten (im praktischen, fachtheoretischen und betriebswirtschaftlichen Teil)
nachgewiesen werden und die Ablegung der Meisterprüfung eine unzumutbare Belastung für den Antragsteller bedeuten würde.
  • Ausnahmebewilligung nach § 9 Abs. 1 HwO i.V.m. EU/EWR-Handwerk-Verordnung
Diese Bewilligung steht u.a. Personen offen, welche in einem anderen EU/EWR-Land oder der Schweiz z.B. sechs Jahre selbstständig tätig waren oder bei einer Tätigkeit von weniger als sechs Jahren noch eine wenigstens dreijährige staatlich anerkannte Ausbildung nachweisen können.

Hinweis: Bei Unternehmen aus dem EU/EWR-Bereich und der Schweiz, die berechtigt vom Herkunftsland aus Dienst- und Werkleistungen über die Grenze erbringen, genügt die erteilte Bescheinigung nach § 9 Abs. 2 HwO. Wegen der Voraussetzungen zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung sollte man sich direkt mit der örtlich zuständigen HwK in Verbindung setzen.


  • Betriebsleiter
            Wer einen zulassungspflichtigen Handwerksbetrieb eröffnen will und nicht über die Meisterprüfung oder eine der oben genannten Voraussetzungen verfügt, hat die Möglichkeit einen Meister als Betriebsleiter einzustellen. An den entsprechenden Anstellungsvertrag werden jedoch von der HWK gewisse Anforderungen geknüpft. Aus dem Vertrag muss sich ergeben, dass der Betriebsleiter dem Unternehmen während der üblichen Arbeitszeit zur Verfügung steht. Die Arbeitszeit und das Gehalt müssen dem entsprechenden Tarifvertrag oder der Branchenüblichkeit entsprechen.

Tipp: Die Ausübungsberechtigung bzw. Ausnahmebewilligung kann u.U. auch auf einen Teilbereich des einschlägigen Handwerks beschränkt werden.

Achtung: Erst die Erteilung der Ausnahmebewilligung oder Ausübungsberechtigung und die daraufhin erfolgte Eintragung in die Handwerksrolle berechtigen zur Handwerksausübung! Die Antragstellung allein reicht nicht. Ebenso wenig genügt die bloße Anstellung eines Betriebsleiters ohne dessen Eintragung in die Handwerksrolle

Sonderformen

Betriebe, die sowohl IHK-zugehörige Tätigkeiten (z. B. Industrie, Handel oder Dienstleistungen) als auch handwerkliche Tätigkeiten ausüben, werden als Mischbetriebe bezeichnet. Sie gehören mit ihrem jeweiligen Betriebsteil der IHK und der HWK an. Die Beitragsveranlagung erfolgt auf der Grundlage von § 3 IHKG und § 113 HwO.

Handwerklicher Nebenbetrieb:

Einen Unterfall des Mischbetriebs bildet der sog. handwerkliche Nebenbetrieb. Wenn ein in der Schwerpunkttätigkeit IHK-zugehöriger Betrieb (z. B. des Handels) auch zulassungspflichtige handwerkliche Tätigkeiten in mehr als unerheblichem Umfang ausüben will, liegt ein in der Handwerksrolle einzutragender zulassungspflichtiger handwerklicher Nebenbetrieb vor. Ein solcher ist z. B. gegeben, wenn ein Kfz-Händler auch
Kfz-Reparaturen für Dritte ausführen will.

Voraussetzung für einen Nebenbetrieb ist, dass
• in Verbindung mit einem als Hauptunternehmen übergeordneten anderen Betrieb
(organisatorisch, fachlich und wirtschaftlich),
• Waren zum Absatz an Dritte oder Leistungen für Dritte,
• handwerksmäßig hergestellt oder bewirkt werden, und zwar
• in mehr als unerheblichem Umfang und
• nicht im Rahmen eines Hilfsbetriebs.

Der Nebenbetrieb muss mit einem anderen Unternehmen oder einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung verbunden sein und gegenüber diesem Unternehmensanteil nur untergeordnete Bedeutung haben. Als zusätzlich qualifizierendes Merkmal der Verbundenheit wird weiterhin verlangt, dass Haupt- und Nebenbetrieb in einem wirtschaftlich-fachlichen Zusammenhang stehen müssen, dass es also eine gewisse innere Notwendigkeit für die organische Zusammengehörigkeit der beiden Betriebsteile gibt. Fehlt dieser Zusammenhang, liegt kein Nebenbetrieb vor, sondern es handelt sich um zwei verschiedene Betriebe (Beispiel: Friseurbetrieb neben Gastwirtschaft) und damit um einen Mischbetrieb.
Der Nebenbetrieb dient den wirtschaftlich-unternehmerischen Zwecken des Hauptunternehmens. Seine Leistung soll dazu beitragen, die Wirtschaftlichkeit und den Gewinn des Hauptbetriebs zu steigern. Es muss aus Sicht des Kunden eine sinnvolle Ergänzung des betrieblichen Leistungsangebots sein.
Die Vorschriften der HwO finden auf die betreffende Tätigkeit im Nebenbetrieb nur dann keine Anwendung, wenn der Leistungsaustausch mit Dritten „in unerheblichem Umfang“ ausgeübt wird. Als Maßstab dieser Unerheblichkeit legt § 3 Abs. 2 HwO fest, dass die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden Betriebes des betreffenden Handwerkszweigs nicht überschritten werden darf, und zwar während eines Jahres (ca. 1664 Stunden/Jahr). Diese Grenze gilt grundsätzlich auch für Ein-Mann-Betriebe. Zudem können in einem unerheblichen Nebenbetrieb mehrere Handwerke ausgeübt werden.

Hilfsbetrieb

Der Hilfsbetrieb ist ebenfalls mit einem Hauptunternehmen verbunden. Fachliche Beziehungen zwischen Haupt- und Hilfsbetrieb sind jedoch kein zwingendes Erfordernis. Wesentlicher Unterschied zum Nebenbetrieb ist, dass der Hilfsbetrieb seine Leistungen regelmäßig nicht für Dritte, sondern für das Hauptunternehmen erbringt und dass ein Leistungsaustausch mit Dritten nur in den Grenzen des § 3 Abs. 3 Nr. 2 HwO stattfindet. Ein Hilfsbetrieb muss aber der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des Hauptbetriebes dienen.

Beispiel: Ein nicht handwerksrollenpflichtiger Hilfsbetrieb liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn ein Autovermieter seine Fahrzeugflotte durch eine eigene Reparaturwerkstatt in Ordnung hält. Es dürfen dann allerdings keine Fremdfahrzeuge repariert werden. Der Hilfsbetrieb darf keinen unmittelbaren Zugang zum Markt haben und nur den Hauptbetrieb beliefern.

Ein Hilfsbetrieb liegt danach auch vor, wenn alternativ Leistungen für Dritte erbracht
werden, wenn sie
• zur gebrauchsfertigen Überlassung üblich sind,
• in unentgeltlichen Pflege-, Installations-, Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten bestehen,
• in entgeltlichen Pflege-, Installations-, Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten an solchen Gegenständen bestehen, die in dem Hauptbetrieb selbst hergestellt worden sind oder für die der Hauptbetrieb als Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes gilt.

Hinweis: Hersteller ist nach dieser Definition, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat oder wer sich durch Anbringung seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt. Ferner gilt als Hersteller, wer ein Produkt zum Zwecke des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einführt oder verbringt.

Wie bei einem unerheblichen Nebenbetrieb ist auch in einem Hilfsbetrieb eine Meisterprüfung nicht erforderlich. Eine Handwerksrolleneintragung erübrigt sich. Anders als im unerheblichen Nebenbetrieb gibt es hier keine quantitative Beschränkung nach der
Arbeitszeit.

Reisegewerbe:

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 27. September 2000 entschieden, dass grundsätzlich jedes handwerkliche Gewerbe auch im Reisegewerbe ausgeübt werden kann. Hierauf ist dann die HwO nicht anwendbar, weil sie nur für stehende Gewerbe gilt. Damit dürfen im Reisegewerbe zulassungspflichtige handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt werden, ohne dass der Meistervorbehalt gilt. Hiervon gibt es allerdings gesetzliche Ausnahmen.
Ausschlaggebendes Kriterium zur Unterscheidung vom stehenden Gewerbe und damit der Anwendung der HwO ist allein, dass im Reisegewerbe der Gewerbetreibende seine Aufträge durch das Aufsuchen des Kunden direkt erhält. Er muss also die Initiative zur Erbringung seiner Leistung gegenüber dem Kunden ergreifen. Der Unternehmer kommt also (unangemeldet) zum möglichen Kunden. Daher ist z. B. die Verwendung von Werbeflyern mit entsprechenden Kontaktdaten nicht zulässig. Beim stehenden Gewerbe kommt der Kunde zum Unternehmer, sei es auch nur telefonisch.

Abgrenzung zur Industrie:

Das Vorliegen einer handwerksmäßigen oder nichthandwerksmäßigen Betriebsform kann nur nach dem Gesamtbild des jeweiligen Betriebes auf Grund des aktuellen Entwicklungsstandes und der jeweiligen Branchenüblichkeit beurteilt werden. Die Prüfung ist anhand der nachfolgenden, von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien vorzunehmen. Entscheidend ist immer die Bewertung im Einzelfall.
Wichtig ist, dass meist keines der folgenden Merkmale allein ausreicht. Umgekehrt müssen nicht sämtliche Merkmale für das Abgrenzungsergebnis erfüllt sein. Dabei reicht es nicht aus, ausgeübte Tätigkeiten verbal als „nichthandwerklich“ oder „industrielle Fertigung“ zu
bezeichnen, um die Handwerksrollenpflicht zu vermeiden, sondern es kommt darauf an, dass industrielle Fertigungsansätze auch tatsächlich gegeben sind.

  • Technische Betriebsausstattung:
Ein umfangreicher Maschineneinsatz, der für handwerkliche Arbeiten kaum noch Raum
lässt, spricht für eine industrielle Betriebsweise. Auf einen Handwerksbetrieb deutet es
hingegen hin, wenn Maschinen lediglich zur Erleichterung und Unterstützung der
Handarbeit eingesetzt werden.
  • Arbeitsteilung/Spezialisierung:
Während in einem Handwerksbetrieb ein Mitarbeiter in allen Phasen mit der Herstellung
eines handwerklichen Produktes befasst ist, spricht für einen Industriebetrieb die weitgehende Arbeitsteilung in der Form, dass von den einzelnen Arbeitskräften nur
bestimmte, meist wiederkehrende, eng begrenzte Teilarbeiten auszuführen sind.
  • Fachliche Qualifikation der Mitarbeiter:
Die Mitarbeiter in Handwerksbetrieben sind üblicherweise so ausgebildet, dass sie im
Wesentlichen alle im Betrieb anfallenden Arbeiten ausführen und daher innerhalb des
Betriebs gegeneinander ausgewechselt werden können. In einem Industriebetrieb sind die einzelnen Mitarbeiter jedoch oft nur mit einzelnen Arbeitsgängen vertraut und nicht ohne Weiteres gegeneinander auswechselbar. Entscheidend ist, ob und in welchem Umfang der Einsatz umfassend fachlich qualifizierter Arbeitskräfte des Handwerks erforderlich ist.
  • Anforderungen an Betriebsinhaber/ Überschaubarkeit des Betriebs:
Die persönliche Mitarbeit des Betriebsinhabers im handwerklich-fachlichen Bereich kann
ein weiteres Indiz für das Vorliegen eines Handwerksbetriebs sein. Wesentlich ist, ob der
Betriebsinhaber aufgrund der Organisation des Betriebes objektiv in der Lage ist, die Arbeit seiner Mitarbeiter im Einzelnen zu überwachen, um ihnen ggf. Anweisungen zu erteilen. Dabei ist es unwesentlich, ob dies auch tatsächlich erfolgt. Wenn diese persönliche Einflussnahme aufgrund der Betriebsstruktur unmöglich ist, verliert das Erfordernis der Handwerksordnung, dass grundsätzlich der Betriebsinhaber in eigener Person die fachliche Qualifikation, z.B. die Meisterprüfung nachweisen muss, seinen Sinn und damit auch seine Berechtigung.
  • Betriebsgröße:
Sie wird gemessen an der räumlichen Ausdehnung des Betriebes, der Zahl der Mitarbeiter, der Höhe des Umsatzes und des Kapitaleinsatzes. Die Betriebsgröße, insbesondere die Zahl der Mitarbeiter, ist dafür entscheidend, ob der Betriebsinhaber noch in eigener Person im gewerblich-technischen Bereich insgesamt bestimmten Einfluss ausüben kann. Diese persönliche Einflussnahme gehört nach herkömmlichem Verständnis zur handwerksmäßigen Betriebsform.
  • Fertigungsart:
Für einen Handwerksbetrieb ist es in der Regel typisch, dass Einzelanfertigungen aufgrund individueller Bestellungen vorgenommen werden. Das Merkmal der industriellen Betriebsweise ist hingegen üblicherweise erfüllt bei Massenfertigungen für einen „anonymen Markt“ oder bei einer Produktion auf Lager.

Kunst

Zwischen künstlerischen Tätigkeiten und Handwerk kann es ebenfalls Abgrenzungsfragen geben. Für die Abgrenzung künstlerischer von gewerblicher Tätigkeit geht die Rechtsprechung in der Regel von einer Einteilung in Kunst und Kunstgewerbe/Kunsthandwerk aus.
Bei der Einstufung als künstlerische Tätigkeit ist entscheidend, welche schöpferische und gestaltende Leistung erbracht wird. Dabei kommt es auf die individuelle Gestaltungskraft und Anschauungsweise des Herstellers der Werke an; es müssen die Techniken der Kunstart beherrscht werden und ein künstlerischer Gestaltungsgrad erreicht werden.
Indizien für eine künstlerische Anerkennung sind:
• Einstufung der Arbeiten als eigenschöpferische Leistung des Schaffenden,
• hinreichende Beherrschung der Technik der betreffenden Kunstart,
• künstlerische Gestaltungshöhe,
• Hervorbringen von Gegenständen und Gestaltungen nach persönlichen und nicht
nach erlernbaren Begabungen,
• Ausbildung mit Abschluss an einer Akademie für bildende Künste oder ein
ähnlicher Abschluss,
• selbstständige künstlerische, wissenschaftliche und geistige Fähigkeiten bei der
Schaffung von Gegenständen und Gestaltung ohne Einsatz von Hilfs- und Fachkräften,
• Fertigung von Einzelgegenständen und Gestaltung statt wiederholter Serienfertigung,
• Vorhandensein eines künstlerischen Ateliers statt einer gewerblichen Werkstatt,
• Absatz der geschaffenen Gegenstände und Gestaltungen in Galerien, auf Kunstausstellungen und Kunstmessen im Gegensatz zum Verkauf in Läden oder Boutiquen und auch sonst gewerblichen Absatzplätzen.

Werbung für Tätigkeiten


Handwerkliche Leistungen erfordern eine entsprechende besondere Qualifikation. Deshalb muss derjenige, der solche Leistungen anbietet und bewirbt auch tatsächlich entsprechend qualifiziert sein. Unlauter nach dem Wettbewerbsrecht handelt, wer sich durch das bewusste und planmäßige Hinwegsetzen über die HwO einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Werbung Aussagen enthält, die inhaltlich nicht mehr dem durch die HwO vorgegebenen Rahmen entsprechen (Irreführung). Zuwiderhandlungen gegen die HwO werden in vielen Fällen zugleich als Irreführung über betriebliche Verhältnisse und/oder die Qualifikation des Betriebes bzw. des Inhabers ausgelegt.
Im Einzelnen gilt:
  • Bei handwerksähnlichen Betrieben dürfen keine Missverständnisse über den
Betriebscharakter entstehen.
  • Hilfsbetriebe dürfen nicht werblich in Erscheinung treten.
  • Anders als der handwerkliche Hilfsbetrieb unterliegt der unerhebliche handwerkliche
Nebenbetrieb keinem Werbeverbot, sondern einer Werbebeschränkung. Maßgeblich
ist, dass über Art und Umfang und/oder Qualifikation des Betriebes keine
Missverständnisse aufkommen. Deshalb muss sich die Werbung eines solchen Betriebs
in deutlicher Form von der Werbung eines Handwerksbetriebes unterscheiden. Weil
die Werbung aus der Sicht des Verbrauchers zu beurteilen ist, bereitet die Abgrenzung
in der Praxis oft erhebliche Schwierigkeiten. In bestimmten Fällen führt dies sogar zu
einem faktischen Werbeverbot: Denn die Werbung mit dem ausdrücklichen Hinweis,
dass Leistungen lediglich im Rahmen eines handwerklichen Nebenbetriebs
unerheblichen Umfangs erbracht werden, also nicht von einem eingetragenen
(qualifizierten) Meisterbetrieb, ist in vielen Fällen zu umständlich und gibt oft selbst
Anlass zu nicht gewollten Missverständnissen. Deshalb sollte sich derjenige, der neben
einem Handelsbetrieb auch handwerkliche Tätigkeiten erbringt, mit der Werbung
dafür vorsehen. Entsteht nämlich der Eindruck eines Handwerksbetriebes, droht die
Abmahnung wegen Irreführung.

Rechtsfolgen bei Verstößen


Wird der Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks unter Nichtbeachtung der HwO-Vorschriften ausgeübt, kann das Gewerbeamt von Amts wegen oder auf Antrag der HWK die Fortsetzung des Betriebes untersagen (§ 16 Abs. 3 HwO). Die Ausübung des untersagten Gewerbes kann beispielsweise durch die Schließung der Betriebs- und Geschäftsräume verhindert werden (§ 16 Abs. 9 HwO). 
Darüber hinaus stellt die Ausführung zulassungspflichtiger handwerklicher Tätigkeiten, ohne dass der erforderliche Eintrag in die Handwerksrolle besteht, auch eine Ordnungswidrigkeit nach § 117 HwO dar, die mit einer Geldbuße von bis zu EUR 10.000 strafbewehrt ist.
Nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit kann des Weiteren gegen denjenigen, der handwerkliche Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang als stehendes Gewerbe ohne den erforderlichen Eintrag in die Handwerksrolle erbringt, ein Bußgeld von bis zu EUR 50.000 verhängt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e i.V.m. Abs. 6 SchwarzArbG).

Rückvermeisterung bestimmter zulassungsfreier Berufe Anlage A


Seit der Lockerung der Handwerkszulassungen im Jahr 2004 entfiel für viele Handwerksberufe die Pflicht zur Ablegung einer Meisterprüfung. Seit 14. Februar 2020 besteht für einige dieser Berufe wieder die Meisterpflicht.
Alle zulassungspflichtigen Handwerksberufe sind nun in Anlage A der HwO aufgelistet.
Die Meisterpflicht gilt vor allem für Unternehmensgründungen ab 2020. Wer ein Unternehmen mit den nun in der Anlage A aufgeführten handwerklichen Tätigkeiten gründen will ohne einen Meisterbrief zu haben, muss auf Alternativen zurückgreifen (z.B. Einstellung eines Betriebsleiters mit Meisterbrief). Darüber hinaus sind von diesen Regelungen auch solche Unternehmen betroffen, die schon bisher der Handwerkskammer angehört haben. Unternehmen, die bisher ausschließlich IHK-zugehörig sind, können ebenfalls betroffen sein.
Ferner ist die Eintragung in die Handwerksrolle zusätzlich mit einer Mitgliedschaft bei der Handwerkskammer und einer grundsätzlichen Beitragspflicht verbunden. Eine Beitragspflicht bei der IHK besteht für gemischt-gewerbliche Unternehmen erst, wenn der Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils über 130.000 € im Jahr beträgt.

Bestandsschutz

Für bereits bestehende Unternehmen ist eine Bestandschutzregelung in § 126 HwO vorgesehen. Der Unternehmer muss sich weder um Fortbestand seines Betriebes noch vor einer Pflicht zur Nachprüfung fürchten. Zwar führt die Wiedereinführung der Meisterpflicht dazu, dass Unternehmen weiterhin ihre handwerkliche Tätigkeit ausüben können und dürfen, sie mussten  aber innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung einen Antrag auf Eintragung in die Handwerksrolle stellen. Das Gesetz ist am 14. Februar 2020 in Kraft getreten. Darüber hinaus war ein Nachweis über die Ausübung der handwerklichen Tätigkeit vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung vorzulegen.
Der Bestandsschutz soll zudem nicht personenbezogen, sondern betriebsbezogen sein. Das bedeutet, dass beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus dem Unternehmen oder Veränderung der Höhe der Anteile des jeweiligen Gesellschafters der Bestandsschutz fortbesteht. Bei Änderung der personellen Zusammensetzung des Unternehmens, wie Aufnahme eines neuen Gesellschafters oder Übernahme der Gesellschaft, kann es jedoch keinen Bestandsschutz geben. Dies gilt auch bei Zerschlagung von Gesellschaften.

Hinweis: Diese Informationen richten sich an Mitgliedsunternehmen der IHK Potsdam und an Personen, die eine Unternehmensgründung im Kammerbezirk Potsdam anstreben. Es soll - als Service Ihrer IHK Potsdam - nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.