Was erwartet die Wirtschaft von Schulabgängern?
Diese Frage wird immer wieder gestellt – nicht nur von jungen Menschen, die eine betriebliche Ausbildung aufnehmen möchten, sondern auch von ihren Eltern und Lehrern. Bei der Vorbereitung für Ausbildung und Beruf ist vor allem eines wichtig: frühzeitig damit anzufangen – denn alles braucht seine Zeit. Nachfolgend werden Minimalanforderungen als Orientierungshilfe für Lehrende und Lernende beschrieben.
Welche Kenntnisse und Fertigkeiten sind wichtig?
Im Kern geht es um Basiskenntnisse und -fertigkeiten, um Sozialverhalten sowie um Grundhaltungen und Einstellungen, die für Arbeit und Beruf wichtig sind. Eigentlich nichts Außergewöhnliches; und doch muss es immer wieder gesagt werden. Die Unternehmen müssen sich darauf verlassen können, dass Elternhaus und Schule eine stabile Grundlage geschaffen haben, auf der die Ausbildung ohne größere Probleme aufbauen kann. Mit anderen Worten:
- Beim Einstieg in das Berufsleben muss das schulische Grundwissen vorhanden sein
- Ohne ein positiv entwickeltes Sozialverhalten kommt in Wirtschaft und Gesellschaft niemand zurecht
- Über Grundwerte und persönliche Einstellungen kann man nicht erst in der Ausbildung nachdenken.
Selbstverständlich erwartet kein Ausbilder und kein Berufsschullehrer, dass die Schulabgänger das Wissen und Können von "alten Hasen" mitbringen. Die Persönlichkeit ebenso wie das Spektrum an Wissen und Können eines jungen Menschen soll – und muss – sich weiterentwickeln können; und natürlich braucht man Freiraum, um Erfahrung erst einmal zu sammeln. Nur: Ohne ein solides Fundament wird es unnötig schwer.
Was sind die Basiskenntnisse?
In Deutschland gibt es rund 350 Ausbildungsberufe und mit ihnen eine breite Variation von Inhalten und Anforderungen. Bei aller Verschiedenheit und fachlichen Differenzierung setzen sie jedoch dieselben Basiskenntnisse voraus. Dies sind im Wesentlichen:
Grundlegende Beherrschung der deutschen Sprache
- einfache Sachverhalte aufnehmen und in Wort und Schrift wiedergeben
- klare Sprache, verständliche Formulierungen
- einfache Texte fehlerfrei schreiben
- Rechtschreibung und Grammatik
- verschiedene Sprachebenen und -stile unterscheiden und korrekt anwenden (Fachsprache und gehobene Sprache, Alltags- und Umgangssprache, Jargon)
- situationsgerechte Sprache
Beherrschung einfacher Rechentechniken
- Grundrechenarten
- Dezimalzahlen und Brüche
- Maßeinheiten
- Dreisatz und Prozentrechnen
- Berechnung von Fläche, Volumen und Masse
- Grundlagen der Geometrie
- Textaufgaben verstehen
- Die wichtigsten Formeln kennen und anwenden
- Mit dem Taschenrechner umgehen können.
Grundlegende naturwissenschaftliche Kenntnisse
- Schulform- und altersgerechte Grundkenntnisse in Physik, Chemie, Biologie und Technik,
- naturwissenschaftliche Phänomene erkennen und auch in Zusammenhängen verstehen,
- moderne Technik verstehen und eine positive Grundeinstellung dazu entwickeln.
Grundkenntnisse wirtschaftlicher Zusammenhänge
Hinführung zur Arbeitswelt – auch durch Schülerbetriebspraktika.
- Wie funktioniert das marktwirtschaftliche System?
- Welche Rolle spielen die Unternehmen, der Staat, die Tarifparteien und die privaten Haushalte als wesentliche Akteure im Rahmen unserer Wirtschaftsordnung?
Grundkenntnisse in Englisch
Englisch ist Weltsprache. Schulabgänger sollten wenigstens über Grundkenntnisse verfügen. Dazu gehört:
- einfache Sachverhalte in Englisch ausdrücken,
- die Fremdsprache in normalen – auch beruflichen – Alltagssituationen zur Verständigung anwenden.
Grundkenntnisse im IT-Bereich
Die modernen Informations- und Kommunikationstechnik hat inzwischen ihren festen Platz in der Lebens- und Arbeitswelt. Daher sollten junge Menschen:
- frühzeitig ein Verständnis für moderne Technik und Technologie entwickeln,
- über Grundkenntnisse in der PC-Anwendung verfügen,
- zu einem reflektierten Umgang mit Technik und Medien angeleitet werden.
Basiskenntnisse unserer Kultur
Das heißt Wurzeln und Entwicklung der deutschen (Kultur-)Geschichte kennen und verstehen:
- die wichtigsten Etappen der deutschen und der europäischen Geschichte sowie der Weltgeschichte,
- gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen und Systeme,
- ethische Grundsätze,
- Grundzüge der Weltreligionen und religiöse Ursprünge unserer Kultur.
Welche sozialen Kompetenzen werden vorausgesetzt?
- Kooperationsbereitschaft - Teamfähigkeit
Der Erfolg des Unternehmens hängt immer auch vom Willen der Beschäftigen zur Zusammenarbeit ab. Jeder einzelne Mitarbeiter ist aufgefordert, Informationen auszutauschen, Erfahrungen weiterzugeben und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. In der Schule sind z. B. Gruppen- und Projektarbeit wichtig, um das Miteinander zu fördern und Teamgeist zu entwickeln. - Höflichkeit - Freundlichkeit
Wer freundlich ist, hat schneller und leichter Erfolg. Dies gilt für die Beziehungen des Unternehmens nach außen (Kunden, Lieferanten, Öffentlichkeit) natürlich genauso wie für ein gutes Betriebsklima im Innern. Schon auf dem Schulhof und im Klassenzimmer sollte kein Raum sein für ruppiges, aggressives oder in anderer Weise unhöfliches Verhalten - Konfliktfähigkeit
Unterschiedliche Meinungen, Haltungen und Ansichten werden immer auch zu Differenzen führen. Sie sollten jedoch friedlich und konstruktiv bewältigt werden.Das setzt Sprach- und Argumentationsvermögen ebenso voraus wie die Fähigkeit, mit persönlicher Verärgerung und mit Widersprüchen umgehen zu können. Der Schulunterricht bietet ideale Voraussetzungen, um das Diskutieren und Argumentieren an wechselnden Themen und Inhalten zu üben. - Toleranz
Für ein offenes Miteinander von Menschen ist es wichtig, auch Meinungen und Ansichten gelten zu lassen, die von der eigenen Haltung abweichen. Allerdings müssen sie mit der demokratischen Grundordnung und den Menschenrechten vereinbar sein. Im Unternehmen sind Toleranzgrenzen dann erreicht, wenn der Betriebsfrieden gefährdet ist oder wenn Produktivität und Leistung verweigert werden. Elternhaus und Schule sind gleichermaßen verantwortlich, Kinder und Jugendliche bei der Entwicklung einer gesunden, reflektierenden Toleranz anzuleiten.
Warum Grundhaltung und Wertevorstellungen wichtig sind?
Neben der fachlichen und der sozialen Kompetenz sind eine Reihe von Grundhaltungen und Werteinstellungen im Arbeitsleben wichtig.
- Zuverlässigkeit
Wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Zusammenarbeit und das Erreichen von Zielen. Man muss sich darauf verlassen können, dass die Jugendlichen die ihnen übertragenen Aufgaben ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend wahrnehmen – auch unter widrigen Umständen und ohne ständige Überwachung oder Kontrolle. - Lern- und Leistungsbereitschaft
Grundbedingung für eine erfolgreiche Ausbildung. Ausbildung, Beruf und Arbeit sind nicht notwendige Übel, sondern wichtige Bausteine des eigenen Lebens. Freude an der Arbeit und Erfolg im Beruf tragen zu einer positiven Lebenseinstellung und individueller Zufriedenheit bei. Jugendliche sollten von der Schule Neugier und Lust auf Neues mitbringen und diese Eigenschaften in der Ausbildung weiter entwickeln. - Ausdauer – Durchhaltevermögen – Belastbarkeit
Wichtig, um mit Misserfolgen fertig zu werden. Im (Berufs-)Leben kann nicht immer alles glatt gehen. Aber auch Belastungen und Enttäuschung muss man aushalten können. Nicht zuletzt stärkt dies das Selbstvertrauen. In Elternhaus und Schule sollten die Jugendlichen gelernt haben, nicht gleich aufzugeben, wenn sich der gewünschte Erfolg nicht sofort odergar nicht einstellt. - Sorgfalt – Gewissenhaftigkeit
Man kann nicht immer "Fünf gerade sein lassen". Die Aufgaben und Tätigkeiten im Unternehmen erfordern Genauigkeit und Ernsthaftigkeit. Durch Flüchtigkeit kann großer Schaden entstehen. Wer dagegen mit Disziplin und Ordnungssinn pünktlich an die Arbeit geht, der ist gut gerüstet und braucht sich keine Sorgen zu machen. - Konzentrationsfähigkeit
Keine Leistung ohne Konzentration. Es ist so einfach, sich ablenken zu lassen. Aber es ist auch notwendig, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Das muss man wollen und können. Beides lässt sich mit gutem Erfolg trainieren. Die Schule ist dabei ein wichtiger Partner - Verantwortungsbereitschaft – Selbstständigkeit
Man muss für das, was man tut, einstehen – auch dann, wenn es einmal misslingt. Erfahrung gibt Sicherheit für selbstständiges Denken und Handeln. Die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, wächst mit zunehmender Reife. Ansätze müssen jedoch mit dem Eintritt in Ausbildung schon vorhanden sein. Wo kämen wir hin, wenn jeder das, was ihm unangenehm oder lästig ist, auf andere abschieben würde? - Fähigkeit zu Kritik und Selbstkritik
Nobody is perfect. Wer die Fähigkeit zur Kritik hat, kann Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden. Er erkennt aus der Sache heraus, ob etwas zu befürworten oder abzulehnen ist. Genauso wichtig ist auch die Fähigkeit, das eigene Tun kritisch zu hinterfragen, Fehler einzusehen und sie korrigieren zuwollen. - Kreativität und Flexibilität
Im Beruf muss jeder mitdenken. Wer ideenreich und aufgeschlossen ist, hat es einfacher – auch und gerade bei der Lösung von Problemen. "Frischer Wind" hilft, die täglichen Aufgaben oder die Organisation des eigenen Arbeitsplatzes positiv zu verändern. Übrigens: Wer kreativ und flexibel ist, kann sich leichter und schneller in neue Aufgaben einarbeiten.