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Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderung

Das Berufsbildungsgesetz verlangt eine Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse behinderter Menschen in der Ausbildung und bei Prüfungen. Ziel dessen ist, die Einbeziehung von Menschen mit Behinderung in das System der Berufsbildung zu fördern und dem verfassungsrechtlichen Teilhabegebot Genüge zu tun (§§ 65 ff. BBiG, § 16 der Prüfungsordnung für die Durchführung von Abschluss- und Umschulungsprüfungen der Industrie- und Handelskammer Potsdam).

Wer kann einen Antrag auf Nachteilsausgleich stellen?

Antragsberechtigt sind Prüflinge, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate vom typischen Zustand abweicht und somit eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

Welche Nachteilsausgleiche sind möglich?

Nach den Empfehlungen des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung vom 24. Mai 1985 können Belange von Menschen mit Behinderung durch eine besondere Organisation und Gestaltung der Prüfung sowie durch die Zulassung spezieller Hilfen berücksichtigt werden.

Beispiele für Nachteilsausgleiche:
  • Änderungen bei der Prüfungs-Zeit, z. B. Zeit-Verlängerung, längere Pausen
  • Änderungen der Prüfungs-Form, z. B. schriftliche Prüfung statt mündlicher Prüfung
  • technische Hilfen, z. B. Seh-Hilfen oder besondere Apparaturen für Prüfungsteilnehmer mit Körperbehinderungen
  • Hilfen durch Personen, z. B. eine Vertrauensperson, Schreibhilfen, Lesehilfen

Wie ist der Antrag zu stellen?

Für die Beantragung eines Nachteilsausgleiches ist das Formular “Antrag zur Gewährung besonderer Hilfen zum Nachteilsausgleich“ an die IHK Potsdam zu senden. Dem Antrag sind Unterlagen beizufügen, anhand derer die IHK das Vorliegen einer Behinderung und die Art der Behinderung nachprüfen kann (siehe hierzu Punkt 5.).

Wann ist der Antrag zu stellen?

Die Antragsstellung auf Nachteilsausgleich erfolgt grundsätzlich mit der Anmeldung zur Prüfung. Die Anmeldefristen für die Ausbildungsprüfungen sind:
Frühjahr 15. November | Sommer 1. Februar | Herbst 15. Mai | Winter 01. September
Die Anmeldefristen für die Weiterbildungsprüfungen entnehmen Sie bitte der entsprechenden Webseite.

Welche Unterlagen sind dem Antrag beizufügen?

Die IHK muss als zuständige Stelle feststellen, ob und in welcher Form ein Nachteilsausgleich erfolgen kann. Dazu ist eine aktuelle ärztliche Bescheinigung/Gutachten des behandelnden Facharztes/Psychologen/ ärztlichen Psychotherapeuten beizulegen, aus dem sich Art und Schwere der Behinderung ergeben.
Das Gutachten muss die Symptome der Erkrankung/Behinderung und die Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit so ausführlich beschreiben, dass eine Beurteilung ohne Nachfrage ermöglicht wird. Die Beantwortung der Rechtsfrage, ob die nachgewiesene gesundheitliche Beeinträchtigung einen bestimmten Nachteilsausgleich rechtfertigt, ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Arztes.

Das Gutachten soll folgenden Inhalt haben:
  • Name, Geburtsdatum und Adresse der untersuchten Person
  • voraussichtliche Dauer der Krankheit
  • medizinische Befundtatsachen / Krankheitssymptome
  • Art der sich aus der Krankheit ergebenden Beeinträchtigungen (Tatsachenfeststellung auf Grund eigener Wahrnehmung)
  • Untersuchungstag, Stempel und Unterschrift des Arztes.
Auf dem Antragsformular wird um eine ergänzende Einschätzung durch den Ausbildungsbetrieb/Arbeitgeber, die Berufsschule oder den Bildungsträger gebeten, um die Auswirkungen auf die Prüfungssituation abschätzen zu können.

Wie wird der Antrag bei der IHK bearbeitet?

Bei der Beurteilung des erforderlichen Nachteilsausgleiches werden die Umstände des jeweiligen Einzelfalls gewürdigt. Es werden nur Maßnahmen zugelassen, die behinderungsbedingte Benachteiligungen ausgleichen, nicht solche, die die Prüfung qualitativ verändern.
Der Prüfling erhält in der Regel spätestens vier Wochen vor der Prüfung eine schriftliche Antwort zur Art des gewährten Nachteilsausgleichs bzw. eine Begründung im Fall von Änderungen oder Ablehnung des beantragten Nachteilsausgleichs.

Erhalten Personen mit Migrationshintergrund bei mangelhaften Kenntnissen der deutschen Sprache einen Nachteilsausgleich?

Die Prüfungssprache ist Deutsch. Probleme mit der deutschen Sprache bei Personen mit Migrationshintergrund sind keine Behinderung im Sinne der oben genannten Gesetze und Vorschriften. Demzufolge ist in diesem Fall kein Nachteilsausgleich möglich.