IHK-Konjunkturumfrage Berlin-Brandenburg Jahresbeginn 2025

Konjunktur in Berlin & Brandenburg tritt auf der Stelle - Wettbewerbsfähigkeit lässt nach

Das Konjunkturklima bleibt kühl. Das ergibt die Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern in Berlin und Brandenburg zu Jahresbeginn 2025. Der Konjunkturklimaindex von Berlin und Brandenburg zählt 101 Punkte, nur einen Punkt mehr als im Herbst 2024 und damit nur einen Punkt über der Wachstumsschwelle von 100 Punkten. Das bedeutet aktuell Stillstand! In Berlin (Index 106) läuft es typischerweise besser als in Brandenburg (Index 92). Im Vergleich zum Vorjahr deutet der Brandenburger Index eine leichte Erholung aus einem starken Tief an (aktuell 4 Punkte mehr als im Vorjahr), während sich in Berlin ein Negativtrend abzeichnet (aktuell 8 Punkte weniger als im Vorjahr). Diese anhaltende Schwächephase der Berlin-Brandenburger Wirtschaft ist die längste seit 20 Jahren, sodass man mittlerweile von einer Strukturkrise sprechen kann, was zu viel Skepsis und Sorge bei den Unternehmen führt.
Nähere Informationen zu den Ergebnissen der Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn 2025 der IHKs in Berlin und Brandenburg finden Sie im ausführlichen Konjunkturbericht (PDF-Datei · 986 KB). Bei Fragen oder Anmerkungen wenden Sie sich gerne an die aufgeführten Ansprechpartner.

Der Konjunkturklimaindex errechnet sich aus der aktuellen Geschäftslage der Unternehmen sowie deren Erwartungen für die kommenden 12 Monate und spiegelt somit ein Gesamtbild der wirtschaftlichen Situation wider.

Geschäftslage und Geschäftserwartungen: Industrie schwächelt, Dienstleister bleiben stabil

Die Geschäftslage ist in den vergangenen Umfragen kontinuierlich gesunken. Dieser Abwärtstrend setzt sich fort, wenn auch in etwas abgeschwächter Form. Im Vergleich zum Herbst 2024 gibt es kaum Veränderungen mit einem leicht negativen Trend durch leicht zunehmende schlechte Geschäftslagen. Aktuell berichten etwas mehr Unternehmen von guten (33 %) als von schlechten (19 %) Geschäftslagen in Berlin und Brandenburg. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Unternehmen überwiegend skeptisch in die Zukunft blicken. Etwas mehr als ein Viertel der Unternehmen in Berlin Brandenburg hat schlechte Geschäftserwartungen und nur 16 Prozent gute Erwartungen (Saldo -11 Punkte). Die Skepsis verfestigt sich. Insbesondere in Brandenburg bleibt der Wert negativer Erwartungen unverändert hoch (34 %) und ist höher als in Berlin in fast allen Branchen bis auf das Gastgewerbe, das in beiden Länder gleichermaßen pessimistisch ist.
  • Die Region ist von der bundesweiten Industriekrise nicht verschont. Die Industriebetriebe leiden in beiden Ländern unter schlecht laufenden Geschäften. In Berlin flauen die Geschäfte nach einem gut laufenden Herbst deutlich ab. In Brandenburg gehen zwar aktuell etwas mehr von befriedigenden statt schlechten Geschäftslagen aus als im Herbst, aber die Geschäfte laufen auch bei weniger Unternehmen gut (25 %). Demnach sind die Geschäftserwartungen in beiden Ländern gesunken mit einer Zunahme an schlechten Erwartungen insbesondere in Brandenburg.
  • Stark eingebrochen sind die Geschäfte seit dem Herbst in Brandenburger Verkehr- und Logistikunternehmen mit einem deutlichen Überhang an Unternehmen mit schlecht laufenden Geschäften (39%) und deutlich weniger Unternehmen mit gut laufenden Geschäften (minus 14 Prozentpunkte). In Berlin sieht es etwas besser aus. Dennoch geht in beiden Ländern nur ein sehr kleiner Anteil von einer Besserung in den kommenden Monaten aus (6 %).
  • Stabil bleiben die Dienstleister in beiden Ländern. Es gibt unverändert circa ein Drittel der Unternehmen gute Geschäftslagen an.
  • Trotz des zurückliegenden Weihnachtsgeschäfts stagnieren die Geschäfte bei den Händlern. In Berlin hoffen die Händler auf eine Beledbung der Geschäfte im Frühjahr, während Brandenburger Händler unverändert pessimistisch in die Zukunft blicken.
  • Dass den privaten Endverbrauchern, das Geld fehlt, merken auch die Gastronomen. Es geben deutlich mehr Unternehmen schlechte Geschäftslagen an als im Herbst. Der überwiegende Anteil der Berliner Gastronomen spricht von schlechten Geschäftslagen (40 %). Das führt zu trüber Stimmung, nur wenige Unternehmen der Berlin Brandenburger Unternehmen sind hoffnungsvoll (14 %). Die verbleibenden sind zu gleichen Teilen entweder pessimistisch oder gehen von Stagnation aus.
  • Auch beim Baugewerbe laufen die Geschäfte aktuell wieder schlechter. Nach einer kurzen Herbstbelebung folgt der Winter-Blues nun heftiger als vor der Energiekrise aufgrund der anhaltend angespannten Nachfragesituation.
Salden aus positiven und negativen Geschäftslagen bzw. Geschäftserwartungen zu Jahresbeginn 2025 (Negative Werte entsprechen einem Überhang an schlechten Geschäftslagen.)
🛒Industrie 🤝Dienstleistung 🏗 Baugewerbe 🛒Handel 🚚 Verkehr 🍴 Gastgewerbe
Geschäftslagen
Berlin Brandenburg 7,6 20,1 12,1 -6,2 -12,0 -9,4
Brandenburg 1,8 18,5 6,8 -5,3 -31,3 0,7
Berlin 15,3 21,0 18,4 -6,8 10,7 -16,8
Geschäftserwartungen
Berlin Brandenburg -16,4 -6,6 -21,8 -15,2 -29,5 -30,0
Brandenburg -29,5 -15,9 -38,2 -38,2 -40,4 -36,1
Berlin 0,6 -1,5 -3,2 0,5 -16,8 -25,5

Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung: Wettbewerbsfähigkeit des Standorts lässt nach

Jahrelang war der Fachkräftemangel abgesehen von akuten Krisen der Top-1 Risikofaktor für die Unternehmen in Berlin und Brandenburg. Dieser rutscht nun auf den dritten Platz angesichts anderer Herausforderungen (52 %). Das größte Risiko sind aktuell die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (66 %) gefolgt von den Arbeitskosten (55 %). Diese Verschiebung auch abseits externer Schocks weist auf strukturelle Belastungen hin. Bürokratielast, Investitionsstau in der Infrastruktur und steuerliche Belastungen machen den Unternehmern zu schaffen. Die untenstehende Tabelle zeigt, wo die jeweiligen Branchen in Brandenburg die größten Herausforderungen sehen. Brandenburger Unternehmen geben die wirtschaftspol. Rahmenbedingungen noch häufiger an als Berliner Unternehmen. Sie sind der Top-1 Risikofaktor in allen Brandenburger Branchen bis auf das Gastgewerbe. Für das Gastgewerbe in Berlin und Brandenburg sind die Energie- und Rohstoffpreise die größte Wirtschaftsbremse.
Übersicht der Top 3 der wirtschaftlichen Risiken in Brandenburg: Nennung durch Unternehmen in Prozent
🛒Industrie 🤝 Dienstleistung 🏗 Baugewerbe 🛒Handel 🚚 Verkehr 🍴 Gastgewerbe
Wirtschaftspol. Rahmenbed. (74) Wirtschaftspol. Rahmenbed. (70) Wirtschaftspol. Rahmenbed. (74) Wirtschaftspol. Rahmenbed. (70) Wirtschaftspol. Rahmenbed. (77) Energie- und Rohstoffpreise (78)
Energie- und Rohstoffpreise (64) Arbeitskosten (55) Fachkräftemangel (70) Energie- und Rohstoffpreise (65) Arbeitskosten (76) Arbeitskosten (77)
Inlandsabsatz (66) Fachkräftemangel (54) Energie- und Rohstoffpreise (60) Inlandsabsatz (58) Energie- und Rohstoffpreise (66) Wirtschaftspol. Rahmenbed. (68)

Wirtschaft in Berlin Brandenburg leidet unter Infrastrukturmängeln

Die Wettbewerbsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur wurde von den Unternehmen als unzureichend bewerten (Durchschnittsnote: 3,5 auf einer Skala von 1 [sehr gut] bis 5 [unzureichend]). Brandenburg schneidet dabei etwas schlechter ab als Berlin. Die Unternehmen wurden gefragt, wo sie die dringendsten Investitionsbedarfe in der Infrastruktur sehen und welche konkreten Auswirkungen Infrastrukturmängel für sie haben.
„Wirtschaft braucht Mobilität – doch hier klemmt es gewaltig. 59 Prozent der Unternehmen in Berlin und Brandenburg fordern mehr Investitionen in den ÖPNV, 54 Prozent in den Schienenpersonenverkehr und über 40 Prozent in Bundesstraßen und Autobahnen. Klare Sache: Eine moderne Infrastruktur entscheidet über Wettbewerbsfähigkeit. Verlässliche Verkehrswege sichern Fachkräfte, stabilisieren Lieferketten und stärken den Standort. Jetzt gilt es, die Investitionsbremsen zu lösen und Engpässe gezielt zu verhindern.“
(Monique Zweig, Hauptgeschäftsführerin der IHK Ostbrandenburg)

Dringendste Investitionsbedarfe:
  1. ÖPNV und Schienenverkehr (59 % bzw. 54 % der Unternehmen) – vor allem für die Erreichbarkeit von Fach- und Arbeitskräften essenziell
  2. Bundesstraßen und Autobahnen (über 40 %) – besonders für das Baugewerbe (60 %) und den Handel (50 %) wichtig
  3. Landesstraßen – von rund einem Drittel der Unternehmen als vorrangig eingestuft, besonders relevant für das Baugewerbe (47 %)
  4. Flugverkehr – nur für wenige Unternehmen relevant (9 % insgesamt, 19 % Berlin, 4 % Brandenburg), nur für 61 % von Bedeutung
Konkrete Auswirkungen von Infrastrukturmängeln:
  • 57 % sehen Probleme bei der Verfügbarkeit von Fachkräften, insbesondere das Gastgewerbe (67 %)
  • 44 % berichten von Kostensteigerungen und 37 % von Verzögerungen
  • Aktuell halten 7 % der Unternehmen Investitionen zurück, 15 % sehen Auftragsrückgänge – eine potenzielle Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung

Beschäftigungsabsichten: Arbeitsmarktdynamik kühlt ab

Der Saldo aus zunehmenden und abnehmenden Beschäftigungsplänen liegt zum Jahresbeginn bei minus einem Punkt, d.h. unterhalb der Wachstumsschwelle. Somit ist insgesamt mit einem Stillstand auf dem Arbeitsmarkt zu rechnen. Durch den weiterhin anhaltenden Fachkräftemangel halten die Unternehmen an ihrem Personal so lange wie möglich fest. Kapazitäten, um neues Personal einzustellen, gibt es eher nicht. In Brandenburg steigt der Saldo zwar auf einem niedrigem Niveau leicht an, minus 9 Punkte signalisieren aber weiterhin eher Stellenabbau. In Berlin fällt der Saldo ab und liegt knapp im positiven Bereich (4 Punkte).
Positive Signale sind von keiner Branche zu verzeichnen. In Brandenburg überwiegen in allen Branchen Unternehmen mit abnehmenden Beschäftigungsabsichten, besonders deutlich im Bau, Handel, Verkehr und Gastgewerbe. Im Vergleich zum Herbst geben aktuell deutlich mehr Bauunternehmen in Brandenburg an, über Personalentlassungen nachdenken zu müssen (29 %). Etwas weniger Gastronomen denken aktuell über neue Personaleinstellungen nach als im Herbst (5 %). In Berlin überwiegt bei Industrie, Dienstleistung und Bau der Anteil der Unternehmen mit zunehmenden Personalplänen. Die Beschäftigungsdynamik von Industrie und Dienstleistungsunternehmen lässt dennoch nach. Nachdem im Bau zuletzt deutlich mehr Bauunternehmen von einer Beschäftigungsabnahme ausgegangen waren, steigt der Saldo nun knapp in den positiven Bereich. Auch in Verkehr und Gastronomie zeichnen sich zunehmende Personalentwicklungen ab, aber insgesamt überwiegen weiterhin die Unternehmen mit abnehmenden Plänen. Beim Berliner Handel spitzt sich der Beschäftigungsabbau weiter zu.

Investitionen: Dienstleister planen mehr zu investieren

Insgesamt geben 60 % der Unternehmen an, zu investieren. Auch wenn dieser Wert aktuell wieder etwas höher ist als in den vorhergehenden Befragungen, ist insgesamt die Investitionsbereitschaft der gewerblichen Wirtschaft weiterhin zu schwach, um die Konjunktur nachhaltig anzukurbeln. Vor der Coronakrise lag der Anteil der investierenden Unternehmen regelmäßig bei um die 75%. Beim Investitionsvolumen ist ein leichter Zuwachs zu erkennen (Saldoanstieg um 5 Punkte auf 19 Prozentpunkte), was aber hauptsächlich auf Berliner Dienstleistungsunternehmen (Saldoanstieg um 13 Punkte) und Berliner Gastronomen (Saldoanstieg um 18 Prozentpunkte) zurückzuführen ist. In Brandenburg steigt das Investitionsvolumen für Dienstleister zwar auch, aber weniger stark (Saldoanstieg 5 Prozentpunkte). In allen anderen Branchen zeigt sich ein gleichbleibender oder ein negativer Trend, letzteres insbesondere in Verkehr und Logistik und im Berliner Handel. Weiterhin niedrig bleiben die Investitionspläne beim Bau - die einzige Branche mit überwiegend sinkenden Investitionsplänen als zunehmenden.
Die Unternehmen wurden nach den Investitionsmotiven gefragt. Neben den typischen Ersatzbeschaffungen (65 %) werden am häufigsten Produktinnovationen angegeben (37 %), was jedoch im Start-up besiedelten Berlin (41 %) deutlicher eine Rolle spielt als in Brandenburg (30 %). Produktinnovationen sind bei den investitionsfreudigen Dienstleistern das am häufigsten genannte Motiv (42 %). Knapp jeweils ein Drittel der Berlin Brandenburger Unternehmen planen Investitionen in Kapazitätsausweitungen und Rationalisierungen. Die Dienstleistungsbranche in Berlin zeigt ein deutlich steigendes Interesse im Bereich der Rationalisierungen (31 %) und des Umweltschutzes (31 %) im Vergleich zum Herbst, während in Brandenburg eher gleichbleibende Entwicklungen zeigen mit einem abnehmenden Trend bei den Rationalisierungen (26 %) und einem leicht zunehmenden Trend bei den Produktinnovationen (37 %).