Was kann künstliche Intelligenz?

Künstliche Intelligenz findet zunehmend Anwendung in Geschäftsmodellen und Geschäftsprozessen. Muss sich jetzt jedes Unternehmen damit beschäftigen oder ist es nur eine Modeerscheinung?

Was ist Künstliche Intelligenz?

Wie bei vielen Themen ist eine klare Definition von Künstlicher Intelligenz (KI) nicht so einfach. Ein vereinfachter Erklärungsversuch geht davon aus, dass unter KI in der Regel Computersysteme gemeint sind, die teilweise oder ganz autonom agieren, lernfähig sind, über reine Automatisierungsaufgaben hinausgehen und die menschliche Intelligenz zumindest in Teilen simulieren können. Bei einer detaillierteren Betrachtung stellt sich meistens heraus, dass die tatsächliche Nachbildung menschlichen Verhaltens in vielen Aufgabenbereichen noch eine Zukunftsvision darstellt. Jedoch die "schwache" Künstliche Intelligenz zielt auf die Bearbeitung wiederholbarer und eingrenzbarer Aufgaben ab.
Dieses allgemein dargestellte Konzept ist seit Beginn des Computer-Zeitalters (ca. 1950) bekannt. Prominente Anwendungen von KI-Systeme können Spielregeln wie Schach oder Go selbständig erlernen und gegen Menschen gewinnen. In der medizinischen Diagnose werden Röntgenbilder analysiert und Tumore mit bis zu 95% Sicherheit festgestellt. Moderne Sprachübersetzungssysteme übersetzen die eigene Muttersprache in die gewünschte Fremdsprache simultan mit sehr guten Ergebnissen. Viele Nutzer von Online-Diensten benutzen täglich meist unbewusst KI-Systeme bei der Bildersuche, Verkehrsstaumeldungen oder bei der Erkennung von Spam-Nachrichten im E-Mailverkehr.
Ein zentrales Kriterium für die Beurteilung eines Computersystems als "KI-Anwendung" ist, ob die Softwarealgorithmen aus einem großen Datenbestand durch geeignete Bewertungsverfahren relativ eigenständig angemessene Entscheidungen ableiten kann und somit weitere Aktionen vorschlägt, optimiert oder selbst steuert.

Was ist Machine Learning und Deep Learning?

Historisch betrachtet entstand aus den oben beschriebenen KI-Konzepten die Unterdisziplin des maschinellen Lernens (machine learning). Diese zielt darauf ab, dass ein System automatisiert aus einem großen Datenbestand von Zahlen, Texten, Sprache. Bilder oder Videos “eigenständig lernt" und entsprechende Muster und Gesetzmäßigkeiten erkennt. Diese werden dann als neuronale Datenbasis gespeichert und dienen der schnelleren Objekt- oder Bilderkennung.
Beim "Deep" Learning werden Suchalgorithmen auf mehreren Ebenen angestoßen. Es wird ein Verarbeitungprozess in sogenannten Neuronalen Netzen vollzogen. Ähnlich wie im menschlichen Gehirn sind bestimmte Suchalgorithmen für die Verarbeitung bestimmter Aufgaben zuständig. So wird zum Beispiel bei der Erkennung eines Vogels auf einem Bild, das Bild mit unterschiedlichen Filtern betrachtet und nach Mustern wie Linien oder einfache Formen geschaut. Daraus leiten sich Muster für Federn, Flügel, Schnäbel und Augen ab. Durch einen anschließenden Vergleich von Wahrscheinlichkeiten zu bereits gelernten “Vogel-Mustern” kann der Vogel auf dem Bild zugeordnet werden. Über eine Rückkopplung durch den Menschen bei richtig oder falsch erkannten Bildmotiven wird die neuronale Datenbasis optimiert. Für uns Menschen ist aufgrund der komplexen Berechnungen nicht mehr genau nachvollziehbar, wie die Suchalgorithmen auf das Ergebnis – hier den erkannten Vogel auf dem Bild – gekommen sind.
Beide Ansätze “Machine Learning” und “Deep Learning” sind Methoden der künstlichen Intelligenz.
Anhand dieser Betrachtung wird deutlich, weshalb bei der zukünftigen Erforschung und Anwendung von KI nicht nur die mögliche Technik zu betrachten ist sondern zunehmend auch ethische Fragen gleich mitgedacht werden müssen.

Chancen und Risiken der Künstlichen Intelligenz

Die Ideen zur Anwendung künstlicher Intelligenz sind nahezu unbegrenzt. Während Bild- und Spracherkennung oder bestimmte Aspekte von Übersetzungs-Software als Stand der Technik bezeichnet werden können, finden sich weitergehende Überlegungen beispielsweise bei der vollständig automatischen Erzeugung von Konstruktions- und Planungsdaten oder sogar von ganzen Filmen alleine anhand von Beschreibungen eines Ingenieurs, Architekten oder Regisseurs. Auch in der Medizin finden sich Ansätze nicht nur bei der Diagnostik, sondern auch in der Therapie. In der Mobilität der Zukunft sind von autonomen Fahrzeugen bis hin zu Drohnen Anwendungsfälle vorstellbar. Auch die autonome Erstellung von Texten anhand von Informationsquellen wurde bereits demonstriert, was vom Marketing bis zur technischen Dokumentation Anknüpfungspunkte bieten könnte.
Kritik und Risiken finden sich insbesondere im Kontext ethischer und gesellschaftlicher Fragen sowie im Zusammenhang mit der zukünftigen Arbeitsgestaltung oder Versicherungsfragen. So wird vor autonomen Waffensystemen gewarnt, Opferauswahldiskussionen in konstruierten Verkehrssituationen bei autonom fahrenden Fahrzeugen geführt oder eine Welt ohne Arbeit prognostiziert. Fest steht, dass KI-Systeme eine Reihe menschlicher Arbeit übernehmen werden. Hierbei ist jedoch zwischen dem tatsächlichen Ersetzen von kompletten Arbeitsplätzen und der fast normalen Veränderung bestimmter Arbeitsfelder zu differenzieren.
Häufig zielen entsprechende Studien sogar darauf ab, Unternehmen zur intensivierten Nutzung von KI zu animieren, da entsprechende Innovationen erhebliches Wachstumspotenzial mit sich bringen. Zudem wird eine umfangreiche Qualifizierung von Mitarbeitern in den relevanten Feldern angeregt.
Eine Reihe weiterer aktueller Diskussionspunkte finden sich beispielsweise in einem Bitkom-Positionspapier oder der nationalen Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung wieder.

KI in Deutschland und in Brandenburg

Mit der KI-Strategie der Bundesregierung www.ki-strategie-deutschland.de (Nov 2018) verfolgt sie die Zielstellung, Deutschland und Europa zu einem führenden KI-Standort zu machen und so zur Sicherung der künftigen Wettbewerbsfähigkeit beizutragen. Die verantwortungsvolle und gemeinwohlorientierte Entwicklung und Nutzung von KI steht dabei ebenfalls im Mittelpunkt, um die politischen,  ethischen, rechtlichen und kulturellen Fragen mit zu klären. Die Forschungslandschaft soll gestärkt, zusätzliche Professuren eingerichtet sowie KI-Kompetenzzentren vernetzt werden. Verschiedene Förderprogramme auf Bundesebene adressieren zudem explizit KI oder deren Teildisziplinen.
In Brandenburg gibt es seit November 2018 die Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg, in welcher die Themen zur KI-Entwicklung enthalten sind. Zur Zeit befindet sich das Thema KI im Prozess der Neuausrichtung der Berlin-Brandenburger Technologie-Cluster. Der Einsatz von KI-Technologien wird in enger Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft entwickelt. Zusätzlich steht das Brandenburger Kompetenzzentrum Wirtschaft 4.0 als Anlaufstelle für Unternehmen bei Fragen zu Digitalisierung und KI mit Workshops, Beratungsangeboten und Veranstaltungen zur Verfügung.

Beispielhafte Anwendungen in Unternehmen

Die Nachfolgende Tabelle gibt als ersten Impuls für die Suche nach den passenden Anwendungsfeldern einen ersten Überblick:
Analyse des Kundenverhaltens
Erkennung bislang unbekannter Muster im Verhalten abgewanderter Kunden. Ableitung eines Modells zur Früherkennung abwanderungswilliger Kunden.
Empfehlungssysteme
Analyse von Mustern in umfangreichen Bestellungen/Warenkörben von Kunden, die über offensichtliche Zubehörteile oder ähnliche Produkte hinausgehen. Ableitung von entsprechenden Empfehlungssystemen (online oder als Anwendung für Vertriebsmitarbeiter).
Erkennung von Fehlern in Prozessen
Suche nach Mustern im Vorfeld von Störungen, zum Beispiel in Produktionsanlagen oder auch manuellen Abläufen. Ableitung von Methoden zur besseren Prognose von Fehlern.
Services mit Chatbots
Nutzung vorhandener Telefondienste - Erkennung der Stimmungslage von Anrufern oder in Nachrichten. Ableitung von Maßnahmen zur Priorisierung oder gezielten Weiterleitung an Servicemitarbeiter.
Sprachassistenten
Vereinfachung der Bedienung mittels natürlicher Spracheingaben. Einbindung von Sprachassistenten in Produkte aller Art, Verknüpfung mit anderen Produkten und Services. Simultanübersetzungen
Beratungs-Systeme
Trainieren eines Systems anhand des bislang aufgebauten Beratungswissens. Verlagerung eines Teils der Beratung beispielsweise in Online-Anwendungen durch Chatbots.
Autonome Fahrzeuge und Maschinen
Entwicklung oder Mitwirkung bei der Entwicklung autonomer Autos, Schiffe, Bahnen und Flugzeuge, Komponenten oder zugehöriger Services für (Nutz-)Fahrzeuge, Drohnen oder (fahrende) Maschinen aller Art.
Onlinekurs zu KI-Grundlagen
Um mehr über KI-Technologien und deren Anwendungen zu erfahren, bietet die IHK-Organisation einen Onlinekurs mit dem Titel: Elements of AI an. Dieser ist in Finnland entwickelt worden und steht nun in deutscher Sprache bereit.
In mehreren Lerneinheiten werden Anwendungsbeispiele, Aspekte des maschinellen Lernens, Grundlagen neuronaler Netze, gesellschaftliche Fragestellungen sowie viele weitere Themen behandelt. Anhand von Kontrollfragen sowie in einem Online Peer Review Verfahren mit anderen Nutzern der Lernanwendung, kann der Lernerfolg überprüft werden. Nach erfolgreichem Abschluss gibt es auch eine elektronische Teilnahmebescheinigung.