Prüfer werden?! Mit der IHK

Mit Geduld und Herzblut durch den Prüferalltag

Seit fast zwei Jahrzehnten prüft Maik Eberl mit Leib und Seele das Wissen junger Menschen unter anderem in den Bereichen Industrieelektriker, Elektroniker für Betriebstechnik oder Automatisierungstechnik. Zum einen ist er seit 17 Jahren beruflich bei ArcelorMittal als Ausbilder tätig, zum anderen ehrenamtlicher Prüfer für die IHK Ostbrandenburg.
Dort, im Ausbilden, liegt seine Leidenschaft. In seinem alten Betrieb im Handwerksbereich war er ebenfalls Ausbilder und verspürte damals den Drang, noch mehr leisten zu wollen. „Ich wusste nie so richtig, was die jungen Leute eigentlich für die Prüfung machen müssen und erinnerte mich an meine eigene Zeit als Lehrling.“ Er selbst sei nicht der einfachste Schüler gewesen und hatte Glück, dass sich jemand um ihn gekümmert habe. Diese Verantwortung und Hilfe möchte er auch anderen geben. Über die IHK wagte Maik Eberl vor sieben Jahren schließlich den Schritt und meldete sich für die Prüfertätigkeit an. Inzwischen ist Eberl selbst 53 Jahre alt und gibt freimütig zu, dass er regelmäßig in seinem Beruf gefordert werde.

Immer auf dem neuesten Stand

„Die Prüfungen werden von Jahr zu Jahr schwieriger und die Prüflinge müssen immer mehr wissen – vor allem im Elektrobereich“, erklärt Eberl. Damit steigen gleichzeitig die Anforderungen an die Prüfer. Denn sie müssen die Aufgaben im Vorfeld lösen, um sie in der Prüfung objektiv abrufen zu können. Das sei sogar für den passionierten Ausbilder selbst eine positive Herausforderung, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben und die Fakten richtig wiederzugeben. Besonders heutzutage in Zeiten der Digitalisierung profitiere er vom Wissen der jungen Leute, um stetig auf dem Laufenden zu bleiben. „Ich hatte mal einen Prüfling, der war nach drei Stunden bereits fertig. Obwohl er eigentlich sechseinhalb Stunden Zeit hatte. Das war einer dieser Aha-Momente“, gibt der Ausbilder schmunzelnd zu.
Eberl und seine Kollegen prüfen in der Regel völlig fremde Menschen. Dabei sei es besonders wichtig, als Prüfer eine neutrale Rolle einzunehmen, so Eberl. „Der Prüfer muss sich ein Stück weit zurücknehmen, es geht um den Prüfling – nicht um einen selbst“, unterstreicht der 53-Jährige. Ziel sei es, dass die Prüflinge viel von sich aus agieren und Eberl so wenig wie möglich vorgibt. Mit einem verschmitzten Lächeln sagt er hinterher, dass es schon ein Glücksmoment für die Prüflinge sei, wenn der Prüfer Ja- oder Nein-Fragen stelle. Auch der zu Prüfende selbst sollte darauf achten, kurz und knackig zu antworten.

Wichtig sei außerdem, dass die Prüfer Ruhe, Höflichkeit und ein großes Maß an Empathie nicht nur in den Prüfungsraum, sondern auch in den Beruf mitbringen. Als Prüfer nehme man an einem ganz entscheidenden Lebensabschnitt eines anderen Menschen teil, das sollte im Hinterkopf behalten werden. Eberl betont, dass er und seine Kollegen meist mit Smalltalk beginnen: „Wie war die Anreise? Wie fühlt ihr euch heute?“ Für ihn sei außerdem wichtig, dass die Leute erst einmal ankommen. Viel Erfahrung hat er bereits gesammelt: „Ich kann gar nicht mehr aufzählen, wie viele Prüfungen ich im letzten Jahr hatte. Hundert? Hunderte? Auf jeden Fall viele“, sagt Maik Eberl und lacht.

Ruhe und Freundlichkeit essenziell

Besonders zufrieden seien Eberl und seine Kollegen, wenn alles glatt läuft und jeder durchkommt. „Ich bin immer glücklich, wenn alle bestanden haben. Weniger glücklich sind wir, wenn es nicht alle geschafft haben. Aber darauf haben wir keinen großen Einfluss“, so der 53-Jährige. Bei Blackouts versuchen er und seine Kollegen, den Prüflingen einen Moment Zeit zu geben, um sich zu sammeln. Einen solchen Moment hat Prüfer Eberl schon erlebt. „Wir hatten junge Leute, die gar nicht mehr mit uns kommunizieren konnten. In solchen Situationen ist es wichtig, dass wir Ruhe und Freundlichkeit ausstrahlen und versuchen, die Prüflinge zu motivieren, trotzdem weiterzumachen“, erzählt Eberl.

Das sei ein Lernprozess, der sich mit der Zeit und Übung einstellt. Zu Beginn seiner Prüferlaufbahn wurde Maik Eberl nicht ins kalte Wasser geworfen. Die Prüfer sollen zunächst passiv die Prüfung begleiten, beobachten und zeitgleich lernen. So soll den angehenden Prüfern die Angst genommen werden. Seine letzte Prüfung legte Eberl mit 42 Jahren in Form einer Weiterbildung ab. „Das war zunächst ein schreckliches Gefühl. Ich war der Älteste in der Runde und vor der Prüfung sehr aufgeregt, weil man nicht weiß, was auf einen zukommt. Aber sobald es losging, war ich tiefenentspannt“, erinnert sich der Prüfer. Für ihn sei es interessant gewesen, noch einmal die andere Seite zu sehen. „Genau das, was unsere Auszubildenden regelmäßig durchmachen müssen“, beschreibt Eberl. Momentan beschäftigt ArcelorMittal 200 Auszubildende, 50 bis 60 davon im Elektrobereich.

Tägliche Abwechslung

Das Leben als Prüfer gefalle ihm dennoch viel besser als das des Prüflings. Vor allem die Abwechslung, die man jeden Tag erlebe, bringe Spannung und Spaß, erläutert Eberl. Die Abwechslung komme daher, dass die Prüfer in verschiedenen Berufen prüfen dürfen und immer wieder neue Leute kennenlernen. „Viele Fremde aus anderen Betrieben – das ist spannend“, schildert er. Zudem sieht es Maik Eberl als Ausbilder als Vorteil an, gleichzeitig Prüfer zu sein. So könne er seine Azubis fachlich besser vorbereiten und nicht nur erahnen, wo die Schwerpunkte in der Prüfung liegen könnten. Eberl ist auch Mitglied im Prüfungsausschuss. Die Arbeit dort habe den Vorteil, dass er wisse, worauf es ankommt. Er fügt hinzu: „Wir wollen ja nicht nur gute Prüflinge haben, sondern auch gute junge Facharbeiterinnen und Facharbeiter. Dazu tauschen sich die Prüferinnen und Prüfer regelmäßig und intensiv untereinander aus. Lösungsvorschläge und Aufgabenstellungen sollen ebenso ausführlich diskutiert werden wie die Richtlinien und die Gewichtung der Bewertungen in der praktischen Prüfung.“

Einer seiner neuesten Kollegen ist Enrico Feldmann. Ihn hat Eberl sogar inspiriert, ebenfalls Prüfer neben seiner Ausbildertätigkeit zu werden. „Er ist das beste Beispiel dafür, dass Nachwuchsförderung schon in der Ausbildung anfängt“, berichtet der ehrenamtliche Prüfer stolz. Als sich die Gelegenheit bot, sprach er Feldmann an. Heute sind sie Kollegen. Bei der Prüfung seien in der Regel nur drei, maximal vier Prüfer anwesend, um die Auszubildenden nicht zusätzlich zu verunsichern. Es gibt Anfängerfehler auf die Eberl hinweist: „Wenn man Suggestivfragen oder geschlossene Fragen stellt. Es muss einem als Prüfer gelingen, möglichst offen die Fragestellung rüberzubringen. Also die Aktivität beim Prüfling zu lassen und eher in die passive Rolle zu schlüpfen.“ Das sei eine ganz wichtige Eigenschaft, die Prüfer mitbringen sollten.
Wichtig sei außerdem, dass sich die Prüflinge vorher gut vorbereiten, ausreichend üben, an die eigenen Fähigkeiten glauben und ausgeschlafen zur Prüfung erscheinen. „Am besten auch nüchtern“, fügt er mit einem Schmunzeln hinzu. Einmal mussten Eberl und seine Kollegen einen angetrunkenen Prüfling nach Hause schicken. Ein anderes Mal kam einer ohne Arbeitsanzug. Im Gegenzug hatte er auch schon angehende Facharbeiter vor sich zu sitzen, die viel fähiger gewesen seien, als sie es sich selbst zugetraut haben. In solchen Momenten sehe er sich in der Verantwortung mehr Mut und Selbstvertrauen für den kommenden Lebensweg mitzugeben.

Prüfung ist krönender Abschluss

Eberl fügt hinzu, dass die Prüfung nicht dazu diene, die dreieinhalbjährige Ausbildung in Frage zu stellen. Es gehe darum, einen krönenden Abschluss zu schaffen. „Auch, wenn sich das jeder anders vorstellt“, sagt Eberl. Er habe schon Azubis gehabt, die absichtlich durch die Prüfung gefallen seien, um sie nachzuholen und eine Eins zu bekommen. Am Ende definiert demnach jeder für sich selbst, was für ihn der krönende Abschluss ist.
FORUM/Jessica Reichhardt

Jede Fachkraft steht für eine Qualifikation. Hinter jeder Qualifikation steht ein Zeugnis. Hinter jedem Zeugnis steht eine Prüfung. Das heißt, ohne ehrenamtliche Prüferinnen und Prüfer gibt es keine Fachkräfte, keine leistungsfähige Industrie, moderne Dienstleistungen oder Handel. Deshalb braucht die Region hunderte engagierte Menschen, die ihre Erfahrung und Zeit investieren, um eine gute Berufsausbildung zu garantieren. Ehrenamtliche Prüferinnen und Prüfer sind der Puls der dualen Ausbildung in Ostbrandenburg!

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Cornelia Weyer
Leiterin
Fachbereich Prüfungen