Starke Wirtschaft

Schwarzstorch, Burgersprechstunde oder Sommer in der Stadt

Zwei Freunde hatten vor fünf Jahren die Idee, mitten in der Schwedter Altstadt eine Brauerei zu bauen. Ronald Steinke und Wolf Mieczkowski investierten in ein Restaurant mit kleiner Schaubrauerei, die Bier aus eigener Produktion ausschenkt. Das verrückt anmutende Vorhaben ist ihnen tatsächlich gelungen. Heute gibt es das Brauwerk mit angeschlossenem Hotelbetrieb.
Vom Gastraum kann man auf den Braukessel sehen, dessen kupfernes „Dach“ schon von Weitem blinkt. Das Duo Steinke und Mieczkowski, als Schlosser und Zerspaner eher nicht vom Fach, drückte noch einmal die Schulbank. Sie erwarben sich Wissen rund um Hopfen und Malz, Treber und Temperatur sowie die Feinheiten der Gärung. Längst sind sie ausgewiesene Brauer. Doch ziemlich bald nach dem vielversprechenden Start mit Schwedter Kellerbier und weiteren Kreationen kam Corona. „Eine Frauentagsparty im März 2020 war die letzte Veranstaltung, dann war hier alles dicht“, erinnert sich Wolf Mieczkowski. „Unsere Tanks im Brauwerk fassen 4800 Liter. Und so viel Bier war damals zum Saisonanfang auch drin.“ Mit nimmermüdem Elan haben die Geschäftsfreunde nach Überlebensstrategien gesucht. Die Aktion „Tapferes Helferlein“ war zum Beispiel ein Bierverkauf außer Haus. „Das war Trinken für den guten Zweck. Der Verkaufserlös floss an uns und an Schwedter Vereine“, sagt Ireen Mieczkowski, die inzwischen Mitgeschäftsführerin ist. Besondere Marketing- und Kommunikationsideen gehören zum Markenzeichen der Brauwerker. Weil Verreisen zu Coronazeiten nicht möglich war, überlegte das Team, wie es in der Brauhausgastronomie ein interessantes Angebot schaffen kann und lud die Gäste zu „Speisen statt Reisen“ ein. Es gab Menükarten mit Gerichten der irischen, schwedischen und polnischen Küche – Essen aus dem Urlaubsland. Für seine Ideen erhielt das Brauwerk 2020 den Tourismuspreis des Landes Brandenburg. Die Plakette prangt neben dem Eingang zum Schankraum.
Mit Schwedter Kellerbier hat es im Brauwerk angefangen. Weitere Sorten wie der „Schwarzstorch“ oder das „Raffinierte“ kamen hinzu. Diese Namen widerspiegeln das Lokalkolorit der Stadt mit Natur und PCK-Raffinerie. Und so ist süffiges Bier aus Schwedt für Touristen zum beliebten Souvenir geworden. Die Einheimischen schmunzeln außerdem über die Aktionstage mit „Essen wie bei Mutti“ und die „Burgersprechstunde“.
Das Brauwerk mit Gastronomie ist ein anerkannter Ausbildungsbetrieb. Nicht nur angehende Köche und Restaurantfachleute lernen hier das A und O ihres Berufes, sondern neuerdings Kaufleute für Büromanagement. „Pro Jahr haben wir acht bis zehn Azubis. Unter ihnen sind gerade zwei Köche“, sagt Ireen Mieczkowski stolz. Im Sommer 2023 hat Nino Heilmann seine Ausbildung im Brauwerk abgeschlossen. Er ist übernommen worden, und so arbeitet er jetzt als Festangestellter im Restaurant und im Frühstücksservice. Von Anfang an hat sich das Brauwerk kulturell einen Namen gemacht und die Reihe „Sommer in der Stadt“ erfunden. Die Nachfrage nach gehaltvollen Veranstaltungen ist inzwischen so groß, dass Konzerte, Schriftstellerlesungen und Theater auch im Winterhalbjahr auf dem Programm stehen. Bier und Bühne, das passt offensichtlich gut zusammen.
Gibt es ein Rezept für den Erfolg? Ireen Mieczkowski würde es mit dem Wort „Vernetzung“ beschreiben. „Man muss aktiv sein. Und das sind wir gern, um Leute aus ganz Brandenburg zu Veranstaltungen nach Schwedt zu locken. Wir fahren herum im Land und lassen uns inspirieren, was zu uns passen könnte. Wir gucken nach Trends und öffnen Herz und Ohr für das, was an Möglichkeiten da ist.“ Aktuell macht ihnen die Erhöhung der Mehrwertsteuer riesige Sorgen. „Das ist ein großes Problem für die gesamte Branche“, so die Brauwerker. „Damit Betriebe gut wirtschaften können, braucht es weniger Bürokratie. Oft erschließt sich die Sinnfälligkeit mancher Forderung nicht. Sie blockiert unsere Zeit, in der wir Umsätze erwirtschaften könnten, die wieder Steuern bringen.“ Nicht zuletzt schaffe die Überregulierung Probleme im Arbeitsalltag. Es komme immer noch eine Vorschrift und noch eine Vorschrift. Man solle die Unternehmen doch einfach wirtschaften lassen. 2024 bewirbt sich das Brauwerk erneut um das Siegel „Brandenburger Gastlichkeit“. Es hat den Titel bereits errungen, will aber den Prozess der Zertifizierung noch einmal durchlaufen und sich den anonymen Testern stellen. „Wir kontrollieren uns dadurch selbst und werden so besser für den Gast“, sagt Ireen Mieczkowski.
FORUM/Eva-Martina Weyer

Uta Häusler
Referentin Handel und E-Business
Geschäftsbereich Service