Vom Bankjob zur Yogamatte

„Yoga macht was mit einem!“ Bei Tanja Gentsch aus Bernau hat diese Erfahrung so weit geführt, dass sie ihr Leben komplett umgekrempelt hat. „Ich erlaube mir!“, ist ein Teil dieser neuen Reflexion auf sich. Eigene Fähigkeiten und Stärken zu erspüren und zu nutzen, Menschen zu nehmen, wie sie sind, im Hier und Jetzt zu bleiben, positiv ins Leben zu blicken und zu verstehen, dass Rückschläge menschlich sind, dazugehören, und zu wissen: Wenn etwas wegfällt, ergibt sich Neues, kein Grund also zu verzweifeln.
Diese gesunde Portion Lebensweisheit hat sich in den zurückliegenden sieben, acht Jahren angesammelt. Nach dem Abitur hatte sich Tanja Gentsch zwischen ihren zwei Leidenschaften entscheiden müssen – Sport oder Mathematik. Letztere ist es geworden. Nach dem Studium der Wirtschaftsmathematik an der Technischen Universität in Hauptstadt fand sie eine Anstellung bei der Berliner Sparkasse.
Auch wenn sie sich nach 19 Jahren für einen Bruch und berufliches Neuland entschied, spricht sie von Dankbarkeit ihrem Arbeitgeber gegenüber. Für den damaligen Lebensabschnitt sei das gut und richtig gewesen, blieb ihr doch nicht zuletzt die Frage erspart, wie sie sich und ihre beiden Kinder ernähren sollte. „Das gab mir Sicherheit“, schaut sie zurück.
Lebenskrise führte zu Yoga
Aber: 2017 baute sich eine Lebenskrise auf. Ein kleiner Schlaganfall verunsicherte sie zutiefst. „Es hat mich vor allem psychisch belastet. Ich hatte kein Vertrauen mehr in meinen Körper, hatte Angst, es könne wieder passieren, und dann mit gravierenden Auswirkungen.“ Zur Rehabilitation gehörte ein Kurs, um zu lernen, mit Stress besser klarzukommen oder diesen gar zu vermeiden. Ein Teil davon war Yoga. Einmal damit in Kontakt geraten, spürte Tanja Gentsch die Kraft als Lebenselixier, und das verlangte nach mehr.
Beginn als Yoga-Lehrerin
Die heute 53-Jährige lernte andere Angebote kennen, besuchte ihre erste Meditationsstunde und blieb auch hier dabei. „Mir gelang es, den jahrelang angestauten Stress abzubauen.“ 2018/19 entschied sie sich schrittweise für die vegetarische Ernährung. Das Tüpfelchen auf dem „i“: „Mein Yoga-Ausbilder sagte, wir essen die Gefühle der Tiere mit.“ Je tiefer sie in den Yoga-Kosmos eindrang, umso deutlicher wurde für sie dessen ganzheitlicher Einfluss.
Bis Mitte 2019 ließ sie sich als Yoga-Lehrerin ausbilden und begann Kurse zu geben. Während Corona sogar online für ihre Kollegen in der Bank. Drei Jahre splittete sie ihr Berufsleben in einen Teilzeitjob in dem Geldinstitut und immer mehr Kurse. Drei Jahre überlegte sie hin und her, welcher Weg der ihre ist.
Tanja Gentsch musste sich entscheiden. Yoga machte sie als ihre Herzenssache aus, aber die Bank hing quasi als Sicherheit an ihrem Bein. Aber: Brauche ich all das Geld? Die Kinder sind erwachsen, haben ihr Auskommen. Reicht mir weniger zum Leben? Was ist mir wichtig? Und da kam ihr der neue Mut, ihr neuer Blick auf die Dinge zugute. „Ich erlaube mir!“
Zum 1. Januar wagte die Bernauerin den Sprung in die Selbstständigkeit. Die schon freiberuflich begonnenen Kurse bildeten die Basis, neue kamen hinzu. Sie gibt Volkshochschulkurse in Berlin und in ihrer Heimatstadt, hat ein kleines gemütliches 23-Quadratmeter-Studio, in dem sie für kleine Gruppen Yoga und Meditation anbietet.
In der Branche inzwischen gut vernetzt, tun sich Vertretungen und neue Felder auf. Dazu gehört mittlerweile auch Aquafitness. „Wenn Teilnehmer am Ende loben und sagen, sie würden gern wiederkommen, ist das doch toll.“
Die freundliche und lebensbejahende Frau gibt sich erstmal zwei Jahre, ob der Plan aufgeht. Auf die Frage, ob eine Rückkehr in die Bank infrage käme, muss sie schmunzeln. „Vielleicht, aber dann, um etwas fürs Gesundheitsmanagement zu tun.“ Es gebe Unternehmen, die haben das schon im Portfolio.
Und sie ergänzt, dass sie sich über ein mögliches Scheitern ihrer Selbstständigkeit erstmal keine Gedanken macht. „Es fühlt sich alles gut und richtig an.“
Kein Leben mehr ohne
Aber Tanja Gentsch ist längst nicht fertig mit der eigenen Ausbildung, will noch viel dazulernen. Zum Beispiel von ihrem Lehrer, mit dem sie mittlerweile zusammen Kurse gibt. „Er ist für mich eine unerschöpfliche Quelle.“ Die 53-Jährige kann sich ein Leben ohne das alles nicht mehr vorstellen.
Mit Meditation und Atemübungen startet sie in den Tag, findet in Stresssituationen zur inneren Ruhe zurück. Was anderen gut tut, tut ihr natürlich auch selber gut. Und sie gibt jedem mit auf den Weg, bei sich zu bleiben. Keiner sollte schauen, wie der Nachbar auf der Matte nebenan eine Übung ausführt. Denn: „Eine Rose vergleicht sich nicht, sie blüht einfach.“ Mehr Selbstvertrauen – auch das hat Yoga mit Tanja Gentsch gemacht.
FORUM/Anke Beißer
Veranstaltungshinweis: Gründer- und Unternehmertag Ostbrandenburg 2025, 19. Juni 2025 ab 15 Uhr im STIC in Strausberg
Dr.Thomas Kühne
Leiter
Regionalcenter Berliner Umland