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Fachgespräche statt „Damenprogramm“
Kathrin Claus versieht Männerdomäne mit weiblicher Note
„Moment, ich möchte rasch dem Mitarbeiter zum Geburtstag gratulieren“, sagt Kathrin Claus und unterbricht die Führung durch die Werkhalle, in der täglich 250 bis 300 Kunststoff- und Aluminium-Fenster montiert werden. Die 44-Jährige nimmt sich die Zeit, wechselt ein paar freundliche Worte. „Ein gutes Betriebsklima ist wichtig.“ Die gebürtige Lüneburger- und seit mehr als 20 Jahren Wahl-Berlinerin ist geschäftsführende Gesellschafterin der FensterArt GmbH & Co. KG in Werneuchen (Barnim) und bekleidet als Frau eine verantwortungsvolle Position in einem eher ungewöhnlichen Metier.
Ich hatte viele Idee, war voller Tatendrang und wusste, ich kann mich hier verwirklichen.Kathrin Claus, geschäftsführende Gesellschafterin der FensterArt GmbH & Co. KG
Nehmen die Herren sie ernst? Sie lacht und erzählt von einem Geschäftstermin in Prag. Wie üblich wurde für die Begleiterinnen der männer-dominierten Branchenvertreter ein Kulturprogramm angeboten. Bei der Anmeldung sollte ihr diese Offerte zuteilkommen. Allerdings kam ein wissender Geschäftspartner der Verwechslung zuvor und klärte auf, dass in dem Fall der Mann das „Damenprogramm“ nutzen werde. „Ich nehme so was nicht krumm, muss da eher schmunzeln.“ Und, sie sehe sogar Vorteile, auf dem Geschäftsfeld als Frau relativ allein dazustehen. „Es wird sich leichter an mich erinnert, weil ich die Ausnahme bin. Das prägt sich ein.“
Seit 1999 im Gewerbegeit vor den Toren Werneuchens (Barnim) angesiedelt: Die FensterArt GmbH & Co. KG ist in den zurückliegenden Jahren schon einmal durch einen Anbau (links) gewachsen. Ein weiterer ist beantragt. |
Ins Unternehmen hineingewachsen
Darüber hinaus punktet Kathrin Claus jedoch vor allem mit ihrer Kompetenz. Schrittweise ist sie in das Unternehmen und ihre Aufgaben hineingewachsen. Ihr Vater, Roman Zaszczynski, hatte sich 1999 mit 49 Jahren für eine berufliche Zäsur entschieden, sich selbständig gemacht und die Firma gegründet. Als die Tochter nach einer Ausbildung zur IT-Systemkauffrau bei der Telekom und dem BWL-Diplomstudium 2008 vor dem Start ins Berufsleben stand, wählte sie den Weg in den väterlichen Betrieb. „Ich hatte viele Idee, war voller Tatendrang und wusste, ich kann mich hier verwirklichen.“ Sie begann in der Buchhaltung, lernte alle Prozesse kennen und arbeitete sich Stück für Stück ins Unternehmen ein. 2015 wurde sie neben ihrem Vater Geschäftsführerin und widmet sich seither dem kaufmännischen Bereich. Seit 2020 verstärkt Benny Hilke, Mitarbeiter der ersten Stunde, mit seinem technischen Know-how die Leitungsebene. „Mein Vater ist noch aktiv, schleicht sich jetzt aber so langsam aus dem Alltagsgeschäft“, erzählt Kathrin Claus.
Ehrensache: Die FensterArt GmbH & Co. KG Werneuchen hat sich seit vielen Jahren als Exzellenter Ausbildungsbetrieb etabliert. Geschäftsführerin Kathrin Claus ist stolz auf die Anerkennung der IHK und mehr noch auf ihren fachlichen Nachwuchs.
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Flexibilität in der Selbstständigkeit
Die 44-Jährige fühlt sich wohl in ihrer Rolle. „Ich bin gern selbständig, trage gern Verantwortung, entwickle das Unternehmen weiter.“ Und sie mag die Flexibilität der Selbständigkeit. Das sagt sie vor allem mit Blick auf die Familie. Denn ihr Mann führt in dritter Generation eine Immobilienverwaltung. Dem Paar sei klar gewesen, wenn es ein Leben mit Kindern geben soll, müssen beide gleichberechtigt Aufgaben übernehmen. Zwar sei sie für die Töchter Lola (4) und Ellen (8) das erste halbe Jahr zu Hause geblieben, habe sich die Elternzeit aber dann mit ihrem Mann geteilt. „Ich habe auch mit Kind vorn in der Tragetasche gearbeitet. Das geht alles.“ Und ja, sie habe im Urlaub den Rechner dabei und schaue aufs Handy. „Für uns ist das okay.“
Auf Wachstumskurs
Schließlich sei da die Verantwortung für die knapp 80 Mitarbeiter und die Kunden. Wenn Kathrin Claus über die Firma redet, ist Stolz zu spüren. Aus der anfangs 3000 Quadratmeter großen Werkhalle ist eine 5000 Quadratmeter umfassende geworden - und der Bauantrag für eine nächste Erweiterung um weitere 1000 bereits gestellt. „Wir haben für knapp 2 Millionen Euro in Memmingen zwei neue Maschinen bestellt. Die brauchen Platz.“ Ab 2026 soll es im Sortiment nämlich Fenster mit nutlosen Ecken geben.
Modernisierung sei immer ein Thema. Die Firma will sich ja am Markt behaupten, was angesichts der unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen in Europa gar nicht so einfach sei. Auch der Fachkräfte-Nachwuchs liegt der Chefin am Herzen. Gegenwärtig werden fünf Lehrlinge ausgebildet. „Das ist für uns selbstverständlich.“ Zudem arbeitet das Unternehmen an der Umsetzung seiner „FensterArt-Vision 2030“. Dahinter verbirgt sich die Strategie für die kommenden Jahre. Quartalsweise besprechen Vertreter aller Abteilungen, was gut läuft, was besser werden müsste und wohin die Reise über welchen Weg gehen soll. „Es ist immer gut zu wissen, welche Themen die Kollegen bewegen.“
Innovation im Blick: Die FensterArt GmbH & Co. KG hat für knapp 2 Millionen Euro bei einem Hersteller in Memmingen eine neue Maschine gekauft, die die Fensterrahmen künftig – gemäß den Kundenwünschen – ohne Nut zusammenfügt. Für die Investition wird die Produktionshalle erweitert – der Bauantrag ist gestellt. |
Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Kathrin Claus ist eine selbstbewusste Frau in einer Männerdomäne. Hat ihr Führungsstil eine weibliche Note? „Vielleicht auf der menschlichen Ebene“, überlegt sie. Frauen hören mehr zu. Ihr sei wichtig, den Mitarbeitern eine Stimme zu geben und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser hinzubekommen. Männer seien da rationaler. Und noch einmal zieht sie als Beispiel die Geschäftstreffen heran. „Wir Frauen reden beim Essen eher über Familie, Kinder, tauschen uns über Privates aus. Männer machen das eigentlich nicht.“
FORUM/Anke Beißer
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Elisabeth Nepke
Projektmitarbeiterin Nachfolge
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