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Nachfolge gesichert
Mit dem „du“ Grenzen aufgebrochen – mit der Nachfolge dem Zeitgeist angepasst
„Wir wussten alle, dass der Tag kommt und Hartmut Möbus das Geschäft aufgibt,“ sagt Peer Drösler, seit fast 26 Jahren in der Autoteile Möbus GmbH beschäftigt und 2011 zum Einkaufsleiter aufgerückt. „Als wir die Nachfolge erfuhren, waren wir beruhigt, weil wir sahen, dass es Leute sind, die den Markt und die Branche kennen.“ So ein Wechsel böte erstmal Unsicherheit, aber immer auch Chancen, neue Kollegen sorgten für frischen Wind und neue Blickwinkel, ergänzt der 49-Jährige.
Möbus Autoteile wurde 1990 von Hartmut Möbus in Fürstenwalde gegründet. Von hier aus expandierte das Unternehmen und agiert heute mit neun Standorten: den Zentrallagern in Wildau und Lindenberg sowie den Filialen in Berlin, Frankfurt, Velten, Potsdam, Fürstenwalde, Cottbus und Wittenberg. Die Kunden, zu 95 Prozent Werkstätten, können auf ein Sortiment von rund 4,5 Millionen Pkw-Ersatzteilen von „A“ wie Anlasser bis „Z“ wie Zündkerze zugreifen. Mit dem Jahreswechsel 2022/23 zog sich der Namensgeber aus dem Geschäft zurück, verkaufte mangels interner Nachfolge an die SOZIUS Mittelstand Invest GmbH, die sich auf den Erwerb und die Weiterentwicklung von mittelständischen Unternehmen ohne eigene Altersnachfolge spezialisiert hat.
Neus trifft auf Erfahrung: Die Gespräche mit Einkaufsleiter Peer Drösler (rechts), seit 25 Jahren in der Firma, sind für Geschäftsführer Oliver Jäckel wichtiger Bestandteil im Tagesgeschäft.
Auf der Suche nach einem Geschäftsführer kreuzten sich die Wege mit Oliver Jäckel, der zum 1. April 2023 die Position übernahm. „In diesem Fall kam dem Unternehmen zugute, dass bereits vor dem Verkauf und dem neuen Geschäftsführer eine zweite Führungsebene installiert war. Außerdem wurden selbst unangenehme Entscheidungen, wie Preiserhöhungen aufgrund der Lieferengpässe zu Corona-Zeiten, konsequent getroffen. Für den externen Käufer sind genau solche Dinge entscheidend “, sagt Axel Strasser, Nachfolgeexperte bei der IHK Ostbrandenburg, der das Unternehmen im Rahmen eines Unternehmensbesuchs kennenlernte.
Und er ergänzt: „Letztendlich muss der Kauf aus den Gewinnen des Unternehmens finanziert werden und manchmal sind kreative Lösungen gefragt. Im Fall von Möbus war es notwendig, den Erwerb von Geschäft und Immobilie voneinander zu trennen. Die Finanzierung der Übernahme gestaltete sich komplex, konnte durch diese Lösung aber letztlich erfolgen.“ Der heute 43-jährige neue Geschäftsführer Oliver Jäckel war in der Branche zu Hause, hatte zuvor bei vergleichbaren Firmen gearbeitet – im Außendienst, als Prokurist und in Leitungsfunktion. Neu und erfahren zugleich ist der Veltener angetreten, um das Unternehmen nach seinen Vorstellungen fit zu machen. „Einige Mitarbeiter waren mit Ankündigung der Veränderung gegangen und es galt Stellen schnell nachzubesetzen“, sagt Jäckel. Andere Positionen habe er neu geschaffen, die Personal- und die Marketingabteilung installiert. So war das Unternehmen in kurzer Zeit von „um die 100“ auf knapp 120 Mitarbeiter angewachsen – davon aktuell sieben Azubis.
Das bricht Grenzen in der Kommunikation auf, schafft Lockerheit im Umgang. Alle wissen doch, wo sie hingehören, welche Positionen sie bekleiden. Dafür braucht es kein ‘Sie’.Oliver Jäckel, Geschäftsführer der Möbius Autoteile GmbH
Aber wie startet ein neuer Chef in einem Unternehmen, wo viele Mitarbeiter fast zum Inventar gehören? „Es gab natürlich Unruhe. Alle kennen das Alte, niemand das Neue.“ Ihm sei viel Skepsis begegnet, zumal er, anders als sein Vorgänger, in Wildau ein Büro bezog, hier tagtäglich zu Arbeit erschien. Zudem hat er sofort das „du“ eingeführt. „Das bricht Grenzen in der Kommunikation auf, schafft Lockerheit im Umgang. Alle wissen doch, wo sie hingehören, welche Position sie bekleiden. Dafür braucht es kein ,Sie‘.“ Fürs Kennenlernen hat Jäckel im Juni 2023 zu einer Hausmesse für Mitarbeiter und Kunden eingeladen. Dieses Jahr ist als Teambuilding ein Mitarbeiter-Familienfest geplant. Mit den Leitern der Filialen hält Jäckel wöchentlich eine Videokonferenz ab. Hin und wieder besucht er sie natürlich auch. Während im Betriebsablauf einiges umgekrempelt wurde, blieb der Draht zu den Kunden eine Konstante. „An den Ansprechpartnern in den Filialen hat sich nichts geändert“, sagt er.
An Fachkräftenachwuchs soll es nicht fehlen: In der Firma werden aktuell sieben Lehrlinge ausgebildet zu Lagerlogistikern und Fachkräften im Groß und Außenhandel.
Die größten Schritte hat die Firma im IT-Bereich unternommen. „Auf dem Gebiet war die Zeit in der Firma vor Jahren stehen geblieben“, resümiert der Geschäftsführer. „Hier sind wir inzwischen fit. Die Software ist auf dem neuesten Stand. Sowohl die Lagerlogistik als auch die Tourenplanung werden noch weiter modernisiert.“ Die Homepage wurde dem Zeitgeist angepasst, eine zentrale Hotline eingerichtet. Es gibt eine Academy mit Weiterbildungsangeboten für Werkstätten und in Fürstenwalde wurde ein erster Stammtisch mit Geschäftspartnern initiiert. Mit der Stabilität im Mitarbeiter- und Kundenstamm auf der einen und der Modernisierung der Betriebsabläufe sowie den erwähnten neuen Impulsen auf der anderen Seite sei der Übergang nachhaltig gelungen, schätzt Jäckel.
"Neues birgt immer Chancen": Einkaufleiter Peer Drösler lobt den Neustart. Wichtig auch für seinen Bereich ist die Digitalisierung und Umstellung auf ein modernes IT-System. Im Lager wird es bald Codes statt Zahlenreihen geben.
FORUM/Anke Beißer
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Dr. Axel Strasser
Projektmitarbeiter Nachfolge
Regionalcenter Oderland