In Großvaters Fußstapfen in Richtung Zukunft

Es geschah während eines Sommerurlaubs. Großvater und Enkelin saßen auf einer Bank und unterhielten sich über die Zukunft, genauer gesagt über die Nachfolge in seinem Geschäft. „Siebke Beton und Naturstein“ gibt es bereits seit 1980 in Brieskow-Finkenheerd, gegründet von Heinz Siebke. Sein Sohn Horst übernahm den Betrieb 1988. Als sie auf der Bank saßen, war Horst 61 Jahre alt, wollte noch „ein paar Jahre machen“, aber schon sein Unternehmen auf die Zukunft ausrichten.
Seine Enkelin Heidi Schönherr hatte gerade ihr Abitur in der Tasche und war nicht abgeneigt. Das war 2013. „Ich hatte eigentlich vor, bei Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt ein duales Maschinenbaustudium zu beginnen“, erzählt Heidi Schönherr. Aber nach einer ersten Zusage, kam eine Absage. Die junge Frau entschied sich dann sofort, in Großvaters Fußstapfen zu treten. Sie absolvierte eine zweijährige Ausbildung in Naturwerksteinmechanik in Eichstätt in Bayern und schloss ein BWL-Studium in Cottbus an. „Ich war sehr froh über die Absage von Arcelor Mittal“, erinnert sich lachend Horst Siebke. „Dafür bin ich heute noch dankbar.“ Keines von seinen sechs Kindern hätte Interesse an der Firma gehabt, von den acht Enkeln sei Heidi die einzige gewesen, berichtet er. Dass sie eine Frau war, die in einen klassischen Männerberuf einsteigen würde, das habe ihn niemals gestört. „Ich wusste, weil sie es will, kann sie es auch.“
Es ist natürlich klar, dass ich den Markt gut beobachten Muss, um am Ball zu bleiben.

Heidi Schönherr, Geschäftsführerin Siebke Beton und Naturstein

Nahtloser Übergang
Seit April 2021 ist sie nun die Chefin des Unternehmens. Ihr Großvater steht ihr zwar noch mit Rat und Tat zur Seite, „aber nur, wenn ich gefragt werde. Es ist doch normal, dass junge Leute einiges anders machen. Sie kennen sich auf alle Fälle besser aus mit der Digitalisierung.“ Aber er habe ihr einen soliden, gut funktionierenden Betrieb hinterlassen, „so dass es nahtlos weitergehen konnte.“ Heidi Schönherr nickt. Die Maschinen seien zwar nicht die neusten, aber sie funktionierten, bessere gebe es nicht. Eine feste Stammkundschaft bis hin nach Berlin sichere auch für die nächste Zeit Aufträge. Produziert werden nach Maß vor allem Fensterbänke, Mauerabdeckungen, Küchenarbeitsplätze, Kamine, Treppen, Terrassen, Fußböden und anderes mehr.
„Popelkram“, sagt Horst Siebke, aber ein wichtiger Markt, der auch bedient werden müsse. Private Bauherren kommen meistens nur einmal als Kunden, aber Bauträger, Baustoffhändler und Architekten kennen die Firma Siebke aus Brieskow-Finkenheerd seit vielen Jahren und greifen gern auf ihre zuverlässige Maßarbeit zurück, anerkennen langjähriges Wissen und Knowhow. Der hier verarbeitete Natur- und Kunststein, geliefert in 3 x 1,80 Meter großen Tafeln, kommt aus aller Welt nach Brieskow-Finkenheerd. Das Angebot ist riesig und schon im neu gestalteten Eingangsbereich des Unternehmens bekommt man in einer Ausstellung einen guten Überblick über eine üppige Palette von Farben und Mustern. Etwa 20 Prozent der Produktion macht Waschbeton aus, eine preiswerte Alternative zu Naturstein. „Und auch mitunter gewünscht von der Denkmalpflege, wenn alte Gebäude saniert werden müssen“, weiß Heidi Schönherr.
Industriemeisterin Naturwerkstein
Die junge Frau hat nicht nur eine solide Fachausbildung in der Tasche und ein Studium, sie hat auch mit Unterstützung der IHK ihren Meister absolviert und nennt sich „Industriemeister Naturwerkstein“. Damit fühlt sie sich prädestiniert, auch junge Leute auszubilden. „Einige unserer Mitarbeiter sind schon recht lange in der Firma und steuern aufs Rentenalter zu“, blickt die Firmenchefin nach vorn. Der 55-jährige Stefan Senftleben ist bereits seit 33 Jahren dabei, Rainer Mehlin arbeitet seit 1994 bei Siebke und ist 63 Jahre alt.
Insgesamt hat das Unternehmen fünf Vollbeschäftigte, darunter einen technischen Assistentin und eine Sekretärin, und auch drei Teilzeitkräfte. „Wer sich für unsere Arbeit interessiert, der sollte gute mathematische Kenntnisse haben, denn hier wird millimetergenau gemessen und berechnet. Er oder sie sollten handwerklich geschickt und auch in der Lage sein, an CNC-Steuerungstechnik zu arbeiten“, wirbt Heidi Schönherr für Nachwuchs. Jeder, der Interesse habe, könne vorbeikommen, sich bei ihr informieren und umschauen.
Was die Auftragslage angeht, kann Heidi Schönherr noch gut schlafen. Die Bücher sind reich bestückt, auch wenn es im Winter immer etwas ruhiger zugeht. „Es ist natürlich klar, dass ich den Markt gut beobachten muss, um am Ball zu bleiben.“ Inwiefern sich die momentane Flaute im Bauwesen bemerkbar machen wird, bleibt abzuwarten, denn im Ausbaugewerbe kommt eine solche meistens erst zeitverzögert an.
Aber Heidi Schönherr ist optimistisch. Sie will es schaffen – auch mit zwei kleinen Kindern, ihre beiden Söhne sind sechs und zwei Jahre alt. „Ich kann mich auf meine Familie verlassen, alle helfen mir.“ Und was sie am Tage nicht schafft, das holt sie am Abend nach, wenn die Kinder schlafen.
FORUM/Ruth Buder
Für mehr Infos hier klicken.
Jörg Hieronimus
Projektmitarbeiter Nachfolge
Regionalcenter Barnim Uckermark