Rückblick

Schweren Herzens wird das Licht ausgemacht

Im Gespräch muss sich Axel Knote hin und wieder eine Träne aus den Augenwinkeln wischen. Er hat viel erlebt, viel gearbeitet und viel erreicht in den letzten 34 Jahren. Nun wickelt er schweren Herzens sein Unternehmen ab. 1991 war er in die Firma seines Schwagers Dieter Paulus eingestiegen, der sich 1990 mit einer Werkstatt für Werbung und Gestaltung selbstständig gemacht hatte. Gemeinsam entwickelten sie die Firma Paulus&Partner GmbH, eine moderne Druckerei mit Verlag in Manschnow im Oderbruch. In guten Zeiten zählte das Unternehmen zwölf Mitarbeiter.
Aber das Ende kam nicht abrupt. Schon vor Corona haben sich die Online-Druckereien zu einer starken, meist günstigeren Konkurrenz entwickelt, immer mehr Werbeagenturen, die der Manschnower Firma fehlten. „Als ein Hersteller von Druckmaschinen merkte, dass sich Maschinen immer schlechter verkaufen lassen, druckten sie selber und starteten das Online-Geschäft mit dem Sammelbogen. Mit drei Klicks am Computer kriegst du inzwischen alles, Visitenkarten, Briefköpfe, Umschläge, Kalender, Broschüren“, sagt Axel Knote verbittert.
Die Preise für Druckerzeugnisse begannen einzubrechen und die Auflagen gehen stark zurück. Erschwerend kamen dann die „explodierenden Preise“ für Strom, Gas und Papier hinzu. Axel Knote gibt ein Beispiel: „Früher zahlten wir 7000 bis 9000 Euro pro Jahr für Gas, jetzt das Dreifache.“ Der Druck auf das Betriebskonto sei immer größer geworden. „Deshalb ziehen wir jetzt die Reißleine, wir hatten lange Schulden, haben viel für Banken gearbeitet und wollen kein Geld verbrennen. Wir werden offiziell zum Jahresende unsere Firma schließen.“
Mit WIR meint er seinen Neffen Steffen Paulus, den Sohn des Firmengründers, der nach dem Ausscheiden seines Vaters in die Rente 51 Prozent der Geschäftsanteile übernommen hat und wie Axel Knote Inhaber und Geschäftsführer ist. „Ich hätte gern den Familienbetrieb weitergeführt, aber unter diesen Bedingungen ist es nicht möglich. Man kann die Entwicklung nicht aufhalten“, sagt der 41-jährige Junior, der schon seit 2007 im Unternehmen mitarbeitet und für die Nachfolge vorgesehen war. Auch er sieht, dass deutschlandweit Druckereien Konkurs anmelden und der Bedarf auch bei großen Kunden sinkt.
Ich hätte gern den Familienbetrieb weitergeführt, aber unter diesen Bedingungen ist dies nicht möglich. Man kann die Entwicklung nicht aufhalten.

Steffen Paulus, Geschäftsführer der Paulus&Partner GmbH

Kunden werden nicht fallen gelassen
Das heißt aber nicht, dass für Kunden von Paulus&Partner im Januar das Licht ausgeht. Treue Kunden und solche, mit denen es Rahmenverträge gebe, würden in Zukunft durch Partnerdruckereien bedient. „Unsere Kunden lassen wir nicht fallen“, so Knote. Ein großer Maschinenpark mit Offset-Maschinen, Schneidemaschinen, Plottern, Stanzen, Belichtern, Digitalmaschinen, Büro-Computern und anderem mehr stand in dem großen, modernen Firmengebäude in der Friedhofstraße zur Verfügung. Peu á peu sollen sie verkauft werden.
Axel Knote hofft, dass etwas mehr als ein „Appel und ein Ei“ herauskommen, denn mit einer ausreichenden Rente kann er trotz privater Vorsorge nicht rechnen. „Ich krieg mal 1000 Euro aus der privaten und knapp 300 Euro aus fast zwölf LPG-Jahren Und dafür habe ich mein ganzes Leben gearbeitet, besonders als meine beiden Töchter noch klein waren und ich in den Anfangsjahren kaum Zeit für sie hatte“, stellt er sarkastisch fest.
Bis zur Wende war Axel Knote Brigadier in der LPG Gorgast, zuletzt hat er Lehrlinge ausgebildet. Als im Frühjahr 1991 alles in Auflösung begriffen war, musste er eine neue berufliche Perspektive finden. Es bot sich an, bei seinem Schwager Dieter Paulus einzusteigen, der sich als ehemaliger Werbeleiter beim Konsum im Bereich Werbung und Gestaltung in Zechin selbständig gemacht hatte. „Am Anfang hatten wir Arbeit ohne Ende. Viele kleine Firmen hatten sich selbstständig gemacht, brauchten Werbeaufschriften für ihre Fahrzeuge.“
Folien wurden aus West-Berlin besorgt und mit der Schere ausgeschnitten“, erinnert sich Axel Knote an die schwierigen Anfänge. „Wir haben gearbeitet bis zum Umfallen. Und wir mussten ständig dazu lernen, uns am Markt orientieren.“ Da kam die Verwandtschaft aus dem Westen zur Hilfe, in dessen Nachbarschaft sich eine Siebdruckerei befand. „Wir durften sie besichtigen, konnten uns ansehen wie sie arbeiten, welche Maschinen wir brauchen.“
Das erste Joint-Venture entstand: Sie schickten Plakate und Fotos per Spedition in den Osten, die Paulus&Partner zusammenfügten. „Auch für den Gewürzhersteller Ostmann haben wir gearbeitet und Anhänger mit ihren Gewürztüten verklebt, die in der Grillzeit an Bierflaschen hingen.“ Zu den großen Kunden gehörten die Hammer Heimtexmärkte, die IGEFA, Audi, die Schlau Handwerkermärkte und die GSK Stockmann, eine große Kanzlei mit Staranwälten in Deutschland, Luxemburg und London.
Stets passgenaue Lösungen geboten
Ihm und seinem Schwager hat es Spaß gemacht, für Kunden auch ungewöhnliche Wünsche zu erfüllen und passgerechte Lösungen zu finden. Ein Beispiel ist ein Buch zum 80-jährigen Jubiläum der Firma Henry Kruse aus Schleswig-Holstein, die mit Reinigungs- und Hygieneartikeln ihr Geld verdient. Durch das ganze Buch und Deckel ist ein Loch gestanzt worden, in dem eine kleine runde Seife klebt. Made in Manschnow.
Als die Geschäfte im Osten stagnierten, weil ab Mitte der 1990er Jahre viele kleine Firmen Pleite gemacht haben, machte sich Axel Knote im Westen auf die Suche nach Kunden. „Ich bin Klinken putzen gegangen und oft, sehr oft abgewiesen worden. Es war sehr schwer, in feste Strukturen einzudringen.“ Axel Knote trug damals seine Unterlagen im praktischen Plastekorb aus dem DDR-Einzelhandel immer bei sich. „Ich hieß dann schon immer, der mit dem Plastekorb.“ Der wortgewandte Mann war hartnäckig und hin und wieder sind ihm gute Geschäfte gelungen. „So kam Geld aus dem Westen in den Osten. Wir waren die wahren Wirtschaftsförderer“, ist er überzeugt.
In Technik, Software und Einrichtung investiert
Über die Jahre hat das Unternehmen „mehrere Millionen“ in Technik , Software, Einrichtung und den Flachbau in Manschnow investiert, der noch kurz vor der Wende für den Bauhof der LPG gebaut worden war. Axel Knote hofft, dass er einen Mieter findet, wenn alles verkauft ist. Wenn er heute durch die Halle geht, zeigt er stolz auf die Anschaffungen. Zum Beispiel auf die sehr präzise arbeitenden Perfecta-Schneidemaschinen aus Bautzen, für die sich jetzt eine artfremde Firma aus Neuruppin interessiert. Eine Druckmaschine geht über einen Maschinenhändler nach Indien.
Doch noch jede Menge ist da: ein raumgroßer, vollautomatisch arbeitender CTP-Belichter, mehrere Offset-Druckmaschinen, eine Original-Stanzmaschine Heidelberg Cylinder 72x104 cm. „Die stammt aus den 1960er Jahren und arbeitet einwandfrei“, schwärmt der Chef. Genauso lobt er die 500-Tonnen-Stanze im Format 120x170 cm, die nicht nur dicke Kartons, sondern auch Aluminium stanzen kann. Zum Beispiel für den Landkreis die gelben Naturschutzschilder mit der schwarzen Eule. Da gibt es Falzmaschinen, Kaschiermaschinen zum Platten kleben, eine Stickmaschine, die Namen und Logos in Textilien stickt, und anderes mehr. Es gibt nichts, was die Firma Paulus &Partner nicht gedruckt, gestanzt, beklebt, verschönert hat – von der Angelkarte über das Formular, die Hochglanz-Broschüre bis hin zum Künstlerkalender.
Stundenweise kommt der andere Inhaber und Geschäftsführer Steffen Paulus noch in die Firma, um mitzuarbeiten und die Buchhaltung zu erledigen. Er hat bereits eine neue Anstellung gefunden: als Kaufmann für IT-System-Management in der Gemeinde Letschin. Auch alle anderen Mitarbeiter haben wieder einen Job. Für den noch tätigen polnischen Mitarbeiter Damian stehen die Chancen angesichts der Arbeitsmarktlage gut. Axel Knote wird es sein, der schweren Herzens das Licht ausmacht.
FORUM/Ruth Buder

Annett Schubert
Leiterin
Regionalcenter Oderland