CO2-Fußabdruck

Der Gesellschaft und Umwelt verpflichtet

In einem Pilotprojekt hat die IHK Ostbrandenburg fünf Betriebe beim Ermitteln ihres ökologischen Fußabdrucks unterstützt. Diese Unternehmen haben mit der Beraterfirma „The Future Living“ ihre CO2-Bilanz erstellt und daraus Maßnahmen abgeleitet. Drei Firmen haben besonders überzeugt. Wir stellen sie in einer Serie vor.
Den Auftakt der Serie macht die Allresist Gesellschaft für chemische Produkte und Mikrostrukturierung mbH. Sie ist Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Sitz und Produktionsstandort des Unternehmens ist Strausberg. Wie können wir nachhaltig leben, sodass auch kommende Generationen ein gutes Leben haben? Diese Frage beschäftigt die Firmenchefs von Allresist, Brigitte und Matthias Schirmer, seit sie ihr Unternehmen vor 30 Jahren gründeten. „Wir wollten etwas aufbauen, unser Wissen nutzen und ein sozial verantwortliches und ökologisches Geschäftsmodell verfolgen“, erläutert Brigitte Schirmer. Sie und ihr Mann haben zu DDR-Zeiten als Chemieingenieurin bzw. Chemiker geforscht. 1992 haben sie ihr Unternehmen Allresist aus den Fotochemischen Werken Berlin-Köpenick ausgegründet und acht Jahre später in Strausberg den neuen Firmensitz aufgebaut. Das, was sie dort heute machen, ist ihnen eine Herzenssache.
Allresist stellt lichtempfindliche widerstandsfähige Lacke für die Mikroelektronik her. Diese Lacke, in der Fachsprache Resist genannt, trägt der Kunde in dünnen Schichten von einem tausendstel Millimeter auf Wafer (Siliziumscheiben) auf, aus denen Mikrochips entstehen. Egal ob Smartphone, Auto oder Raumstation, ohne Mikrochips geht nichts. Kunden in Europa, Asien und den USA setzen die Speziallacke des Strausberger Betriebes sehr gerne ein. Sie schätzen die individuelle Beratung und maßgeschneiderte Anfertigung der Resists. 60 Prozent seines Umsatzes macht das familiengeführte Unternehmen im Ausland. „Wir garantieren höchste Qualität, exzellenten Service und kurze Lieferzeiten. Darauf sind wir stolz“, sagt Brigitte Schirmer.
1992 mit Vision begonnen
Die Schirmers haben 1992 mit einer großen Vision begonnen. Sie hatten in ihrer Firmen-Philosophie den Dreiklang „Ökonomisch, ökologisch und sozial verantwortlich“ integriert, als der Begriff Nachhaltigkeit noch nicht gebräuchlich war. Heute ist sie Wirklichkeit und wird weiterentwickelt. „Uns geht es nicht um Gewinnmaximierung um jeden Preis. Mit dem Gewinn wollen wir Sinnstiftendes tun, weil wir uns der Gesellschaft und unserer Umwelt verpflichtet fühlen“, sagt Brigitte Schirmer. „Dabei beziehen wir unbedingt unsere Mitarbeiter mit ein.“ Schon bevor sich Allresist entschieden hatte, an dem Pilotprojekt der IHK teilzunehmen, hat das Unternehmen den Umweltgedanken immer mitgedacht. Er gehört zur DNA des Betriebes. So hat der Firmensitz bei seiner zweiten Erweiterung 2017 ein Gründach erhalten, welches den Wirkungsgrad der bereits 2015 installierten Photovoltaikanlage erhöht. Auch die LED-Umstellung ist längst gemeistert. Das Familienunternehmen hat für sein Engagement viele Auszeichungen erhalten und ist Umweltpartner des Landes
Brandenburg. „Alles das ist Resultat unserer Visionen und vorwärtstreibenden Ideen“, sind die Schirmers überzeugt.
Wir messen unsere Verbrauchsdaten schon seit über zehn Jahren, weil es für uns ein Anliegen ist, Energie und Ressourcen zu sparen.

Brigitte Schirmer

Oft waren es einfache Maßnahmen, die geholfen haben. Dazu gehört es zum Beispiel, Licht und Lüftung auszumachen, wenn man den Raum verlässt, und sparsam mit Wasser umzugehen. Ab 2012 wurde die Büroarbeit mehr und mehr auf E-Business umgestellt, um den Papierverbrauch zu senken. 2017 wurde der 2001 angeschaffte Rotationsverdampfer zu klein. Die Schirmers haben aus dem Betriebsgewinn in einen größeren und effizienteren Verdampfer investiert. Die durch Reinigungsarbeiten verschmutzten Lösemittel werden nach der Redestillation wieder sauber eingesetzt. „Dadurch können 95 Prozent wiederverwendet werden. Nur ein geringer Teil geht in die Verbrennung“, erläutert Matthias Schirmer. „20 Fässer zu je 200 Litern würden normalerweise aufwendig transportiert und verbrannt werden, das wäre also eine ganz schlechte CO2-Bilanz. Durch unsere Wiederaufarbeitung ist es nur ein Fass pro Jahr.“ 2022 hat das Unternehmen einen neuen und in der Welt einzigartigen ökologischen – will heißen grünen – Entwickler für die E-Beamresists entwickelt. Er besteht nur aus Wasser und Isopropanol und findet bei den Kunden reißend Absatz, wie die Schirmers sagen. Ziel der Bestandsaufnahme durch IHK und „The Future Living“ war es, Emissionstreiber zu identifizieren und Innovationen anzustoßen, um Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch und Rohstoffaufwand zu senken.

Energieverbraucher aufgespürt

„Wir sind letzten Sommer, als wir mit dem Ermitteln des ökologischen Fußabdrucks begonnen haben, von der Energiekrise genauso kalt erwischt worden wie andere Firmen“, blickt Brigitte Schirmer zurück. Um den Ressourcenverbrauch zu senken und den CO2-Fußabdruck zu verkleinern, habe man große Energieverbraucher erkannt und durch sparsamere Geräte ersetzt. Dazu gehörte weiterhin eine intelligente Lüftungssteuerung mit Tag-Nacht-Modus und Wärmerückgewinnung sowie die Heizung im Winter noch stärker herunterzuregulieren und körpernahe Wärmelösungen für Mitarbeiter einzusetzen.
Auf diese Weise hat Allresist im vergangenen Jahr gegenüber 2021 rund 20 Prozent weniger Strom und 23 Prozent weniger Wärme verbraucht. Kombiniert mit der Photovoltaikanlage konnten fast 10 Tonnen CO2-vermieden werden, was mit dem bezogenen Grünstromanteil der Stadtwerke zu einem minimalen CO2-Fußabdruck führt. Der ökologische Fußabdruck wird für weitere strategische Entscheidungen bei Allresist herangezogen. In dem geplanten Erweiterungsbau wird noch stärker auf Energieeffizienz geachtet, es werden nachhaltig hergestellte Rohstoffe eingesetzt und es wird eine weitgehende Energieautarkie angestrebt. Das soll durch Stromspeicher, weitere Photovoltaik und mit einem kleinen Windrad erreicht werden. Die Firmeninhaber zeigen, dass sich eine ökologisch nachhaltige Herstellung und eine wirtschaftliche Produktion von Resist-Produkten nicht ausschließen müssen.

Firmenphilosophie
Das große Weltklima liegt den Schirmers ebenso am Herzen wie das Klima in der Firma. Sie leisten Überzeugungsarbeit, wenn es um den persönlichen Ressourcenverbrauch der Mitarbeiter geht. Seit 2021 pflanzt das 17-köpfige AR-Team mit einem Förster jedes Jahr eigenfinanzierte Baumsetzlinge im Oderbruch. So wundert es nicht, dass Allresist gerade als „Arbeitgeber der Zukunft“ ausgezeichnet wurde. Weil die Strausberger High-Tech-Firma immer mehr Aufträge von Kunden erhält, sucht sie fachlich engagierte Leute, die die Firmenphilosophie von Allresist mittragen.
Die Unternehmensnachfolge ist gesichert. Im nächsten Jahr wird Matthias Schirmer 70 Jahre alt. Das ist Anlass zur Übergabe des Staffelstabes vom Vater an Tochter Ulrike. Sie ist schon jetzt Personalchefin, ihr Bruder Oliver ist der Technologe und IT-Fachmann. Matthias Schirmer wird weiter im Unternehmen tätig sein. „Mir macht die Arbeit Freude. Das ist mein Lebenswerk.“
FORUM/Eva-Martina Weyer
Jens Jankowsky
Referent Innovation/Energie
Geschäftsbereich Wirtschaftspolitik