Brandenburgs Beste

Apparatebauer bereit für Neues

Wichtigste Säule der Brandenburger Wirtschaft sind die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Einige von diesen Firmen überzeugen durch Innovationen und Spezialisierungen. Sie bedienen Nischen, sind inhabergeführt und arbeiten nicht börsennotiert – die so genannten Hidden Champions. In unserer Serie stellen wir Brandenburger Unternehmen vor, auf die das zutrifft. Heute: A & W Apparate & Wärmetauscherbau GmbH
Wer beim Wärmetauscher zuerst an die Heizung im Einfamilienhaus denkt, liegt richtig. Aber auch bei fast allen chemischen Prozessen kommen Wärmetauscher zum Einsatz, denn es muss Wärme zu- oder abgeführt werden. Solche Anlagen entstehen in der Firma A & W Apparate & Wärmetauscherbau GmbH in Schwedt. Die Behältnisse wiegen bis zu 40 Tonnen. 2022 wurde das Unternehmen mit dem Brandenburgischen Zukunftspreis ausgezeichnet. Eine Anerkennung für das bisher Geleistete und zugleich ein Vertrauensbonus für die Zukunft. Denn mit der geplanten Entwicklung des PCK zur Produktionsstätte von grünem Wasserstoff steht die Firma vor neuen Herausforderungen.
Die Gründung
Die A&W Apparate & Wärmetauscherbau GmbH nahm im November 2014 mit zehn Mitarbeitern die Arbeit auf. Die Firma startete als Neugründung, aber mit einer Vorgeschichte. Ab 1966 bauten die Hauptwerkstätten des Petrolchemischen Kombinats Schwedt (PCK) in einem eigenen Bereich Wärmetauscher. Bei der Privatisierung des Kombinats wurde dieser Bereich zunächst an den US-amerikanischen Konzern Furmanite verkauft, doch er wurde dort schnell zu einem ungeliebten Kind und weiterverkauft. Nach kurzer Zeit entschieden die neuen Eigentümer, dass Kosten gespart werden sollen. Nur noch die Hälfte der Belegschaft wäre geblieben und der Rest durch Zeitarbeiter ersetzt worden. Allein in der PCK Raffinerie sind Hunderte von Wärmetauschern und Druckbehältern vorhanden, die regelmäßig gewartet und von Zeit zu Zeit erneuert werden müssen.
Der geplante Stellenabbau sorgte für schlaflose Nächte bei der Belegschaft und bei den beiden heutigen Geschäftsführerinnen Katrin Wallura und Maren Blank. Nicht nur der Umgang mit dem Personal, sondern auch die Perspektive des Unternehmens bereitete den beiden Sorgen. Anlagen für die Petrochemie müssen höchsten Sicherheitsanforderungen – bis hin zur Erdbebensicherheit – genügen. Umfangreiche Dokumentationen werden verlangt, um den Einbau zu ermöglichen. Die Beschäftigten müssen Qualifikationen und Berechtigungen nachweisen. Zudem sind die Wärmetauscher und jeder Druckbehälter Einzelanfertigungen, je nach Nutzungszweck. In der petrochemischen Industrie sind die Anforderungen besonders streng, denn Ausfälle können hohen wirtschaftlichen Schaden verursachen.

Qualifizierte Belegschaft
Katrin Wallura sagt: „Für gesicherte Qualität braucht man eine Stammbelegschaft. Der Auftraggeber PCK vertraut auf unsere zum Teil jahrzehntelangen Erfahrungen. Aber wir sollten 50 Prozent der Mitarbeiter vorschlagen, auf die verzichtet werden könnte.“ Auch soziale Erwägungen spielten eine Rolle bei der Entscheidung, eine eigene Firma zu gründen. Katrin Wallura gründete sie gemeinsam mit Maren Blank und dem ehemaligen Werkstattleiter Burkhard Grunow. Die Planungen blieben den Auftraggebern in der PCK Raffinerie nicht verborgen. Auch sie erkannten, dass die Entwicklung in die falsche Richtung ging, und hatten ein offenes Ohr für das Anliegen der Apparatebauer. „Wir hatten immer ein gutes persönliches Verhältnis zum PCK. Die Aussage, dass wir als Neugründung an Ausschreibungen teilnehmen dürfen, war ganz entscheidend für uns“, erinnert sich Katrin Wallura. Die A&W Apparate & Wärmetauscherbau GmbH mietete eine Montagehalle mit vorhandenen Krananlagen. So kam es, dass die Firma bis heute ihren Sitz inmitten der PCK Raffinerie Schwedt hat.
Die Gründerinnen
Katrin Wallura arbeitete seit 2001 im Vorgängerbetrieb. Sie ist Maschinenbau-Ingenieurin, und das war ihr Berufswunsch schon in der Schule. Sie sagt: „Es war in der DDR nicht ungewöhnlich, dass Frauen einen technischen Beruf lernten und studierten. Ich habe es auch nie als etwas Besonderes empfunden.“ Maren Blank stammt aus Schwedt. Die gelernte Fachverkäuferin machte im Fernstudium einen Abschluss als staatlich geprüfte Betriebswirtin. Als ihr Arbeitgeber, der Konsum, Insolvenz anmeldete, ging sie in die Industrie. 2005 fing sie in der Vorgängerfirma im kaufmännischen Bereich an. Im Apparatebau ist gerade am Anfang ein langer Atem nötig. Die Anlagen werden nach den Vorgaben der Kunden entwickelt, gebaut und vor Ort in Betrieb genommen. Es dauert sieben bis acht Monate von der Auftragserteilung bis zur Inbetriebnahme eines Großgeräts. Erst dann fließt das Geld. Die Firma musste sich darum zunächst auf Reparaturen und Wartungen konzentrieren, um die ersten Einnahmen zu erwirtschaften.
Start mit Kredit und Förderung
Die Gründer überzeugten mit ihrem Businessplan die Bank, die ILB und die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft als Fördermittelgeber, damit konnten sie Maschinen für die Produktion kaufen. Insgesamt zwei Millionen Euro hatte die junge Firma danach für neue Technik zur Verfügung, die Hälfte davon aus einer Förderung. Maren Blank sagt: „Es war ein Glücksfall, dass wir eine Halle mit zwei Kränen mieten konnten, auch wenn die Anordnung für unsere heutigen Arbeitsabläufe nicht optimal ist.“ 14 Tage nach der Firmengründung begannen die ersten zehn Mitarbeiter mit der Arbeit. Im August 2015 arbeiteten bereits 50 Mitarbeiter in der Firma, heute sind es 66. Sie erwirtschaften einen Jahresumsatz von 7 bis 11 Millionen Euro.
Die Mitarbeiter
Zu den ersten Mitarbeitern der A&W Apparate und Wärmetauscherbau GmbH gehörte Mathias Münn. Er hatte im Vorgängerunternehmen ab 2008 als Einkäufer gearbeitet. Er berichtet: „Bei A&W bekam ich die Chance, die Leistungskalkulation und Angebotserstellung zu übernehmen. Das war für mich der Grund, unbedingt mitzukommen.“ 2016 absolvierte der Mitarbeiter dann eine zweijährige Fortbildung zum Technischen Betriebswirt.

Ebenfalls seit Anbeginn ist die studierte Konstrukteurin Nicole Bresinske dabei, die ihre Laufbahn als BMSR-Mechanikerin und Bauzeichnerin begann. Sie hatte in der früheren Firma ab 2004 als Technische Zeichnerin gearbeitet und ist jetzt als Konstrukteurin und Ausbilderin für den Azubi in der Konstruktionsabteilung tätig. Sie sagt:
Wir rechnen und zeichnen am Computer. Weil jede Anlage ein Einzelstück ist, bleibt es immer spannend.

Nicole Bresinske, Konstrukteurin und Ausbilderin

Tino Stockfisch ist seit fünf Monaten im Unternehmen. Er hat in seiner Heimatstadt Schwedt Industriereiniger gelernt. Dann arbeitete er für sieben Jahre bei Wartungen in verschiedenen Raffinerien europaweit. Der Produktionsstillstand während der Pandemie motivierte ihn, sich nach einem Job in der alten Heimat umzusehen. Da er einen Staplerschein mitbrachte, konnte er direkt anfangen. Zusätzlich hat er inzwischen auch den Kranschein gemacht.
Die Kunden
Die A&W Apparate und Wärmetauscherbau GmbH macht etwa 50 Prozent ihres Umsatzes mit der PCK Raffinerie GmbH. Dazu gehören die turnusmäßigen Wartungen, die alle vier Jahre vorgeschrieben und die mit einer technischen Abnahme verbunden sind. Weitere Raffinerien, vorrangig im norddeutschen Raum, gehören zu den Kunden. Auch an Kunden in Süddeutschland, sogar an eine Raffinerie in Portugal wurde schon geliefert, aber da werden die Kosten für Lieferung und Montage vor Ort immer ein limitierender Faktor sein. Maren Blank sagt:
Wir wollen uns künftig breiter aufstellen und nehmen andere Branchen in den Blick.

Maren Blank, Geschäftsführerin

Dazu gehört die Präsenz auf der Achema, der weltweiten Leitmesse für die Prozessindustrie, die alle drei Jahre in Frankfurt (Main) stattfindet. Dort werden Anlagen präsentiert, die für Branchen wie die Chemieindustrie, Pharma, Biotechnologie, Energie und Umwelt bestimmt sind. Erfahrungen damit wurden bereits beim Hersteller von Biokraftstoff und Biogas Verbio oder der Papierfabrik Leipa in Schwedt gesammelt.
Die Produktion
Wärmetauscher – oder besser Wärmeüberträger, wie Katrin Wallura erläutert – trennen unterschiedliche Flüssigkeiten oder Gase voneinander. Es kommt an den Rohren, die durch ein Behältnis geführt werden, zum Wärmeübertrag. Zum Know-how der Anlagenbauer gehört es, diesen Wärmeübertrag möglichst effizient zu gestalten. Die Behältnisse müssen hohe Drücke aushalten und in aggressiven Medien sicher betrieben werden können. Wartungen, technische Dokumentation und Reparaturen sind ein wichtiges Aufgabenfeld für die A&W Apparate und Anlagenbau GmbH. So wird alle drei Jahre die PCK-Raffinerie für eine große Revision komplett abgeschaltet und die Mechaniker zerlegen die Anlagen. „Wir setzen Schweißautomaten ein, aber es bleibt noch immer viel Handarbeit“, erläutert Maren Blank beim Rundgang durch die Werkhalle. „Auch körperliche Arbeit ist weiterhin nötig, aber die Abläufe von der Konstruktionsabteilung in die Produktion sind bereits digitalisiert.“
Nachwuchsgewinnung
Nachwuchsgewinnung ist bei einem Altersdurchschnitt von 47 Jahren eine wichtige Zukunftsaufgabe. Die Firma bildet aus und hat zurzeit fünf Azubis, die innerhalb von dreieinhalb Jahren Industriemechaniker werden. Ein Azubi lernt in der Konstruktionsabteilung den Beruf des Technischen Produktdesigners. Marco Braun hat 2020 nach dem Abitur im Unternehmen angefangen.
Der Schwedter entdeckte das Ausbildungsangebot auf der Internetseite der Arbeitsagentur, bewarb sich und erhielt die Einladung zu einem Schnupperpraktikum. In zwei Tagen lernte er die Abteilungen kennen und machte erste Versuche am Konstruktions-PC. „Es ist spannend, Teile in 3D zu entwickeln und zu sehen, wie in der Werkstatt daraus eine Anlage wird“, sagt er. Marco Braun wird im nächsten Jahr seine Ausbildung abschließen.
Florian Blank, der Sohn von Maren Blank, hat 2021 in der Firma angefangen und ist inzwischen kaufmännischer Leiter. Er absolvierte an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde ein Studium im Fach Unternehmensmanagement und war auf der Suche nach einer Arbeit in Potsdam, als ihn der Anruf seiner Mutter erreichte, dass zum Ende des nächsten Monats zwei Angestellte im Einkauf das Unternehmen verlassen. Daraufhin entschied er sich, bei der A&W Apparate und Wärmetauscherbau GmbH anzufangen. Natürlich stand dabei die Unternehmensnachfolge als Ziel. Für Florian Blank gibt es aber noch einen Grund, der ihm die Entscheidung erleichterte. Seine Freundin ist eine Molekularbiologin und der geplante Technologiewandel in der Raffinerie könnte die Chance bieten, dass auch sie in Schwedt Arbeit findet. Im Moment führen die beiden eine Wochenendbeziehung.
Technologiewandel in Schwedt
Die Suche nach Alternativen fürs russische Öl bestimmte die Diskussion im Jahr 2022, auch unter den Beschäftigten der A&W Apparate und Wärmetauscherbau GmbH. Und es bleibt weiter spannend. Die PCK Raffinerie soll langfristig grün werden und auf der Basis von Wasserstoff arbeiten. Die Stadt Schwedt wird einen Innovationscampus bekommen, der dazu forscht und entwickelt. Die Firma A&W ist Mitglied im Förderverein des Campus seit 2022. Katrin Wallura ist seit 2017 Mitglied in der IHK-Vollversammlung. „Ich sehe die IHK als Vermittlerin zwischen Politik und Wirtschaft. Es ist wichtig, in Netzwerken dabei zu sein, sich zu informieren und an den Entwicklungen mitzuarbeiten“, begründet sie das.
Das ist auch die Motivation für das Engagement der Firma im Förderverein. Durch die Wasserstoffwirtschaft und die Batterieherstellung könnten sich neue Geschäftsfelder ergeben, auf die sich die Apparatebauer rechtzeitig vorbereiten wollen. Wasserstoff braucht zum Beispiel hochfeste Tanks aus diffusionsbeständigem Edelstahl. Katrin Wallura blickt gespannt auf die Entwicklung: „Wir können beides zuverlässig liefern, ohne Transportwege. Aber vorher brauchen wir eine tragfähige Strategie für den Standort.“
 FORUM/Bolko Bouché
Jens Jankowsky
Referent Innovation/Energie
Geschäftsbereich Wirtschaftspolitik