Medien-Information

IHK: Konjunktur weiter im Rückwärtsgang

Unzufriedenheit mit der Wirtschaftspolitik wächst

Unternehmen vermissen Planbarkeit und klare Energiestrategie

5/2024 vom 19. Januar 2024
Das regionale Geschäftsklima hat sich zum Jahresende 2023 weiter abgekühlt. Der Konjunkturklimaindex, den die Oldenburgische Industrie- und Handelskammer auf Basis einer Umfrage ermittelt, ist zum Ende 2023 um 6,4 auf 74,6 Punkte gefallen. Der Wert basiert auf den Rückmeldungen von rund 250 Unternehmen der Region.
„Die Wirtschaft im Oldenburger Land hat 2023 den Rückwärtsgang eingelegt“, sagt Björn Schaeper, Geschäftsführer der IHK für den Bereich Wirtschaftspolitik. Der aktuelle Klimaindex liege merklich unter dem Vorjahres-Index (4. Quartal 2022: 79,9 Punkte). Gründe für die schlechte Stimmung gebe es viele, so der IHK-Geschäftsführer: Die weiterhin hohe Inflation drücke die Konsumstimmung. Dazu trage auch der jüngste Wegfall der reduzierten Umsatzsteuerwerte auf Energie und in der Gastronomie bei. Zudem belasteten die Energiepreise die Ertragslage vieler Unternehmen, so Schaeper. Gleichzeitig komme der Export aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine, in Nahen Osten sowie aktuell im Roten Meer nicht in Schwung. „So verwundert es nicht, wenn Industrie, Einzelhandel sowie Großhandel ihre ohnehin schon angespannte Situation im Schlussquartal 2023 nochmals schlechter beurteilen“, gibt Schaeper ein zentrales Umfrageergebnis wieder.
Im Transport- und Logistikgewerbe beurteilt jeder zweite Befragte die Lage als schlecht, nur 16 Prozent beurteilen als gut. Ganz gegensätzlich sieht es das Dienstleistungsgewerbe: Hier gibt jeder zweite Befragte ein „Gut“-Urteil ab, nur ein Prozent ein „Schlecht“-Urteil.
„Sorgen bereitet den Unternehmen vor allem der Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr“, sagt Schaeper. Fast jeder zweite befragte Betrieb geht für das Jahr 2024 von einer ungünstigeren Entwicklung aus. Nur fünf Prozent erwarten eine Besserung. Insbesondere Großhandel, Einzelhandel, Industrie sowie Transport- und Logistikgewerbe sind überwiegend pessimistisch.
„Dieser sehr negative Ausblick hat nicht nur etwas mit der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation zu tun, sondern ist auch ganz klar Ausdruck deutlicher Unzufriedenheit mit der aktuellen Wirtschaftspolitik“, fasst Schaeper die Meinungen vieler Unternehmen zusammen. Sie beklagen zunehmend schlechte Standortbedingungen und insbesondere fehlende Planbarkeit. Was gestern verkündet wurde, gelte heute nicht mehr, so zum Beispiel beim Wachstumschancengesetz. „Vor allem die Industrie kritisiert, dass es weiterhin an einer langfristigen Energie-Perspektive fehlt“, so der IHK-Geschäftsführer.
„Nötig sind jetzt konkrete Maßnahmen, die die Unternehmen in ihrer Praxis entlasten“, sagt er. Neben einer klaren Energiestrategie und wettbewerbsfähigen Energiepreisen betreffe das den dringend nötigen Abbau der Bürokratie, den Ausbau und die Ertüchtigung der Infrastruktur sowie die Senkung der Steuer- und Abgabenlast. Sonst sei der Standort Deutschland nachhaltig in Gefahr und eine konjunkturelle Abwärtsspirale auch im Oldenburger Land sehr wahrscheinlich.
Branchenergebnisse
Die Stimmung in den Industrieunternehmen ist gedrückt. Jedes dritte befragte Unternehmen ist unzufrieden mit der aktuellen Situation, nur 13 Prozent beurteilen sie als gut. Die Auftragseingänge sind weiter gesunken, ebenso die Umsatzerlöse. Hohe Energiekosten, Belastungen durch neue bürokratische Vorgaben wie das Lieferkettengesetz sowie der Fachkräftemangel setzten den Unternehmen zu. Sie erwarten für das Jahr 2024 vorerst keine Besserung: Die Umsätze bleiben auf niedrigem Niveau, der Export wird keine Impulse setzten können. So bleibt mehr als jeder zweite befragte Betrieb skeptisch, nur rund acht Prozent rechnen mit einer Besserung.
Das Gros der Bauunternehmen zeigt sich mit der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung zufrieden. Die Sparten Hochbau, Tiefbau sowie Ausbaugewerbe berichten von gestiegenen Auftragsreichweiten, die im Schnitt deutlich über vier Monaten liegen. Zudem hat sich die Ertragslage gegenüber dem Vorquartal etwas verbessert. Die Aussicht auf sinkende Zinsen lässt die Bauunternehmen hoffen, dass das Jahr 2024 zumindest befriedigend verlaufen wird. Fachkräftemangel und lange Planungszeiten bleiben große Herausforderungen.
Die Lage im Einzelhandel bleibt angespannt. Selbst das Weihnachtsgeschäft konnte daran nichts ändern. Die Kauflaune wurde durch die ungünstigen gesamtwirtschaftlichen Bedingungen, beeinträchtigt. Auch der Ausblick in die Zukunft beunruhigt die Händlerinnen und Händler, da sie keine Verbesserung der Kauflaune erwarten und zugleich mit einem Mangel an (Fach-)Personal sowie steigenden Energiekosten konfrontiert sind.
Die regionalen Großhändler berichten über erheblich schlechtere Geschäfte als im Vorquartal: Der Anteil der positiven Rückmeldungen sinkt um fast 20 Prozentpunkte auf fünf Prozent. Jeder vierte Betrieb geht von einer abnehmenden Beschäftigungszahl aus. Als Gründe für dieses Entwicklung nennen die Großhändler die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die sinkende Inlandsnachfrage und die steigenden Energie- und Rohstoffpreise.
Die Stimmung im Transport- und Logistikgewerbe war im vierten Quartal 2023 schlecht. Dies zeigt sich sowohl bei der gegenwärtigen Geschäfts- und Ertragslage als auch bei den Erwartungen für das Jahr 2024. Ursächlich hierfür sind neben den seit langem bekannten Problemen Fachkräftemangel und der steigende Energiepreise auch die seit Dezember 2023 deutlich erhöhte Maut. Hinzu kommt eine Anhebung der CO₂-Steuer, die den Diesel zum Jahreswechsel erneut verteuert hat. Es dürften auch weniger Aufträge aus dem Bausektor hereinkommen.
Die Stimmung in der Dienstleistungsbranche hat sich im Vergleich zum Vorquartal kaum verändert: Jeder zweite Betrieb meldet eine gute Geschäftslage, der Anteil der negativen Rückmeldungen ist sehr gering. Jedoch geht jedes fünfte Unternehmen davon aus, dass die zukünftige Beschäftigtenzahl sinken wird. Als größte Negativfaktoren für die zukünftige Entwicklung nennen die Dienstleister den Fachkräftemangel, die steigenden Arbeitskosten und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.