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Russland-Sanktionen

Die wirtschaftlichen Sanktionen der EU gegen Russland bestehen im Kern seit der unrechtmäßigen Annexion der Halbinsel Krim und der Hafenstadt Sewastopol durch die Russische Föderation im Jahr 2014. Russland reagierte darauf seinerzeit mit Einfuhrverboten für bestimmte Waren aus der EU. 2017 haben auch die USA ihr bestehendes Embargo gegen Russland verschärft und 2018 erweitert. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine baut die westliche Welt ihre Sanktionen gegen Russland umfassend aus.

Nachweispflicht für Eisen- und Stahlprodukte nur für Erst-Importe in die EU 


Für Käufe von in Anhang XVII des Russland-Embargos aufgeführte Eisen- und Stahlprodukte aus Drittländern, die sich bereits in der EU im freien Verkehr befinden, gilt die in Art. 3g d) letzter Satz des Russland-Embargos stipulierte Nachweispflicht nicht
 
Das Nachweisgebot gilt ausschließlich für den Einführer zum Zeitpunkt der Einfuhr in die EU. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des Art. 3g d) letzter Satz VO 833/2014: „müssen die Einführer zum Zeitpunkt der Einfuhr einen Nachweis über das Ursprungsland der Eisen- und Stahlvorprodukte […] vorlegen“.
 
Hierzu verweisen wir ebenfalls auf die ausführlichen FAQs der Kommission zu den Russland-Sanktionen (S. 170-175 des Dokuments). Insbesondere verweisen wir auf die Ausführungen zu Frage 8 auf S. 173f. des Dokuments:
„the same Article establishes an obligation for the importer in the EU to provide evidence […] No evidence is needed for purchases regarding goods that have already been imported into the Union. No evidence is needed for the transfer from one Member State to another of goods that have already been imported into the Union.“

Zusätzliche Kontrollen in Litauen

Die litauische Zollverwaltung hat strenge zusätzliche Kontrollen für bestimmte „sensible” Waren angekündigt, wenn diese im Transit durch Russland oder Belarus in Drittländer befördert werden sollen. Die Ankündigung erfolgte am 20. Juni 2023 noch vor Inkrafttreten des 11. Sanktionspakets. Bei den betroffenen Waren handelt es sich überwiegend um in den Embargoverordnungen gelisteten Waren aus den Kapiteln 84, 85 und 90. Ziel der Kontrollmaßnahmen ist es, Umgehungsgeschäfte zu verhindern. Vorzulegen sind Erklärungen des Herstellers aus denen hervorgeht, dass
  • die beteiligten Akteure (Verkäufer, Käufer, Endverwender) und die Endverwendung bekannt sind und
  • keine Bedenken hinsichtlich einer möglichen Umgehung von Sanktionen besteht.
Laut Mitteilung der litauischen Zollbehörden ist mit erheblichen Verzögerungen oder Zurückweisungen zu rechnen, wenn keine entsprechenden Erklärungen vorgelegt werden.

11. Sanktionspaket erlassen:

Am 23. Juni 2023 ist mit der Verordnung (EU) 2023/1214 das mittlerweile 11. Sanktionspaket der EU gegen Russland im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden. Die Regelungen sind seit 24. Juni 2023 in Kraft. Die neuen Sanktionen enthalten folgende Kernpunkte:
  • Ausweitung der Ausfuhrbeschränkungen, Erweiterung der Güterlisten (Anhang VII und Anhang XXIII)
  • Ausweitung des Transitverbots durch russisches Staatsgebiet auf
    • High-Tech und Güter zur Entwicklung des Verteidigungs- und Sicherheitssektors (Anhang VII)
    • Güter, die für die Verwendung in der Luft- oder Raumfahrtindustrie geeignet sind (Anhang XI)
    • Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive (Anhang XX)
  • Ausweitung des Beförderungsverbots von Gütern durch die EU auf in Russland zugelassene Anhänger und Sattelanhänger
  • Einführung einer gesetzlichen Grundlage, um durch Verkaufs- und Ausfuhrverbote gelisteter Güter in gelistete Drittländer das Risiko von Umgehungsgeschäften zu minimieren
  • Einführung einer Nachweispflicht über den Ursprung von Vormaterialien bestimmter Eisen- und Stahlprodukte bei Einfuhr (Anhang XVII)
  • Sanktionen gegen weitere Personen und Organisationen
Wer kann unter welchen Umständen betroffen sein? Lesen Sie dazu auch den ausführlichen Artikel von Herrn RA Dr. Harald Hohmann, Kanzlei Hohmann Rechtsanwälte Gelnhausen, mit Fallbeispielen und Lösungen.

EU-Sanktionen gegen Russland – Zusammenfassung

Die Sanktionen gegen Russland umfassen unter anderem (Erweiterungen durch das 11. Sanktionspaket sind fett markiert):
  • Listung russischer Banken. Einschränkung der Refinanzierungsmöglichkeiten von Staatsunternehmen und strategischer Branchen auf dem EU-Finanzmarkt.
  • Ausschluss einzelner russischer Banken aus dem SWIFT-System.
  • Beschränkung der Konvertierbarkeit der Devisenreserven der russischen Zentralbank
  • Listung von russischen Personen und Unternehmen. Diese sind unter anderem in der Finanzsanktionsliste der EU (Fisalis) enthalten. Die Sanktionsliste sieht eine Sperre von Aktiva, Kreditverbote sowie ein EU-Einreiseverbot vor. Mit dem 11. Sanktionspaket wurden weitere Personen und Organisationen gelistet.
  • Verbot der Lieferung von Dual-Use-Gütern nach Russland mit wenigen Ausnahmen. Keine Ausnahmen bei militärischer Nutzung oder für die Verwendung im Energiesektor.
  • Transitverbot für Dual-Use-Güter durch russisches Staatsgebiet. Ausweitung des Transitverbots auf weitere Güter.
  • Schlüsseltechnologien: Ausfuhrverbot unter anderem von Halbleitern und High-Tech-Gütern mit wenigen Ausnahmen. Keine Ausnahmen bei militärischer Nutzung oder für die Verwendung im Energiesektor. Erweiterung des Anhangs VII, darumter bestimmte elektronische Bestandteile, Halbleitermaterialien, Ausgangsstoffe für energetische Materialien, Ausgangsstoffe für chemische Waffen, optische Bestandteile, Navigationsinstrumente sowie im Verteidigungssektor verwendete Metalle und Schutzausrüstung.
  • Verbot unterstützender Dienstleistungen wie technischer Unterstützung und Finanzierung für diese Güter.
  • Energiesektor: Ausfuhrverbote betreffen Technologien, die für den Ausbau der Erdölraffinerien benötigt werden. 
  • Transportsektor: Verbot des Verkaufs jeglicher Luftfahrzeuge, Ersatzteile und entsprechender Ausrüstung.
  • Luxusgüter: Ausfuhrverbot, Verkaufsverbot (auch bei Verkäufen über die Ladentheke)
  • Flugturbinenkraftstoffe: Ausfuhrverbot
  • Güter aus verschiedenen Segmenten (Anhang XXIII): Ausfuhrverbot. Erweiterung des Anhangs.
  • Visapolitik: Diplomaten und verwandte Gruppen sowie Geschäftsleute werden keinen privilegierten Zugang mehr zur Europäischen Union haben.
  • Sperrung des EU-Luftraums für russische Flugzeuge.
  • Der Straßengütertransport in der EU ist für in Russland registrierte Kraftverkehrsunternehmen verboten. Ausweitung des Beförderungsverbots auf in Russland zugelassene Anhänger und Sattelanhänger. Es gibt Ausnahmen für wenige Güter. Die zuständige Genehmigungsbehörde ist in Deutschland das BAFA. Die Antragstellung erfolgt durch den Ausführer über das ELAN-K2-System. Anfragen zum Transportverbot und zu Ausnahmegenehmigungen sind an die Adresse embargo-transport@bafa.bund.de zu richten.
  • Einfuhrverbote in die EU von Stahl und bestimmten Stahlerzeugnissen aus den Kapiteln 72 und 73. Einführung einer Nachweispflicht bei Einfuhr über den Ursprung von Vormaterialien gelisteter Eisen- und Stahlerzeugnisse ab 30. September 2023.
  • Einfuhrverbote von Gütern, die Russland erhebliche Einnahmen einbringen, zum Beispiel Kaviar, Holz (das komplette Kapitel 44, Kraftpapier und Pappe, Düngemittel, Glas, Schiffe sowie Bohr- und Förderplattformen, Gold und Schmuck.
  • Kritische Infrastruktur in der EU: russische Staatsangehörige und Personen mit Wohnsitz in Russland dürfen keine Leitungsposten bekleiden.
  • Verbot, Gasspeicherkapazitäten für russische Personen und Organisationen zur Verfügung zu stellen.
  • Sanktionen gegen russische Medien (weitere Maßnahmen)

Konsolidierte Fassung des Russland-Embargos

Details zu den Embargomaßnahmen und den genannten Anhängen sind in der Russland-Embargoverordnung VO (EU) Nr. 833/2014 enthalten. Wir haben auf die konsolidierte Fassung  verlinkt, die alle Änderungsverordnungen beinhaltet. Bei Änderungen kann es immer einige Zeit dauern, bis die neueste Änderungsverordnung eingearbeitet ist.
Hinweis: In letzter Zeit erreichen uns vereinzelt Anfragen zur Lieferung sanktionierter Ware in Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) oder anderen Drittstaaten, um die geltenden Bestimmungen zu umgehen. Die EU-Kommission hat diesbezüglich am 1. April eine Mitteilung an Unternehmen herausgegeben. Darin wird explizit an die Sorgfaltspflicht der Unternehmen erinnert, mögliche Umgehungslieferungen über Drittstaaten, z.B. EAWU (Kasachstan, Armenien …), zu prüfen.
 
Bedingt durch die dynamische Situation gilt weiterhin, dass sich der Umfang der Sanktionen kurzfristig ändern kann. 

Neu: Allgemeine Genehmigung (Agg) Nr. 31

Diese Allgemeine Genehmigung gilt ab dem Tag ihrer Bekanntgabe im Bundesanzeiger (24.06.2022) und wird zunächst bis zum 31. Dezember 2022 befristet. 
Bei laufenden Vergabeverfahren (Zuschlagsverbot) ist der Tag der Einleitung des Vergabeverfahrens für die rechtzeitige Inanspruchnahme maßgeblich. Bei bestehenden Verträgen (Vertragserfüllungsverbot) ist der Tag der Anzeige der Inanspruchnahme gegenüber dem Auftragnehmer im Sinne des Abschnitts II, Ziffer 4.2 dieser Allgemeinen Genehmigung maßgeblich.
Soweit Auftraggeber im Sinne von § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bis zum 31.12.2022 von der Allgemeinen Genehmigung Gebrauch gemacht haben, werden deren Wirkungen für diese konkreten Vergabeverfahren bzw. bestehenden Verträge von der Befristung nicht beschränkt. Eine erneute Genehmigungspflicht durch die Befristung entsteht für diese Vorgänge nicht.

Aktuelle Informationen

Die Auslandshandelskammer Russland (AHK) informiert über die aktuell geltenden Sanktionen sowohl von russischer als auch von europäischer und amerikanischer Seite. Abonnieren Sie gerne auch den “Sanktionsbriefing”-Newsletter der AHK.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle informiert auf seinen Internetseiten über die aktuellen Entwicklungen des Embargos. Zusätzlich wurde eine Telefonhotline für Fragen eingerichtet: 06196 908-1237
Die Gesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) stellt unter anderem die seit längerem geltende russische Einfuhrverbotsliste für Waren aus der EU zur Verfügung.

EU-Leitlinien für Ausfuhrbeschränkungen nach Russland & Belarus

Am 18.03.2022 hat die EU-Kommission eine Reihe von häufig gestellten Fragen (FAQ) zu Ausfuhrbeschränkungen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck und Spitzentechnologie veröffentlicht. Das Dokument enthält u.a. ein Umschlüsselungsverzeichnis für den Abgleich der Listenpositionsnummern für in Anhang VII der VO (EU) 2022/328 enthaltene Spitzentechnologie-Güter mit den Zolltarifnummern des TARIC. Die FAQs werden fortlaufend aktualisiert.
Die EU hat ihre Guidance zur Sanktionsumsetzung kürzlich erweitert und konsolidierte Fassungen zu den Russland- und Belarus Embargos zur Verfügung gestellt. Die EU-Website mit den erweiterten FAQ zu den Sanktionen finden Sie hier.
Verlinkt sind auf der Seite nun außerdem u.a. die nunmehr konsolidierten Fassungen des Russland-Embargos (VERORDNUNG (EU) Nr. 833/2014) und des Belarus-Embargos (VERORDNUNG (EG) Nr. 765/2006).

Russische Gegensanktionen

Russland hat als Reaktion auf die EU-Maßnahmen seinen Luftraum für europäische Airlines gesperrt. Darüber hinaus dürfen russische Personen nur noch Devisen bis max. 10.000 US-Dollar ausführen. Entsprechend darf auch kein Geld mehr auf eigene bestehende Konten im Ausland überwiesen werden.
Laut Aussage der AHK Russland darf jedoch weiterhin Geld auf ausländische Konten überwiesen werden, sofern die Zahlungen für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen (einschließlich kommunaler Dienstleistungen für im Ausland gelegene Immobilien, medizinischer Leistungen und Bildungsprogramme etc.) bestimmt sind.
Überweisungen an Geschäftspartner auf deren Auslandskonten sind weiterhin möglich, wie auch Zahlungen für Importe und die Rückerstattung früherer Auslandskredite. Fraglich ist jedoch derzeit, ob Gelder aus Russland tatsächlich auch von europäischen Kreditinstituten angenommen werden.
Darüber hinaus wies der russische Präsident Wladimir Putin an, im Jahr 2022 den Export und den Import bestimmter Warenarten und Rohstoffe aus Russland zu begrenzen oder zu verbieten – gemäß Listen, die die Regierung festlegt. Hierunter fallen unter anderem technologische und Telekommunikationsausrüstung, medizinische Geräte, Fahrzeuge, landwirtschaftliche Maschinen, elektrische Geräte und Holz.
Mit Wirkung vom 10. Oktober 2022 hat die russische Regierung ein Transportverbot für Lastkraftwagen aus EU-Ländern, Norwegen, Großbritannien und der Ukraine verhängt. Demnach sind sowohl der bilaterale Gütertransport als auch der Transit und die Einfahrt aus Drittländern verboten. Die Maßnahme ist eine Reaktion auf das von den genannten Ländern verhängte Transportverbot für russische LKW auf dem Gebiet der EU, Norwegen, Großbritanniens und der Ukraine. Die Bestimmungen gelten bis zum 31. Dezember 2022.

Sanktionen gegen Belarus

Die bereits bestehenden Sanktionen gegen Belarus wurden nochmals verschärft, da das Land nach Überzeugung der EU militärische Infrastruktur Russlands auf seinem Hoheitsgebiet zumindest duldet. Dieses Sanktionspaket umfasst unter anderem folgende Finanzsanktionen gegen Belarus:  
  • Verbot des Handel mit Waren, die für die Produktion oder Herstellung von Tabakerzeugnissen, mineralischen Brennstoffen, bituminösen Substanzen, Holzprodukten, Zementprodukten, Düngemitteln, Eisen- und Stahlprodukten oder Kautschukprodukten verwendet werden;
  • Die belarussischen Banken Belagroprombank, Dabrabyt und die Belarussische Bank für Entwicklung und Wiederaufbau (Belinvestbank) sowie die Entwicklungsbank der Republik Belarus und deren belarussische Tochterunternehmen werden vom Zahlungssystem Swift ausgeschlossen; 
  • verboten werden Transaktionen mit der Zentralbank von Belarus im Zusammenhang mit der Verwaltung von Reserven oder Vermögenswerten sowie die Bereitstellung öffentlicher Finanzmittel für den Handel mit Belarus oder für Investitionen in Belarus; 
  • die Notierung von Aktien belarussischer Staatsunternehmen an EU-Handelsplätzen ist ab dem 12. April 2022 untersagt; 
  • die Finanzzuflüsse aus Belarus in die EU werden erheblich eingeschränkt: die Entgegennahme von Einlagen belarussischer Staatsangehöriger oder von in Belarus ansässigen Personen, die mehr als 100.000 Euro betragen, sind ebenso verboten wie die Führung von Konten belarussischer Kunden durch die Zentralverwahrer der EU sowie der Verkauf auf Euro lautender Wertpapiere an belarussische Kunden;
  • die Bereitstellung von auf Euro lautenden Banknoten für Belarus wird verboten.
Am 8. April wurden auch die Sanktionen gegen Belarus verschärft: Die Finanzsanktionen wurden ausgeweitet, belarussische Straßentransportunternehmen dürfen ab sofort nicht mehr in die EU fahren.