Wüst: „Ein tolles und wichtiges Amt“

Die IHK hat einen neuen Präsidenten. Direkt nach der Wahl durch die Vollversammlung wurde Lars Baumgürtel während des Jahresempfangs in sein Amt eingeführt. Zu den ersten Gratulanten gehörten Ministerpräsident Hendrik Wüst und DIHK-Präsident Peter Adrian.
LinkedIn kann so emotionslos sein. „Lars wurde befördert“, hieß es am Tag danach lapidar im Jobupdate des Karrierenetzwerks: Lars Baumgürtel ist jetzt „Präsident bei IHK Nord Westfalen“. Dass es am 10. April bei der Neuwahl des Präsidiums samt Verabschiedung des bisherigen Präsidenten durchaus emotional zuging, bekamen neben den Mitgliedern der Vollversammlung nur die rund 600 Gäste des IHK-Jahresempfangs mit. Gut zweieinhalb Stunden vor Beginn des Jahresempfangs hatte sich Dr. Benedikt Hüffer zunächst von den Mitgliedern der Vollversammlung verabschiedet. Im Stehen applaudierten sie dem Unternehmer aus Münster, der als einer von ihnen 2010 die Verantwortung übernommen hatte, das Gesamtinteresse der regionalen Wirtschaft gegenüber Politik und Verwaltung an der Spitze der IHK zu vertreten. Viermal wurde Hüffer wiedergewählt. Dieses Mal trat er nicht mehr an bei der „Wahl des/der Präsidenten/-in“. Mit insgesamt 15 Amtsjahren war Hüffer länger Präsident als sämtliche Vorgänger in den vergangenen 100 Jahren. Aufgrund seiner Verdienste für die regionale Wirtschaft wählte ihn die Vollversammlung wenige Minuten später zum Ehrenpräsidenten. Sichtlich bewegt, kürzte er auch diesen Applaus ab und setze sich auf einen Platz im Plenum.
Gruppenfoto mit IHK-Präsidium und Hauptgeschäftsführer Dr. Jaeckel
Das Präsidium der IHK Nord Westfalen mit (hinten v.l.): Michael Radau, Helmut Rüskamp, Carsten Sühling, Bernd Eßer, Melanie Baum, Gustav Deiters sowie (vorne v.l.): Stefan Hegmanns, Tatjana Hetfeld, IHK-Präsident Lars Baumgürtel, Kathrin Gödecke und Isabel Habla sowie IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel. © Leßmann/IHK
Zu diesem Zeitpunkt leitete schon sein Nachfolger die Vollversammlung. „Ich bin mir der Verantwortung dieses Amtes absolut bewusst“, betonte Lars Baumgürtel mit Blick auf seinen Vorgänger, schon weil er in den vergangenen gemeinsamen neun Jahren im Präsidium Einblick nehmen konnte, „welche Herausforderungen es mit sich bringt, Präsident der IHK Nord Westfalen zu sein“. Der geschäftsführende Gesellschafter der ZINQ GmbH & Co. KG aus Gelsenkirchen war einziger Kandidat für die Nachfolge Hüffers, hatte sich aber nicht beworben, wie er sagte, sondern war gefragt worden: „Auf eine Art, bei der man nicht ablehnen kann, Verantwortung zu übernehmen, wenn es um eine für uns alle wichtige Sache geht“. Die IHK müsse auch in Zukunft als starke zentrale Stimme der regionalen Wirtschaft gut positioniert sein, resümierte Baumgürtel, nachdem der lange Applaus für seine Wahl verklungen war. Partikularinteressen einzelner Branchen zu vertreten, habe natürlich seine Berechtigung. Aber es sei in entscheidenden Fragen wichtig, gegenüber Politik und Verwaltung „den solidarischen Zusammenhalt der Wirtschaft über alle Branchen“ zu demonstrieren, „ein Zeichen der Einigkeit in grundlegenden Dingen“.
Da war der neue Präsident schon mittendrin in der zentralen Aufgabe der IHK, der Gesamtinteressenvertretung, der Durchsetzung von Lösungen, von denen die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt am stärksten profitiert. Nach dem Ortswechsel ins Bildungszentrum knüpfte er hier beim Jahresempfang vor den Gästen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung nahtlos an: „Uns eint doch alle das Ziel, den Wohlstand in unserer Gesellschaft zu wahren und im Idealfall zu mehren“, sagte er unter Applaus und warb für gegenseitiges Vertrauen und eine enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik. Mit Blick auf den einen Tag zuvor veröffentlichten Entwurf des Koalitionsvertrages sagte er trotz mancher Kritikpunkte: „Lassen Sie uns gemeinsam über das hinaus, was im Koalitionsvertrag festgelegt ist, Lösungen vorschlagen und mitgestalten, damit die Wirtschaft wieder Lust bekommt auf Investitionen und Innovationen in Deutschland.“ Er wolle seinen Beitrag dazu leisten, die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft zu sichern: „Es muss sich wieder lohnen, in Deutschland unternehmerisch tätig zu sein.“
„Es ist ein tolles Amt und es ist ein wichtiges Amt. Das war es immer, aber in schwierigen Zeiten werden solche Ämter noch wichtiger“, gratulierte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst. Er wünschte dem neuen Präsidenten „eine hohe Wirkmacht für die Wirtschaft in unserer Region“. Wüst nahm Stellung zur aktuellen politischen Lage, nutzte sein Grußwort aber zunächst für einen persönlichen Dank an Dr. Benedikt Hüffer. Dabei erinnerte er an die Auszeichnung des langjährigen IHK-Präsidenten mit dem Landesverdienstorden schon 2018: „Du hast bleibende Verdienste erworben.“ Hüffer habe immer bewiesen, dass er bereit sei, „Verantwortung zu übernehmen im eigenen Unternehmen und darüber hinaus, nicht nur hier bei der IHK, sondern auch an anderen Stellen“. Auch dann, wenn andere gesagt haben, „Mensch, das ist mir jetzt ein bisschen schwierig“. Hüffer habe gezeigt, „was man mit Schaffenskraft und Leidenschaft, aber auch einer persönlich empfundenen Verpflichtung, bewegen kann“.
Dank gab es für Hüffer auch von DIHK-Präsident Peter Adrian, der anhand der Forderungen der IHK-Organisation aufzeigte, was die zukünftige Bundesregierung tun müsse, um die deutsche Wirtschaft zurück in die Erfolgsspur zu bringen. In schwierigen Zeiten, so Adrian, sei zudem Zuversicht wichtig, die vor allem durch Vorbilder entstehen und verbreitet werden könne. „Und Sie, lieber Herr Dr. Hüffer, sind für uns, für die deutsche Wirtschaft, ein solches Vorbild, einer, der vorangeht, der gestaltet.“
Dann unter anhaltendem Beifall die öffentliche Übergabe des Staffelstabs vom bisherigen an den neuen Präsidenten. Gelöste Stimmung, Lächeln und Händeschütteln. Hüffer dankte mit freundlichen Worten und hoffte, dass all die Empfehlungen, die Baumgürtel, Wüst und Adrian der Bundesregierung gegeben hatten, umgesetzt werden. „Wünschen wir dieser neuen Bundesregierung und dem neuen Bundeskanzler einfach mal viel Glück und Erfolg“, sagte Hüffer, „im Interesse von uns allen und im Interesse auch von Europa, dass wir es schaffen, uns in dieser Zeit zu behaupten als Unternehmen und Unternehmer, aber vor allem auch als Land.“ Es werde entscheidend sein, dass alle zusammenstehen und jetzt schauen, dass es hier in der Region, aber auch in Deutschland insgesamt und in Europa wieder vorangeht. „Bleiben Sie“, forderte er alle 600 Gäste auf, „der Wirtschaft der Region verpflichtet“. Das Miteinander, das Interesse am Gemeinwohl zeichne diese Region aus. Das solle auch in Zukunft so sein. „Ich bin nun raus, wie ich so schön sagen darf.“