US-Interesse an Hochwasserschutz

Lösungen aus Nord-Westfalen für Hochwasserschutz und Kanalsanierung interessieren auch Amerikaner: Eine US-Delegation erlebte hier die „Zukunft der Wasserinfrastruktur“.
So war die Reise überschrieben, die Fachleute aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik über den Atlantik führte. Aus Minnesota, Wisconsin, Illinois und Colorado war die Gruppe angereist. Zu der gehörte auch Commissioner Katrina Kessler von der Minnesota Pollution Control Agency – ihre Position ist mit der einer Ministerin in einem deutschen Bundesland vergleichbar.
Zwei Herausforderungen für die Wasserwirtschaft standen im Mittelpunkt: Starkregen und Überflutungen gefährden in immer kürzeren Abständen Menschen und Sachwerte, dazu ist das Kanalnetz in Deutschland in die Jahre gekommen und sanierungsbedürftig. Lösungen dafür bieten Unternehmen und Institutionen aus Nord-Westfalen an. HUESKER Synthetik aus Gescher, Saertex multiCom aus Saerbeck sowie Gelsenwasser und das IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur in Gelsenkirchen stellten ihre Produkte und Dienstleistungen vor.

Massiv in Vorsorge investieren

Die Notwendigkeit, sich besser vor Hochwasserereignissen zu schützen, unterstrich Dr. Fritz Jaeckel. „Allein die Hochwasser 2021 in Deutschland kosteten Milliarden Euro an Ersatzleistungen“, erläuterte der Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen zum Auftakt der Tour bei der IHK in Münster. „Kein Staat kann alle fünf Jahre mit derartigen Katastrophen fertigwerden und diese Summen bezahlen“, ergänzte er und mahnte „massive Investitionen“ in die Vorsorge an.
Er berichtete über seine Erfahrungen bei der Bewältigung der Hochwasserfolgen 2002 und 2013 in Sachsen sowie 2021 in der Eifel, wo er Beauftragter des Landes NRW für den Wiederaufbau der Flutgebiete war. „Acht bis zehn Jahre dauert es, die beschädigte Infrastruktur vollständig und resilient wieder aufzubauen“, schilderte er die erheblichen Folgen, auch für viele Unternehmen.

HUESKER: Geokunststoffe für verlässlichen Schutz

Um Schäden durch solche Ereignisse zu vermeiden, setzt HUESKER Synthetik auf Geokunststoffe im Wasserbau. Mit geosynthetischen Baustoffen werden zum Beispiel Dämme und Deiche, erosionsgeschützte und sicher abgedichtete Kanäle oder Regenrückhaltebecken realisiert. Diese Materialien gewährleisten „verlässlichen Hochwasserschutz auch bei Starkregenereignissen“, versicherte Sven Schröer, der der Geschäftsführung angehört.
Ein weiteres Beispiel: „Viele Bewässerungsanlagen überall auf der Welt sind in die Jahre gekommen, Wasser sickert durch.“ Sauberes Wasser wiederum sei vielerorts knapp. In diesen Fällen dienen geosynthetische Betonmattensysteme der Abdichtung, wobei die Arbeiten sowohl während des laufenden Betriebs als auch im Trockenen durchgeführt werden können.

Saertex multiCom: Sanieren, ohne zu graben

Die Sanierung kommunaler Abwasserkanäle und -druckleitungen gehört zu den Geschäftsfeldern von Saertex multiCom. Projektleiter Jan Elfers stellte der Delegation aus den USA Konzepte vor, die den Verlust oder die Verunreinigung von Trinkwasser sowie weitere Schäden an Leitungen durch Erosion verhindern. Das Besondere an der Technologie von Saertex multiCom: Die „grabenlose Rohrleitungssanierung“ kommt ohne Buddeln aus. „Das spart 70 Prozent CO2 gegenüber der offenen Bauweise“, erklärte Elfers.
Er nannte weitere Vorteile: Weniger Kosten, weniger Lärm und Dreck, weniger Beeinträchtigung des Straßenverkehrs zum Beispiel. Zu tun gibt es genug: Fast 600.000 Kilometer Länge misst die öffentliche Kanalisation in Deutschland, das Durchschnittsalter des Netzwerks beträgt 37 Jahre. „19 Prozent gelten als stark, 30 Prozent als leicht beschädigt.“

IKT: Die weltgrößte Dusche

Der Zustand der alternden Leitungen und Kanäle spielten auch beim IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur in Gelsenkirchen eine Rolle. Die Einrichtung, an der 70 Unternehmen und 150 Kommunen beteiligt sind, verfügt über eine Starkregen-Prüfanlage. Oder, wie es Geschäftsführer Roland W. Waniek, formulierte: „die weltgrößte Dusche.“
Zehnmal 20 Meter misst die Beregungsfläche über dem Prüfstand für Starkregen und Überflutungen in Städten. Simuliert wird im Maßstab eins zu eins, wie Regenwasser auf Straßen, Wohn- und Gewerbegebieten am besten abfließt.

Gelsenwasser gewinnt auch Phosphor

Auch Gelsenwasser war eine Station: Der Vorstandsvorsitzende Henning R. Deters stellte das Unternehmen vor, das 1887 gegründet wurde, um die Industrie mit Wasser zu versorgen. 2024 lieferte Gelsenwasser mehr als 217 Millionen Kubikmeter Trinkwasser.
Dazu erschließt sich das Unternehmen neue Geschäftsfelder: Beteiligt ist es an der weltweit ersten „Ash2Phos-Anlage“ in Schkopau: In dem Ort in Sachsen-Anhalt wird aus Klärschlamm-Asche hochwertiger Phosphor gewonnen. „Dadurch entstehen Produkte, die stark nachgefragt werden“, unterstrich Martin Braunersreuther, Geschäftsführer der Phosphorgewinnung Schkopau. Als Dünger oder Tierfutter für die Landwirtschaft würde das so hergestellte Calciumphosphat beispielsweise verwendet.

FH Münster: Abwasserbehandlung

Fragen der Politik und der Wissenschaft wurden ebenfalls angesprochen. Prof. Christof Wetter vom „Institut für Infrastruktur, Wasser, Ressourcen, Umwelt“ der FH Münster ging auf die neue europäische Verordnung für Abwasserbehandlung ein. Auch das Renaturierungsprojekt Emscher besuchten die Gäste aus Übersee, bevor sie ihre Tour weiter in Richtung Baden-Württemberg und Bayern fortsetzten. Ein Gegenbesuch steht in Aussicht: Commissioner Katrina Kessler sprach die Einladung aus.