Praxis & Ratgeber

Von Frau zu Frau

Laut KfW-Gründungsmonitor 2024 ist die Anzahl der Gründungen von Frauen im Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent gestiegen. Ein erster Fortschritt. Doch spezifische Hürden bleiben: Vorurteile, gesellschaftliche Rollenerwartungen, fehlende Netzwerke und die Doppelbelastung von Familie und Beruf. Mit dem Angebot „Von Frau zu Frau“ möchte die IHK Nord Westfalen Frauen ermutigen und unterstützen, sich mit dem Thema „Gründung“ zu befassen. | Text: Mareike Scharmacher-Wellmann

Warum Frauen anders gründen

Die IHK Nord Westfalen unterstützt Gründerinnen und Gründer bereits seit mehreren Jahren mit der Webinar-Reihe „Gründung im Nebenerwerb“. Themen wie Steuern, Finanzen und Social Media stehen dabei auf der Tagesordnung.
Fast die Hälfte der 249.920 Frauen, die sich 2023 selbstständig gemacht haben, haben das im Nebenerwerb getan. „Frauen gründen meist vorsichtiger“, erklärt Jutta Plötz, Gründungslotsin bei der IHK Nord Westfalen. Viele wögen die Vor- und Nachteile länger ab und zweifelten häufiger schon vor dem Start. „Der Nebenerwerb gibt Gründerinnen dagegen Sicherheit“, erklärt Plötz. „Er ermöglicht es, Ideen auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln und Fehler zu machen – ohne gleich existenzielle Risiken einzugehen.“
Mit der Sprechstunde „Von Frau zu Frau“ bietet die IHK Nord Westfalen den Gründerinnen gezielt weibliche Ansprechpersonen, um sich über die notwendigen Schritte zu informieren.

Sparring für Gründerinnen

„Die erste Frage lautet oft: Was muss ich tun, damit ich keinen Fehler mache?“, berichtet Plötz aus Erfahrung. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Angelika Kraus-Buten und Saskia Heinrichs versucht sie die wichtigsten Abläufe abzustimmen und auch mal Mut für die praktische Umsetzung zu geben.
„Der erste Schritt ist ganz einfach: Sie rufen uns an“, sagt Plötz. „Dann sprechen wir über Ihre Idee und zeigen Wege auf. Oft vermitteln wir Kontakte mit Expertinnen, Experten oder Netzwerken.“ Die Beratung ist mehr als reine Informationsvermittlung – es geht um Ermutigung und darum, vermeintliche Stolpersteine aus dem Weg zu räumen.
„Wenn Frauen einen Businessplan erstellen oder Gelder beantragen, sollten sie darin immer auch die Kosten für eine Haushaltshilfe oder Kinderbetreuung einkalkulieren“, empfiehlt Plötz. „Das ist kein Luxus, sondern eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, um ein Unternehmen ohne Alltagsablenkung aufzubauen“, fügt sie an. Männer hätten meist eine Partnerin oder Mutter in petto, die ihnen Rückendeckung für den Haushalt oder für Büroarbeiten gibt. „Frauen versuchen eher, das Unternehmen neben ihrem gewohnten Alltag aufzubauen und alles allein zu schaffen. Wenn Frauen beim Bankgespräch zeigen, dass sie es ernst meinen und an alles gedacht haben, werden sie ernster genommen“, so Plötz.

Von der Einzelkämpferin zur Netzwerkerin

Sie rät, Businessnetzwerke aktiv zu nutzen. Plattformen wie Frauen u(U)nternehmen oder Kompanera böten nicht nur Austausch, sondern auch Zugang zu weiblichen Vorbildern. „Hier entstehen nicht selten Kooperationen oder Geschäftsmöglichkeiten – oft allein durch persönliche Empfehlungen“, weiß Plötz.
Doch Netzwerken allein reicht nicht. Wenn Frauen gemeinsam mit anderen gründen, gilt es, klare Verhältnisse zu schaffen – von Anfang an. „Erstens: Erstellen Sie einen Businessplan,“ so Plötz. Der Plan helfe, Ideen aufzuschreiben und zu konkretisieren, ohne Raum für Missverständnisse zu lassen. „Zweitens: Machen Sie Verträge.“ Gerade wenn Frauen mit anderen gründen, sei das das wichtigste Thema. „Wer befreundet bleiben möchte, sollte Privates und Geschäftliches klar regeln“, so Plötz. Oft sei die Hemmschwelle, einen Vertrag mit jemandem aus dem privaten Umfeld zu gestalten, sehr hoch. „Sind unternehmerische Pflichten und Verantwortlichkeiten klar definiert und vertraglich geregelt, haben alle eine gewisse Rückendeckung und Sicherheit. Der Satz „Vertrag kommt von vertragen“ hilft dabei, die Hemmschwelle etwas leichter zu überwinden“, meint Plötz.

Mut zur Lücke – und zum Risiko

Der wichtigste Tipp für angehende Gründerinnen? „Perfektion ist eine Illusion“, stellt Plötz klar. Viele Frauen zögerten, weil sie glaubten, noch nicht genug zu wissen, nicht gut genug zu sein. Doch die Wahrheit ist: Den perfekten Zeitpunkt für eine Unternehmensgründung gibt es nicht. Mit der richtigen Vorbereitung, Unterstützung und dem Willen, Unsicherheiten auszuhalten, kann der Schritt in die Selbstständigkeit gelingen. Die gute Nachricht: Beratung auf Augenhöhe, Netzwerke, finanzielle Förderprogramme – die Werkzeuge sind da. Jetzt braucht es nur noch eines: mutige Frauen, die sie nutzen.