Praxis & Ratgeber

Digitalisierung à la Carte

Was nutzen digitale Anwendungen der Gastronomie-Branche? Die Digitalexperten Christoph Digwa und Rainer Westerwinter erläutern, welches Potenzial in den smarten Innovationen steckt und wo es Unterstützung bei der Umsetzung gibt. | Text: Fabian Bannier
In der Gastronomie ist der Digitalisierungsgrad der einzelnen Betriebe zum Teil noch sehr unterschiedlich. Und das, obwohl sich mit technischen Innovationen viele Herausforderungen meistern ließen, mit denen die Branche derzeit zu kämpfen hat: hohe Kosten, sparsame Gäste und wenig Personal. In einem Webinar informierte die IHK Nord Westfalen daher kürzlich über aktuelle Trends und Entwicklungen bei der Digitalisierung im Gastgewerbe.
„Die Digitalisierung von Prozessen und der Einsatz neuer Technologien in der Gastronomie können dazu beitragen, die Effizienz von Betriebsabläufen zu steigern, Kosten zu senken, Mitarbeiter zu entlasten und das Gasterlebnis zu verbessern“, sagt Christoph Digwa, Projektingenieur und Experte für Gastro 4.0 beim Mittelstand-Digital Zentrum Hannover. Weitere Vorteile lägen in der Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen und der Attraktivitätssteigerung für neue Zielgruppen und junge Arbeitskräfte.

Tools für jeden Bereich

Sowohl im Front of House, also dem Bereich mit direktem Kundenkontakt, als auch im Back of House, dem Bereich hinter den Kulissen, können zahlreiche Prozesse in einem Gastronomiebetrieb digitalisiert werden. „Dazu gehört zum Beispiel ein Selbstbedienungskiosk, der den Bestellvorgang vereinfacht und beschleunigt. Dazu gehören aber auch digitale Warenwirtschaftssysteme für eine effiziente Lagerhaltung und Bestandsführung sowie Küchenmanagementsysteme, die die Abläufe in der Küche optimieren und die Qualität der Speisen sichern“, zeigt Digwa die Bandbreite auf.
Wie groß das Potenzial inzwischen ist, zeigt ein Beispiel: Während der Corona-Pandemie wurden viele Speisekarten digitalisiert, die dann gescannt und über einen QR-Code abgerufen werden konnten. Digwa: „Der nächste Schritt könnte sein, darauf aufbauend einen vollwertigen digitalen Service zu etablieren. Diese Anwendung könnte interaktive Speisekarten enthalten, die alle Informationen zu den verschiedenen Speisen und Getränken parat halten und aktuelle Tagesempfehlungen aussprechen. „Außerdem können mit diesem Tool der Bestellvorgang, der Bezahlprozess und das Feedbacksystem verknüpft und persönliche Nutzerprofile angelegt werden“, erklärt Digwa den Mehrwert. „Damit rundet sie das Gasterlebnis ab und entlastet das Personal“.

Digital Coaches unterstützen Betriebe

Doch bei der Fülle an technischen Anwendungen und möglichen Einsatzgebieten können Gastronomen schnell den Überblick verlieren. Orientierung bieten Digital Coaches wie Rainer Westerwinter. „Wir unterstützen Unternehmen aus dem Gastgewerbe bei der Digitalisierung, indem wir ihnen ein kostenfreies und damit niederschwelliges Beratungsangebot machen“, so Westerwinter, der beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband in Nordrhein-Westfalen beschäftigt ist. „Die Beratung reicht vom Kassensystem, über die Online-Reservierung bis hin zu hotelspezifischer Software und Themen wie Zeiterfassung und Datenübergabe an den Steuerberater“.
Mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums NRW sind insgesamt drei Digital Coaches im Einsatz.  „Wir analysieren zunächst den Ist-Zustand, um darauf aufbauend individuelle Lösungsmöglichkeiten zu finden und unternehmensspezifische Strategien zu entwickeln“. Denn nicht jede Technologie ist für jeden Gastronomiebetrieb geeignet oder finanzierbar, weiß der Digital Coach. „Die Unternehmen können sich jederzeit bei uns melden und uns auch bei Rückfragen kontaktieren. Wir verstehen uns nicht nur als Impulsgeber, sondern auch als Sparringspartner“, erläutert Westerwinter.
Unterstützung gibt es auch vom Mittelstand-Digital Zentrum Hannover. Digwa: „Wir haben eigens einen kostenfreien Leitfaden erstellt, der Gastronomiebetrieben den Weg zur digitalen Transformation ebnen soll“. Er enthält Tipps zur Umsetzung und zeigt, welche Tools in der Gastronomie eingesetzt werden können.

Digitalisierung als Prozess verstehen

Wichtig ist, mit der Digitalisierung zu beginnen – denn sie ist kein Projekt, das man beenden kann. Betriebe sollten sich fortlaufend mit ihr beschäftigen. „Indem man Digitalisierung nicht als einmaliges, endliches Projekt, sondern als kontinuierlichen und evolutionären Prozess versteht, können Gastronomiebetriebe flexibel auf Veränderungen reagieren und die Vorteile der digitalen Technologien optimal nutzen“, bekräftigt Digwa. Voraussetzung dafür sei, das Team in den Digitalisierungsprozess einzubinden und eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und Innovation zu fördern. Digital Coach Westerwinter gibt zu bedenken: „Die Digitalisierung in der Gastronomie ist unumkehrbar. Wer sich nicht darauf vorbereitet, droht aufgrund ihrer Schnelllebigkeit abgehängt zu werden“.
Ein Blick in die Zukunft zeigt, wie schnelllebig die digitale Welt ist und wie smart die Gastronomie in einigen Jahren sein könnte: „Von automatisierten Inventarsystemen, die Lagerbestände in Echtzeit verwalten, über die Nutzung von künstlicher Intelligenz für personalisierte Menüempfehlungen oder die Generierung von Rezepten, bis hin zum Einsatz von Robotern in der Küche oder dem Gastraum, sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt“, so Digwa.
Weiterführende Informationen der IHK Nord Westfalen zur Digitalisierung im Gastgewerbe finden Sie auf der IHK-Fachseite.