Lieferketten

Hintergründe des LkSG

Die Entstehungsgeschichte des deutschen Lieferkettengesetzes ist geprägt von einer wachsenden Sensibilisierung für die Menschenrechts- und Umweltprobleme entlang globaler Lieferketten sowie von internationalen Entwicklungen und nationalen Diskussionen. International waren vor allem die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen, auch bekannt als die UN Guiding Principles on Business and Human Rights, wegweisend.

UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte

Der Harvard Politik-Professor und damalige UN-Sonderbeauftragte für Unternehmen und Menschenrechte John Ruggie entwickelte im Auftrag der Vereinten Nationen und unter breiter Beteiligung privater und staatlicher Akteure die Grundlage für die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. In seiner Arbeit beschreibt Ruggie die Verpflichtung des Staates und der Wirtschaftsunternehmen um Verletzungen der Menschenrechte innerhalb globaler Lieferketten zu verhindern.
Im Jahr 2011 wurden die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte schließlich vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedet. Sie umfassen insgesamt 31 Prinzipien, die in einem Drei-Säulen-Modell mit den Schwerpunkten "Schutz, Achtung und Abhilfe" zusammengefasst werden:
  1. Verpflichtung des Staates zum Schutz der Menschenrechte: Staaten sind völkerrechtlich dazu verpflichtet, Menschen vor wirtschaftsbedingten Menschenrechtsverletzungen zu schützen. Dies geschieht durch angemessene Politik, Regulierung und Rechtsprechung.
  2. Unternehmensverantwortung: Achtung der Menschenrechte – Unternehmen tragen die Verantwortung, Menschenrechte zu achten. Sie müssen potenziell negative Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die Menschenrechte identifizieren und beenden sowie sich um Wiedergutmachung bemühen.
  3. Zugang zu effektiven Rechtsmitteln: Im Rahmen ihrer Schutzverpflichtung müssen Staaten sicherstellen, dass Opfer von Menschenrechtsverletzungen im Kontext wirtschaftlicher Tätigkeiten Zugang zu angemessenen gerichtlichen und außergerichtlichen Mitteln haben. Dadurch können Menschenrechtsverstöße untersucht, geahndet und wiedergutgemacht werden.
Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte werden als einer der bedeutendsten internationalen Standards für Unternehmensverantwortung und die Pflicht zur menschenrechtlichen Sorgfalt betrachtet und verdeutlichen, dass Wirtschaftsakteure eine Verantwortung und Verpflichtung zum Schutz der Menschenrechte tragen.

Nationaler Aktionsplan (NAP) für Wirtschaft und Menschenrechte

Am 21. Dezember 2016 wurden die UN-Leitprinzipien durch den Nationalen Aktionsplan (NAP) für Wirtschaft und Menschenrechte auf Bundesebene umgesetzt und im Bundeskabinett verabschiedet. Damit verankert die Bundesregierung erstmals die Verant­wortung von deutschen Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte – in Deutschland und weltweit. Im Aktionsplan stellt die Bundesregierung deutlich heraus, dass sie von Unternehmen erwartet, die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht zu beachten und die Menschenrechte entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten zu respektieren. Eine rechtliche Verpflichtung besteht durch den NAP nicht; es handelt sich um einen Aufruf zur freiwilligen Selbstverpflichtung durch die Unternehmen.
Im NAP sind die fünf Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht beschrieben, die in die Unternehmensprozesse integriert werden sollen:  
  1. Verantwortung anerkennen: Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte
  2. Risiken ermitteln: Verfahren zur Ermittlung tatsächlicher und potenziell nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte (Risikoanalyse)
  3. Risiken minimieren: Maßnahmen zur Abwendung negativer Auswirkungen auf Betroffene und Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen
  4. Informieren und berichten: Interne und ggf. externe Berichterstattung
  5. Beschwerden ermöglichen: Einrichtung oder Beteiligung an Beschwerdemechanismen
In den Jahren 2018 bis 2020 hat die Bundesregierung den Fortschritt der Umsetzung im Rahmen eines Monitorings evaluiert. Es wurde angestrebt, dass bis 2020 mindestens die Hälfte aller deutschen Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern die im Nationalen Aktionsplan (NAP) beschriebenen Elemente der menschenrechtlichen Sorgfalt in ihre Geschäftsprozesse integriert haben.
Am 24. Februar 2021 wurde der Abschlussbericht des NAP-Monitoringprozesses veröffentlicht und festgestellt, dass weniger als 50 Prozent der deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten die NAP-Anforderungen umgesetzt hatten. Diese Erkenntnis bildete die Grundlage für eine Gesetzesinitiative. Als Konsequenz für die schlechten Evaluierungsergebnisse wurde die freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaftsbeteiligten für gescheitert erklärt.
Die Bundesminister versuchten sich auf einen gesetzlichen Vorschlag für ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement zu einigen. Trotz des großen Dissens konnte im Sommer 2021 eine Einigung erreicht werden. Am 11. Juni 2021 wurde schließlich im Bundestag eine gesetzliche Regelung verabschiedet. Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten trat am 1. Januar 2023 in Kraft.
Das Bundesministerium für Zusammenarbeit und Entwicklung hat in einem Erklärvideo die Entwicklung zu einem solchen Gesetz zusammengefasst.
(Stand: April 2024)