Besonderheiten bei Drittlandsgeschäften
Im Gegensatz zu EU-Dienstleistungen stehen Unternehmen bei Dienstleistungen mit Bezug zum Drittland regelmäßig vor noch größeren Herausforderungen. Der Unternehmer muss die Situation in Deutschland und im Drittland völlig separat überprüfen. Im Drittland kann ein ähnliches Umsatzsteuersystem (z.B. Schweiz), ein anderes Umsatzsteuersystem (z.B. China), eine völlig anders gestaltete indirekte Besteuerung (z.B. USA) oder kein Umsatzsteuersystem (z.B. Dubai) vorliegen.
Doppelbesteuerungsabkommen, wie bei den direkten Steuern, die einem Staat vorrangig das Besteuerungsrecht zuordnen existieren bei der Umsatzsteuer nicht. Ein derartiger Umsatz kann also in beiden Staaten, in einem oder in keinem der beiden Staaten umsatzsteuerpflichtig sein. Entscheidender Anknüpfungspunkt für die Steuerbarkeit und damit die Steuerpflicht bei internationalen Sachverhalten ist der Umsatzsteuerliche Ort der Dienstleistung. Im Folgenden werden die Dienstleistungen mit Drittlandsbezug vor allem aus deutscher Sicht betrachtet.
Doppelbesteuerungsabkommen, wie bei den direkten Steuern, die einem Staat vorrangig das Besteuerungsrecht zuordnen existieren bei der Umsatzsteuer nicht. Ein derartiger Umsatz kann also in beiden Staaten, in einem oder in keinem der beiden Staaten umsatzsteuerpflichtig sein. Entscheidender Anknüpfungspunkt für die Steuerbarkeit und damit die Steuerpflicht bei internationalen Sachverhalten ist der Umsatzsteuerliche Ort der Dienstleistung. Im Folgenden werden die Dienstleistungen mit Drittlandsbezug vor allem aus deutscher Sicht betrachtet.
Überblick
In einem ersten Schritt ist prinzipiell zu unterscheiden, ob es sich um ein B2B- oder ein B2C-Geschäft handelt, da die Ortsbestimmungsregeln seit 2010 bei unternehmerischen Kunden im Grundfall fundamental anders sind als bei privaten Kunden.
In einem zweiten Schritt ist dann jeweils zu prüfen, ob bei der betrachteten Dienstleistung eine vorrangig zu behandelnde Ausnahmeregelung bei der Ortsbestimmung vorliegt oder die jeweilige Grundregel eingreift. Dabei ist bei Drittlandsgeschäften zu beachten, dass es spezielle Ausnahmeregelungen nur für derartige Dienstleistungsgeschäfte gibt.
Ausnahmeregelungen mit Drittlandsbezug
Neben den generell geltenden Ausnahmeregelungen, wie z.B. Grundstücks-, Restaurant-, Verpflegungs- und Personenbeförderungsdienstleistungen existieren auch spezielle Ortsbestimmungsregelungen für Dienstleistungen mit Drittlandsbezug. Der umsatzsteuerliche Ort dieser Dienstleistungen wird in das Drittland gelegt und ist damit aus deutscher Sicht für den Dienstleister in Deutschland nicht mehr steuerbar.
B2B-Geschäfte
Darunter fallen im B2B-Bereich:
- Nutzung Schienenfahrzeug, Omnibus u.a. durch einen Drittlandsunternehmer aus-schließlich im Drittlandsgebiet (§ 3a Abs. 7 UStG).
- Güterbeförderungsdienstleistungen
- Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen,
- Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände,
- Reisevorleistungen i.S.v. § 25 Abs. 1 S. 5 UStG
- Veranstaltungsleistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen und jeweils Nutzung bzw. Auswertung im Drittland (§ 3a Abs. 8 UStG).
Bei den unter 2. genannten Dienstleistungen hat der deutsche Gesetzgeber eine fakultative Regelung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie übernommen, um potentielle Doppelbesteuerungen zu verhindern. In dem diese Dienstleistungen in Deutschland grundsätzlich nicht steuerbar sind, während potentiell eine Besteuerung im Drittland erfolgen könnte. Dies ist aber im konkreten Einzelfall je Drittland zu überprüfen.
B2C-Geschäfte
Im B2C-Bereich liegt der Ort im Drittland bei folgenden Katalogleistungen an einen nichtunternehmerischen Kunden mit Wohnsitz / Sitz im Drittland (§ 3a Abs. 4 UStG) und ist damit in Deutschland nicht steuerbar:
- Die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
- Die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
- Die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
- Die Datenverarbeitung
- Die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen
- a) die sonstigen Leistungen u.a. im Zusammenhang mit Krediten, Forderungen, Wertpapieren, Verbindlichkeiten, Versicherungen (vgl. im Einzelnen § 4 Nr. 8 a bis h und Nr. 10 UStG) sowie die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten
b)die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen; - Die Gestellung von Personal;
- der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
- Der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
- Die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
- Die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation; dies gilt auch wenn derartige Dienstleistungen dort genutzt oder ausgewertet werden (§ 3 Abs. 8 UStG);
- Die Rundfunk und Fernsehdienstleistungen;
- Die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen;
- Die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.
Grundregeln mit Drittlandsbezug
Liegt keine Ausnahmeregelung vor, dann fällt die Dienstleistung automatisch bei der Ortsbestimmung in die jeweilige Grundregel. Das heißt, unabhängig ob inländische, innergemeinschaftliche Dienstleistungen oder Dienstleistungen mit Drittlandsbezug liegt der um-satzsteuerliche Ort
- bei einer B2B-Dienstleistung beim Sitz des unternehmerischen Leistungsempfängers (§ 3a Abs. 2 UStG) und
- bei einer B2C-Dienstleistung beim Sitz des leistenden Unternehmers (§ 3a Abs. 1 UStG)
B2B-Geschäfte
Eine sonstige Leistung wird in diesem Fall, wie oben dargelegt, an dem Ort ausgeführt, von dem aus der unternehmerische Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als Ort der sonstigen Leistung.
Bei internationalen Dienstleistungen mit einem unternehmerischen Leistungsempfänger im Drittland ist die Lage unübersichtlicher als im EU-Binnenmarkt mit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Unternehmernachweis und einheitlicher Vorgehensweise aufgrund der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Nach deutscher und europäischer Rechtslage ist zwar der Ort im Drittland beim Leistungsempfänger, ob dies aber auch aus Sicht des Drittstaates so gesehen wird, hängt vom Umsatzsteuerrecht des jeweiligen Staates ab. Es kann folglich zu einer Besteuerung im Drittland kommen oder es findet keine Versteuerung statt. Ist die Besteuerung im Drittstaat gegeben, ist als weiteres zu prüfen, ob ein innerhalb der EU vergleichbares „reversecharge-Verfahren“ (Umkehr der Steuerschuld) eingreift oder ob sich der leistende deutsche Unternehmer in diesem Land registrieren lassen muss. Der hohe Harmonisierungsstandard innerhalb der EU bei der Grundregel wird demgemäß durch eine große Heterogenität der umsatzsteuerlichen Handhabung bei Drittlandssachverhalten abgelöst.
Zumindest wenn zweifelhaft ist, ob der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet als Unternehmer ansässig ist, kann z.B. mit einer vom Drittland ausgestellten Unternehmerbescheinigung ein Nachweis durchgeführt werden. Die Bescheinigung sollte laut Finanzverwaltung inhaltlich der Unternehmerbescheinigung nach § 61a Abs. 4 UStDV im Rahmen des Vorsteuervergütungsverfahrens für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer entsprechen. Kann der Leistungsempfänger den Nachweis nicht anhand einer derartigen Bescheinigung führen, bleibt es dem leistenden Unternehmer überlassen, auf welche Weise er nachweist, dass der im Drittlandsgebiet ansässige Leistungsempfänger Unternehmer ist. Die Rechnung ist in diesen Fällen ohne Ausweis der deutschen Umsatzsteuer auszustellen. In der Rechnung ist ein Zusatz, dass diese Dienstleistung „nicht in Deutschland steuerbar“ ist, anzuraten.
Eine Zusammenfassende Meldung wie bei den Grundregelfällen von innergemeinschaftlichen Dienstleistungen ist für Dienstleistungen mit Drittlandsbezug nicht zu erstellen.
Hinweis: Es ist immer zudem anhand des Umsatzsteuerrechtes des Drittstaates zu überprüfen, ob dort eine Umsatzsteuerbefreiung anfällt und welche umsatzsteuerlichen Pflichten dem Unternehmer auferlegt werden.
B2C-Geschäfte
Im Rahmen der Grundregel im B2C-Geschäft ist eine Dienstleistung an einen Nichtunternehmer am Ort des deutschen Dienstleister fixiert worden und unterliegt damit grundsätzlich der deutschen Umsatzbesteuerung (§ 3a Abs. 1 UStG). Damit ist in diesem Fall bei Gültigkeit der Grundregel grundsätzlich kein Unterschied zwischen EU- und Drittlandssachverhalten festzustellen.
Konkrete Fallgruppen bei Drittlandsgeschäften
Vertreterprovisionen bei Drittlandsgeschäften
Für die Vermittlung von Lieferungen in Drittstaaten gilt die Grundregel, wonach als Ort einer Vermittlungsleistung der Ort anzusehen ist, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 S. 1 UStG). Liegt danach der Ort der vermittelten Ausfuhrlieferung
a) im Drittland, ist der Umsatz in Deutschland nicht steuerbar
b) in Deutschland, greift die besondere Steuerbefreiungsnorm nach § 4 Nr. 5a UStG ein. Hiernach ist die Vermittlung einer Ausfuhrlieferung steuerfrei.
b) in Deutschland, greift die besondere Steuerbefreiungsnorm nach § 4 Nr. 5a UStG ein. Hiernach ist die Vermittlung einer Ausfuhrlieferung steuerfrei.
Gütertransporte in oder vom Drittstaat
Bei Gütertransporten von und nach Drittstaaten sind im Zusammenhang mit
- der Ausfuhr und
- der Einfuhr (sofern die Kosten bis zum ersten Bestimmungsort in der Gemeinschaft Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Einfuhr sind)
steuerfrei gestellt.
Hinweis: Der Nachweis für die Steuerfreiheit kann jetzt auch grundsätzlich in elektronischer Form erbracht werden (vgl. BMF-Schreiben vom 6. Januar 2014) Zu beachten ist jedoch, dass auch hier zunächst die neue Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG eingreift, wonach bei Leistungen an Unternehmer als Ort einer Güterbeförderung der Ort anzusehen ist, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt.