Bessere Erreichbarkeit und mehr Wohnraum
IHK Nord Westfalen zur Mobilität von Auszubildenden
Münsterland/Emscher-Lippe-Region. – Die Auszubildenden im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region nehmen zum Teil weite Strecken in Kauf, um zu ihrem Ausbildungsbetrieb zu gelangen. Dies zeigen Daten des statistischen Landesamtes IT.NRW, die die IHK Nord Westfalen ausgewertet hat. Rund zwei Drittel (68 Prozent) der Auszubildenden in IHK-Berufen lebten 2024 aber zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in dem Kreis oder in der kreisfreien Stadt, in der die Ausbildung erfolgt. Ein Drittel pendelte also über die Kreis- oder Stadtgrenze hinaus.
„Die Entfernung zwischen Ausbildungsplätzen und ihrem Wohnort stellt junge Auszubildende vor die Herausforderung, entweder zu pendeln oder am Ausbildungsort eine bezahlbare Wohnung finden zu müssen“, erklärt Carsten Taudt, Geschäftsbereichsleiter Bildung, Fachkräftesicherung und Recht bei der IHK Nord Westfalen.
Bereits im Herbst 2023 hatte eine gemeinsame Umfrage der IHK Nord Westfalen und der Handwerkskammer Münster gezeigt: Jeder dritte Auszubildende im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region pendelt morgens mindestens eine halbe Stunde, jeder zehnte sogar über eine Stunde. Taudt: „In Münster wünschen sich 32,8?Prozent der Azubis ein Wohnheimzimmer zu Beginn der Ausbildung. Dennoch kommt für fast die Hälfte ein Umzug in ein Azubi-Wohnheim aktuell nicht infrage – viele Azubis pendeln aus dem Umland.“
Positive Beispiele zeigen Taudt, „dass Wohnraum für Azubis durchaus geschaffen werden kann“. So entsteht in Münster auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne in Gievenbeck ein Wohnheim für Auszubildende, das vom städtischen Tochterunternehmen KonvOY GmbH umgesetzt wird. Auch die Gemeinde Nottuln sorgt gemeinsam mit Unternehmen und der Genossenschaft Lerchenhorst e.G. für bezahlbaren Wohnraum für Auszubildende.
„Azubi-Wohnen muss gleichrangig mit Studierendenwohnen behandelt werden“, betont Taudt. Bedarfsorientierte Wohnangebote, auch in Kooperation mit Studierendenwohnheimen, könnten Pendelzeiten verringern und die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung unterstreichen, erläutert der IHK-Bildungsexperte.
Doch nicht alle Auszubildenden können oder wollen umziehen. Für viele bleibt das Pendeln Alltag. „Das zeigt, dass es neben einem ausreichenden Angebot an bezahlbarem Wohnraum auch eine gute Verkehrsanbindung braucht“, unterstreicht Dr. Jana Burchard, Leiterin des IHK-Geschäftsbereichs Branchen und Infrastruktur. Wichtig sei hier vor allem der umweltfreundliche Verbund aus Bus, Bahn und Fahrrad, „zumal viele Azubis noch keinen Führerschein oder zumindest kein eigenes Auto haben“, so Burchard. Wer die duale Ausbildung stärken wolle, müsse auch die Erreichbarkeit der Ausbildungsbetriebe sowie die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum in den Blick nehmen.
Kennziffern zur Mobilität von Auszubildenden im IHK-Bezirk Nord Westfalen (nur IHK-Ausbildungsberufe):
Von den 3.891 Ausbildungsplätzen in der Stadt Münster sind lediglich 1.626 (41,8 Prozent) von jungen Menschen aus Münster besetzt, während 2.265 Auszubildende aus umliegenden Kreisen wie Steinfurt, Warendorf und Coesfeld stammen. Aus dem Kreis Coesfeld pendeln 25,9 Prozent der Auszubildenden in die Stadt Münster. In den Kreisen Borken, Coesfeld oder Steinfurt hingegen werden über 80?Prozent der Ausbildungsplätze mit Jugendlichen aus dem Heimatkreis besetzt.
Besonders heimattreu zeigen sich die Auszubildenden in einigen Städten des Münsterlandes. In Münster absolvieren 84,8 Prozent der jungen Menschen ihre Ausbildung in der eigenen Stadt. Auch in Bocholt (74,8 Prozent), Rheine (69,8 Prozent) und Lengerich (62,1 Prozent) entscheiden sich die meisten Azubis für einen Ausbildungsplatz in unmittelbarer Nähe zum Wohnort.
In der Emscher-Lippe-Region absolvieren nur 49,2 Prozent der Auszubildenden ihre Ausbildung auch tatsächlich in der eigenen Region. Mehr als die Hälfte der jungen Menschen tritt ihre Ausbildung in anderen Teilen Nordrhein-Westfalens an. Trotz deutlich besserer Chancen auf einen Ausbildungsplatz beginnen nur 1,9?Prozent der Auszubildenden aus dem Kreis Recklinghausen ihre Ausbildung im Kreis Coesfeld und 2,3?Prozent im Kreis Borken. Von 630 Ausbildungsplätzen in Bottrop werden 357 von Azubis außerhalb der Stadt besetzt, hauptsächlich aus Recklinghausen und Gelsenkirchen. Von den 2.148 Azubis, die in Gelsenkirchen wohnen, pendeln 1.244 in andere Städte, vor allem nach Essen (18,1 Prozent) und Oberhausen (10,4 Prozent).
Internet-Tipp:
Die neue Kartenanwendung von IT.NRW stellt die räumliche Mobilität von Auszubildenden in Nordrhein-Westfalen dar: Sie zeigt nicht nur, aus welchen Wohnorten die Azubis kommen, sondern liefert auch detaillierte Zahlen für einzelne Gemeinden wie Ahlen oder Coesfeld und verdeutlicht, in welche Ausbildungsorte die Azubis tatsächlich gehen.