IHK: „Wirtschaft muss Chefsache werden“
Erwartungen an Kommunalpolitik und -verwaltung
Gelsenkirchen. - Nur zwei Tage nach der Kommunalwahl liefert der IHK-Regionalausschuss für die Stadt Gelsenkirchen Diskussionsstoff für die zu erwartenden Koalitionsverhandlungen. In einem neuen Positionspapier macht der Ausschuss der IHK Nord Westfalen deutlich, was die lokale Wirtschaft jetzt von der Kommunalpolitik und der Stadtverwaltung erwartet, um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Gelsenkirchen zu verbessern.
Haben klare Erwartungen an Politik und Verwaltung (v.l.): Roland Hundertmark (Stellv. Vorsitzender im IHK-Ausschuss und Geschäftsführer der Hundertmark Verkehrssicherungsanlagen GmbH), Stefan Hegmanns (Vorsitzender im IHK-Regionalausschuss und Vorstandsvorsitzender der Hegmanns AG), Nicole Jones (Stellv. Vorsitzende im IHK-Ausschuss und Geschäftsführerin 5Minds IT-Solutions GmbH & Co. KG) und Dr. Jochen Grütters (Leiter des IHK-Standorts Emscher-Lippe).
Die vom Rat gefassten Beschlüsse zur Schaffung neuer Gewerbe- und Industrieflächen begrüßt der IHK-Regionalausschuss ausdrücklich. „Es ist erfreulich, dass auch Flächenentwicklungen im Außenbereich entlang der Grenzen des Siedlungsraums forciert werden sollen, um weitere Optionen für die dringend notwendige Ansiedlung von Unternehmen zu gewinnen“, betont Hegmanns. „Unsere klare Erwartung ist, dass diese Beschlussfassung nicht als Lippenbekenntnis der Politik endet, sondern die gesamte Verwaltung diesen Beschluss auch als verbindlichen Arbeitsauftrag auffasst“, fordert er. Gleiches gelte für den angekündigten Masterplan Industrie. „Die Wirtschaft wird dann daran mitwirken, wenn für die Erarbeitung und Umsetzung des Masterplans eine effiziente Organisationsstruktur, ein ambitionierter Zeitplan sowie eine regelmäßige Evaluierung und Fortschreibung erkennbar sind“, kündigt Hegmanns an.
- Erwartungen der Gelsenkirchener Wirtschaft an Kommunalpolitik und Verwaltung
Der IHK-Regionalausschuss Gelsenkirchen begrüßt, dass Kommunalpolitik und Verwaltung Maßnahmen eingeleitet haben, um die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Gelsenkirchen zu erhöhen, wie z. B. die Erarbeitung eines Handlungskonzepts Wirtschaftsflächen sowie die Beauftragungen zur Erarbeitung von Masterplänen Industrie und Hochschulentwicklung. Die Aktivitäten im Themenfeld Wirtschaft müssen aber weiter intensiviert, fokussiert und mit mehr Kraft und Tempo angegangen werden. Deshalb muss Wirtschaft - wie in den Nachbarstädten - auch in Gelsenkirchen „Chefsache“ sein. Der IHK-Regionalausschuss steht für eine konstruktive Begleitung der anstehenden Maßnahmen mit folgenden Erwartungen gerne zur Verfügung:
- Gewerbe- und Industrieflächen
In Gewerbe- und Industriegebieten entsteht ein Großteil der regionalen Wertschöpfung; es werden Gewerbesteuern erwirtschaftet und viele Arbeitsplätze geschaffen. Ein der Nachfrage entsprechendes Angebot marktfähiger Wirtschaftsflächen ist ein zentrales Anliegen der Wirtschaft. Für die zukunftsfähige Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Gelsenkirchen ist es richtig und wichtig – wie vom Ausschuss für Wirtschaft, Innovation, Beherbergung und Gastronomie am 3. Juni 2025 sowie vom Rat der Stadt Gelsenkirchen am 26. Juni 2025 beschlossen – Flächen planerisch zu GI-Gebieten weiterzuentwickeln, Brachflächen zu aktivieren und auch neue Flächen auszuweisen. Erfreulich ist, dass die Ermöglichung von Flächenentwicklungen im Außenbereich entlang der Grenzen des Siedlungsraumes forciert werden soll, um weitere Optionen für die dringend notwendige Ansiedlung von Unternehmen zu gewinnen. Wir halten es auch für richtig, dass das Projekt „Zukunftspartnerschaft Wohnen“ für die Entwicklung und Vergrößerung von Gewerbeflächen genutzt werden soll. Die regionale Wirtschaft erwartet, dass die gesamte Verwaltung diese Maßgaben der Politik zur prioritären Grundlage ihrer Arbeit macht und zeitnah alle Spielräume nutzt, um der Nachfrage nach Wirtschaftsflächen im Sinne einer positiven Standortentwicklung gerecht zu werden.
- Masterplan Industrie
Aus Sicht der Wirtschaft ist ebenfalls erfreulich, dass die Verwaltung beauftragt wurde, zusammen mit den maßgeblichen Verbänden, Kammern und Unternehmen einen „Masterplan Industrie“ zu erarbeiten, der insbesondere die planerische Weiterentwicklung von Flächen zu GI-Gebieten vorsieht. Wie auch in den Masterplänen anderer Städte sollte ein solcher Masterplan folgende für die Industrie und andere Branchen weiteren wichtigen Themen umfassen: unternehmensnaher attraktiver Wohnraum für Fach- und Führungskräfte, Bildung, Qualifizierung und Gewinnung von Fachkräften, Infrastruktur sowie Erhöhung der Akzeptanz für industrielle Ansiedlungen und Betriebserweiterungen. Die Wirtschaft steht für eine Zusammenarbeit zur Verfügung, wenn für die Erarbeitung und Umsetzung des Masterplans eine effiziente Organisationsstruktur, ein ambitionierter Zeitplan sowie eine regelmäßige Evaluierung und Fortschreibung vorgesehen werden.
- Steigerung der Attraktivität der Stadt
Um Unternehmen sowie Fach- und Führungskräfte für Gelsenkirchen zu gewinnen, bedarf es gemeinsamer zielgerichteter Anstrengungen, um die Attraktivität der Stadt im Standortwettbewerb zu verbessern. Seit einiger Zeit wird dies in verschiedenen Kreisen unter Einbindung von Gelsenkirchener Unternehmen mit unterschiedlichen Ansätzen versucht. Ziel muss es sein, diese Ansätze möglichst nah zusammenzubringen und unter einer „Stadtmarke Gelsenkirchen“ zu führen. Sofern Kommunalpolitik und Verwaltung einen Markenbildungsprozess initiieren, wird sich die Gelsenkirchener Wirtschaft hieran aktiv beteiligen. Gleiches gilt weiterhin für Projekte im Rahmen von Großveranstaltungen, z. B. der IGA 2027. Bei der UEFA EURO 2024 haben Gelsenkirchener Unternehmen eindrucksvoll gezeigt, dass sie kreative Ideen haben und auch bereit sind, sich finanziell zu engagieren, z. B. beim Projekt UnternehmensElf, um die Aufmerksamkeit für Gelsenkirchen zu erhöhen.
- Dialog mit der Wirtschaft
Im Positionspapier zur Neuaufstellung der Wirtschaftsförderung hat der IHK-Regionalausschuss im Sommer 2022 auch verschiedene Vorschläge unterbreitet, wie der Dialog mit der Wirtschaft verbessert werden kann. Der zwischenzeitlich eingerichtete Impulskreis bei der Wirtschaftsförderung erweist sich hierfür aus Sicht der Unternehmerschaft nicht als passendes Gremium, um Belange der Wirtschaft in einem adäquaten Rahmen zu erörtern. Das Gremium, in dem die Zahl der Unternehmerinnen und Unternehmer die Minderheit darstellt, ist mit nahezu 20 Personen viel zu groß und auch zu heterogen besetzt. Wenn für die kommende Berufungsperiode Unternehmerinnen und Unternehmer für einen regelmäßigen, zielorientierten und vertrauensvollen Dialog mit Stadtspitze und Wirtschaftsförderung gewonnen werden sollen, bedarf es eines anderen Formats. Das Gremium sollte höchstens zehn Personen umfassen und sich unter Leitung der Stadtspitze mit Beteiligung des für Wirtschaftsförderung zuständigen Verwaltungsvorstands mindestens viermal jährlich zur Erörterung wirtschaftsrelevanter Themen treffen. Ergänzend könnte der Impulskreis Wirtschaftsförderung in der bisherigen Zusammensetzung ohne Unternehmensvertreter beibehalten werden.
Gelsenkirchen, 16. September 2025gez. Stefan Hegmanns, Vorsitzendergez. Nicole Jones, stellv. Vorsitzendegez. Roland Hundertmark, stellv. Vorsitzender - Gewerbe- und Industrieflächen
Neben der Bereitstellung neuer Gewerbe- und Industrieflächen bedarf es nach Ansicht des IHK-Regionalausschusses zielgerichteter Maßnahmen, um die Attraktivität der Stadt im Standortwettbewerb zu verbessern, beispielsweise durch einen Markenbildungsprozess und überregional wahrnehmbare Aktivitäten bei Großveranstaltungen, die in Gelsenkirchen stattfinden. „Beim Projekt UnternehmensElf im Rahmen der UEFA EURO 2024 haben Gelsenkirchener Unternehmen gezeigt, dass sie kreative Ideen haben und auch bereit sind, sich zum Wohl der Stadt finanziell zu engagieren,“ so Hegmanns. „Auch für die Internationale Gartenausstellung 2027 gibt es schon Ideen aus der Wirtschaft“, kündigt er an.
Korrekturen fordert die Wirtschaft auch für den „Impulskreis Wirtschaftsförderung“, den die Stadt im vergangenen Jahr eingerichtet hat. Aus Sicht der Unternehmerschaft ist er kein geeignetes Gremium, um die Belange der Wirtschaft mit der Stadtspitze zu erörtern. „Das neue Gremium ist zu groß und Unternehmerinnen und Unternehmer sind dort in der Minderheit“, nennt Hegmanns seine Hauptkritikpunkte.