20. März 2025

„Paradebeispiel für überbordende Bürokratie"

IHK zur Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer

Münsterland/Emscher-Lippe-Region. – Die Einführung einer kommunalen Steuer auf Einwegverpackungen, wie sie nach dem Vorbild der Stadt Tübingen derzeit auch in manchen Kommunen im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region diskutiert wird, sieht die IHK Nord Westfalen kritisch.
IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel verweist auf den hohen bürokratischen Aufwand, den die Steuer für Gewerbetreibende wie auch für die Verwaltung der Städte und Gemeinden mit sich bringen würde. „Die äußerst kleinteilige Regulierung zur Besteuerung von Einwegverpackungen ist ein Paradebeispiel für überbordende Bürokratie, deren positive Wirkung obendrein auch noch fraglich ist“, betont Jaeckel. Die Politik laufe Gefahr, die Glaubwürdigkeit bei den Unternehmen zu verlieren, wenn zwar parteiübergreifend Bürokratieabbau versprochen werde, bei den Unternehmen der bürokratische Aufwand aber weiter steige. „Die ernsthaften Bestrebungen auf Landes- und Bundesebene sollten auf lokaler Ebene nicht konterkariert werden,“ so Jaeckel.
Mit der Umsetzung der Steuer gehen nach Einschätzung der IHK aufwändige Beleg- und Nachweispflichten einher, da jeweils im Einzelfall geregelt wird, welche Verpackung unter welchen Bedingungen steuerpflichtig ist oder nicht. Allein die Auslegungshinweise der Stadt Tübingen umfassen 22 Seiten. „Der Pizzakarton vom Lieferdienst ist steuerfrei. Wird die Pizza beim Restaurant um die Ecke abgeholt, fällt auf den Karton eine Steuer an“, nennt Jaeckel ein Beispiel. Betroffen seien nicht nur Gastronomen, sondern auch Lebensmittelhändler und Betreiber von Getränke- und Verpflegungsautomaten. Die Steuer belaste vor allem kleine Unternehmen, die sich vielfach von den Krisen der vergangenen Jahre noch nicht erholt hätten und insgesamt unter zu viel Bürokratie, hohen Kosten und einer angespannten Personallage litten.
Da die Einführung einer Verpackungssteuer auch bei den Kommunen zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führt, haben schon zahlreiche Städte und Gemeinden in ganz Deutschland signalisiert, keine Verpackungssteuer einzuführen. Das lässt Jaeckel hoffen, dass auch die Kommunen im Münsterland und der Emscher-Lippe-Region „schon im eigenen Interesse keine kommunale Verpackungssteuer einführen“. Regionale Unterschiede bei der Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer könnten zudem zu Wettbewerbsverzerrungen führen, insbesondere wenn benachbarte Gemeinden keine vergleichbare Regelung haben, weist Jaeckel bei allein 78 Kommunen im Bezirk der IHK Nord Westfalen auf einen möglichen Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen hin.
Eine wissenschaftliche Untersuchung der Universität Tübingen, auf die IHK verweist, kam zudem zu dem Ergebnis, dass eine kommunale Verpackungssteuer die Abfallmenge „nicht messbar reduziert“. Hinzu kommt, so Jaeckel, dass Unternehmen bereits heute auf Grundlage geltender Verpackungsgesetze und Verordnungen der Kreislaufwirtschaft maßgebliche Beiträge zur Entsorgung und Verwertung von Verpackungen leisten oder in den Einwegkunststofffonds einzahlen. Viele Unternehmen seien zudem freiwillig auf recyclingfähige Verpackungen umgestiegen. Jaeckel: „Eine zusätzliche Verpackungssteuer belastet die Betriebe nicht nur unverhältnismäßig, sondern bestraft zusätzlich die unternehmerische Initiative“.