IHK gegen kommunale Verpackungssteuer

Baumgürtel: „Musterbeispiel für ausufernde Bürokratie“
Münsterland / Emscher-Lippe-Region. - Die IHK Nord Westfalen setzt sich gegen die kommunale Verpackungssteuer ein und bittet die 78 Städte und Gemeinden im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region, auf die Einführung dieser Steuer zu verzichten. „Die Regeln zur Besteuerung von Einwegverpackungen sind ein Musterbeispiel für eine ausufernde Bürokratie, deren Nutzen mehr als fraglich ist“, sagte IHK-Präsident Lars Baumgürtel gestern (16. Juni) während der Vollversammlung der IHK in Münster. Anstelle von immer neuer Bürokratie, die Unternehmen und Verwaltungen gleichermaßen belaste, müssten stärkere Anreize geschaffen werden, Mehrwegverpackungen einzusetzen.
„Die Politik läuft Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit in der Wirtschaft zu verlieren, wenn zwar parteiübergreifend Bürokratieabbau versprochen wird, der bürokratische Aufwand in den Unternehmen aber weiter steigt“, betonte der IHK-Präsident, der Geschäftsführer der ZINQ GmbH & Co. KG (Gelsenkirchen) ist. Die erkennbaren Bemühungen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene, Bürokratie abzubauen, sollten jetzt nicht auf lokaler Ebene konterkariert werden. Dass beispielsweise die Kommunen Ascheberg, Coesfeld, Dorsten und Lengerich die Einführung der Steuer bereits abgelehnt hätten, ist für Baumgürtel deshalb „ein gutes Signal, dem die anderen Kommunen im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region folgen sollten“, so der IHK-Präsident.
Das Ziel der Steuer, den Müll in den Innenstädten zu reduzieren und die Nutzung von Mehrwegverpackungen zu fördern, sei unbestritten richtig, betonten gleich mehrere Mitglieder der Vollversammlung. Aber genau wie bei anderen Maßnahmen sei der bürokratische Aufwand unverhältnismäßig hoch. Der Automatismus, auf jedes Problem mit neuer Bürokratie zu reagieren, statt es grundsätzlich zu lösen, müsse aufhören. Sonst werde die Bürokratie allen Versprechungen zum Trotz weiter wachsen, so das Fazit der Diskussion.
Mit der Umsetzung der Steuer gehen laut IHK umfangreiche Beleg- und Nachweispflichten für betroffene Unternehmen einher, da jeweils im Einzelfall geregelt wird, welche Verpackung unter welchen Bedingungen steuerpflichtig ist oder nicht. Allein die Auslegungshinweise der Stadt Tübingen umfassen rund 20 Seiten. Danach ist etwa der Pizzakarton vom Lieferdienst steuerfrei, während eine Steuer auf den Karton zu zahlen ist, wenn die Pizza beim Restaurant abgeholt wird. Betroffen sind nicht nur Gastronomen, sondern auch Lebensmittelhändler und Betreiber von Getränke- und Verpflegungsautomaten sowie Hersteller von Verpackungen.
Dass der Verzicht auf die Verpackungssteuer im eigenen Interesse der Städte und Gemeinden ist, hatte zuvor IHK-Vizepräsident Bernd Eßer dargestellt. Denn auch bei den Kommunen führt die Steuer zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand. „Alle steuerpflichtigen Betriebe müssen erfasst, ihre übermittelten Angaben zur Berechnung der Steuerbescheide überprüft und regelmäßige Kontrollen zur korrekten Umsetzung der Steuer durchgeführt werden“, skizzierte Eßer (Geschäftsführer der Berief Food GmbH, Beckum). Vor allem Betrieben wie Bäckereien mit zahlreichen Filialen in verschiedenen Kommunen droht nach seinen Ausführungen zudem „ein regelrechter Flickenteppich, mit dem sich der bürokratische Aufwand aufgrund der jeweils unterschiedlichen Regelungen noch einmal potenzieren kann“.
„Aufwand und Ertrag stehen in keinem Verhältnis“, resümierte deshalb auch Dr. Jana Burchard, Leiterin des IHK-Geschäftsbereichs Branchen und Infrastruktur. „Es bestehen auf nationaler wie europäischer Ebene bereits zahlreiche gesetzliche Regelungen zur Abfallvermeidung, die von den Unternehmen berücksichtigt werden müssen“, betonte sie und nannte die EU-Verpackungsordnung, das Einwegkunststofffondsgesetz, die Mehrwegangebotspflicht sowie die Beteiligungspflicht am Dualen System. „Viele Unternehmen sind zudem bereits freiwillig auf recyclingfähige Verpackungen umgestiegen oder bieten Mehrwegbehälter an“, so Burchard.