Amerikaner interessiert an Hochwasserschutz

US-Delegation spricht mit Firmen aus Nord-Westfalen

Münsterland/Emscher-Lippe-Region. – Starkregen und Überflutungen gefährden in immer kürzeren Abständen Menschen und Sachwerte, dazu ist das Kanalnetz in Deutschland in die Jahre gekommen und sanierungsbedürftig. Dies sind nur zwei der Herausforderungen für die Wasserwirtschaft und die Wasserversorgung. Lösungen bieten Unternehmen aus Nord-Westfalen an – und dafür interessieren sich auch Fachleute aus den USA. Eine amerikanische Delegation aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik, begleitet von der deutsch-amerikanischen Auslandshandelskammer, sprach jetzt mit Firmen und Institutionen aus der Region. HUESKER Synthetik aus Gescher, Saertex multiCom aus Saerbeck sowie Gelsenwasser und das IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur in Gelsenkirchen stellten ihre Produkte und Dienstleistungen vor.
Die Notwendigkeit, sich besser vor Hochwasserereignissen zu schützen, unterstrich Dr. Fritz Jaeckel. „Allein die Hochwasser 2021 in Deutschland kosteten Milliarden Euro an Ersatzleistungen“, erläuterte der Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen zum Auftakt der Tour bei der IHK in Münster. „Kein Staat kann alle fünf Jahre mit derartigen Katastrophen fertigwerden und diese Summen bezahlen“, ergänzte er und mahnte „massive Investitionen“ in die Vorsorge an. Er berichtete den Besuchern aus Minnesota, Wisconsin, Illinois und Colorado über seine Erfahrungen bei der Bewältigung der Hochwasserfolgen 2002 und 2013 in Sachsen sowie 2021 in der Eifel, wo er Beauftragter des Landes NRW für den Wiederaufbau der Flutgebiete war. „Acht bis zehn Jahre dauert es, die beschädigte Infrastruktur vollständig und resilient wieder aufzubauen“, schilderte er die erheblichen Folgen, auch für viele Unternehmen.
Um Schäden durch solche Ereignisse zu vermeiden, setzt HUESKER Synthetik auf Geokunststoffe im Wasserbau. Mit geosynthetischen Baustoffen werden zum Beispiel Dämme und Deiche, erosionsgeschützte und sicher abgedichtete Kanäle oder Regenrückhaltebecken realisiert. „Viele Bewässerungsanlagen überall auf der Welt sind in die Jahre gekommen, Wasser sickert durch“, erläuterte Sven Schröer aus der Geschäftsführung. Hier dienen geosynthetische Betonmattensysteme der Abdichtung, wobei die Arbeiten sowohl während des laufenden Betriebs als auch im Trockenen durchgeführt werden können.
Die Sanierung kommunaler Abwasserkanäle und -druckleitungen gehört zu den Geschäftsfeldern von Saertex multiCom. Projektleiter Jan Elfers stellte der Delegation aus den USA Konzepte vor, die den Verlust oder die Verunreinigung von Trinkwasser sowie Schäden an Leitungen durch Erosion verhindern. Das Besondere an der Technologie von Saertex multiCom: Die „grabenlose Rohrleitungssanierung“ kommt ohne Buddeln aus. „Das spart 70 Prozent CO2 gegenüber der offenen Bauweise“, erklärte Elfers und nannte weitere Vorteile: Weniger Kosten, weniger Lärm und Dreck, weniger Beeinträchtigung des Straßenverkehrs zum Beispiel. Zu tun gibt es genug: Fast 600.000 Kilometer Länge misst die öffentliche Kanalisation in Deutschland, das Durchschnittsalter des Netzwerks beträgt 37 Jahre. „19 Prozent gelten als stark beschädigt.“
Der Zustand der alternden Leitungen und Kanäle spielte auch beim „IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur“ in Gelsenkirchen eine Rolle. Die Einrichtung, an der 70 Unternehmen und 150 Kommunen beteiligt sind, verfügt über eine Starkregen-Prüfanlage. Oder, wie es Geschäftsführer Roland W. Waniek, formulierte: „die weltgrößte Dusche.“ Zehnmal 20 Meter misst die Beregungsfläche über dem Prüfstand für Starkregen und Überflutungen in Städten. Simuliert wird im Maßstab eins zu eins, wie Regenwasser auf Straßen, Wohn- und Gewerbegebieten am besten abfließt.
Gelsenwasser, eine weitere Station, liefert Trinkwasser – 2024 mehr als 217 Millionen Kubikmeter –, und erschließt sich neue Geschäftsfelder: Im Joint Venture „Phosphorgewinnung Schkopau“ wird aus Klärschlamm-Asche hochwertiger Phosphor zum Beispiel für die Landwirtschaft gewonnen. Weitere Themen waren die Europäische Verordnung für Abwasserbehandlung, die Prof. Christof Wetter vom „Institut für Infrastruktur, Wasser, Ressourcen, Umwelt“ der FH Münster vorstellte, und das Renaturierungsprojekt Emscher. Ein Gegenbesuch steht in Aussicht: Commissioner Katrina Kessler von der Minnesota Pollution Control Agency sprach die Einladung aus.