27. September 2024

Wie Unternehmen Veränderung lernen

IHK-Kongress: Weiterbildung gestaltet den Wandel
Münster. – Ob es um Nachfolge oder Digitalisierung geht, viele Unternehmen stehen vor Umbrüchen. Um diese zu meistern, zählen nicht allein technische Fertigkeiten – es kommt vor allem auf die Veränderungsbereitschaft an. Beim dritten „Kongress der Ideen“ der IHK Nord Westfalen ging es gestern Nachmittag (26. September) um die Frage, ob und wie Veränderung gelernt werden kann und wie Weiterbildung einen entscheidenden Beitrag für Transformationsprozesse in der Wirtschaft leistet. Im Mittelpunkt standen dabei Praxisbeispiele der FIEGE Logistik Stiftung & Co. KG aus Greven und der clockin GmbH aus Münster, die solche Prozesse erfolgreich bewältigt oder begleitet haben.
„Veränderungsbereitschaft ist eine der wichtigsten Kompetenzen für die anstehenden Herausforderungen“, erklärte Ulli Schmäing, Abteilungsleiter Weiterbildung bei der IHK. Dass die Bereitschaft zur Transformation erlernbar ist, bestätigte Prof. Daniel Hunold, Professor für Creative and Cultural Entrepreneurship an der Technischen Hochschule OWL in Lemgo. Wie eine stark praxisbezogene Weiterbildung den Wandel gestaltet, beschrieb er anhand konkreter Beispiele.
Ganz praxisnah setzt FIEGE „das Recht auf gute Führung“ im Familienunternehmen um. Wie wichtig dabei intensive Weiterbildung ist, stellte Jule Biefeld vor. Seit drei Jahren läuft der Prozess. Er besteht unter anderem aus gemeinsamen Schulungen von Führungskräften, aus individueller Förderung in personalisierten Weiterbildungsprogrammen und aus Workshops, in denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbezogen werden. Es gehe darin um Werte wie Familie und Nachhaltigkeit, die dem über 150 Jahre alten Logistikdienstleister wichtig sind, um das Verständnis von Führung, „aber auch um praktische Fähigkeiten von Führungskräften“. Dazu zählte sie „Basics“ wie Entwicklungs- oder Feedbackgespräche. Deutlich zu machen, dass auch erfahrene Kräfte solche Basiskenntnisse auffrischen sollten, sei durchaus nicht immer einfach gewesen. Die Überzeugungsarbeit gelang aber: „Es zeigt sich: Je besser die Lernkultur ist, desto besser greift jede Transformation.“
Frederik Neuhaus, Co-Founder und CEO von clockin, hat bereits viele Transformationsprozesse seiner Kunden erfolgreich begleitet. Sein Unternehmen hat eine App für die minutengenaue digitale Erfassung von Arbeitszeiten per Smartphone entwickelt. Der größte Fehler aus seiner Sicht: „Der Versuch, alles auf einmal und zu 110 Prozent richtig zu machen.“ Ein solches Vorgehen sei zum Scheitern verurteilt. Besser lasse sich in der Belegschaft Veränderungsbereitschaft wecken, wenn ein Unternehmen Schritt für Schritt vorgehe. „Erstmal mit nur einem Prozess anfangen“, lautete sein Rat. Skeptiker sammeln auf diese Weise erste Erfahrungen mit der Digitalisierung, erlebten positive Auswirkungen auf den Arbeitsalltag – und ließen sich leichter überzeugen.
Damit Weiterbildung gelingt, ist aus Sicht von Schmäing ihr Timing entscheidend. Sie müsse auf Lebensalter, Berufserfahrung und Position abgestimmt werden. Oder, wie er es beim anschließenden Get-Together auf den Punkt brachte: „Hier gilt das Motto: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans vielleicht viel besser“. Um Zukunftskompetenzen und eine veränderungsbereite Denkweise zu vermitteln, setzt die IHK auf „Zertifikatsergänzte Exzellenzabschlüsse“, kurz „Zert-Ex“. „Analytisches und kritisches Denken sowie komplexe Problemlösungen werden hier handlungsorientiert, praxisnah und spielerisch nahegebracht“, erläuterte er. Nach der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Erprobungsphase im Rahmen des InnoVET-Projekts „ZertEx-Abschlüsse“, die in diesem Jahr endet, wird der Lehrgang ab 2025 Lehrgang als „Digitale Kompetenzwerkstatt (IHK)“ von der DIHK-Bildungs-gGmbH bundesweit angeboten.