Gewerbegebiete der Zukunft

Flächen neu denken: Erbbaurecht als Alternative zum Grundstückskauf

Teil 1: Erbbaurecht als Alternative zum Grundstückskauf

Pforzheim, 17.12.2021. Der Flächenverbrauch in Deutschland soll in den nächsten Jahren stark reduziert werden. Die trifft auch zukünftige Gewerbeflächen in der Region. Naturschutzfachliche Auflagen und Bürgerproteste machen die Ausweisung von Gewerbegebieten für Kommunen nicht einfacher. Eine zukunftsfähige Wirtschaft benötigt aber moderne und nachhaltig ausgestaltete Flächen für Neuansiedlungen oder Betriebserweiterungen. Wie kann es also gelingen, die wenigen für Gewerbeentwicklung geeigneten Flächen im Nordschwarzwald, sinnvoll, nachhaltig und effizient zu entwickeln? Eine Artikelserie möchte Unternehmen, Kommunen und anderen Akteuren Denkanstöße vermitteln, auch um über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und neue Blickwinkel zu entwickeln – für die gemeinsame Entwicklung von Gewerbegebieten der Zukunft

Erbbaurecht als Alternative zum Grundstückskauf

Beim Erbbaurecht werden das Eigentum am Grundstück und das Eigentum an der Immobilie voneinander getrennt: Der Erbbaurechtsnehmer darf das Grundstück nutzen und zahlt dem Erbbaurechtsgeber dafür einen Erbbauzins. Oft wird dieses Instrument im privaten Wohnungsbau genutzt, bisher selten im gewerblichen Bereich. Durch das Erbbaurecht können sich aber beachtliche Vorteile für Kommunen und Gewerbetreibende ergeben. 

Vorteile für Unternehmen

Nur knapp 18 Prozent aller Erbbaurechte in Deutschland werden für Gewerbeimmobilien vergeben. Das geht aus einer Befragung des Deutschen Erbbaurechtsverbands e.V. hervor. Bei diesen gewerblich genutzten Erbbaurechten beträgt der Erbbauzins durchschnittlich 4,3 Prozent des Grundstückswertes pro Jahr. Gerade für die Eigentümer von Gewerbeimmobilien kann das Erbbaurecht finanziell eine interessante Alternative sein. Zum einen spart der Erbbaurechtsnehmer die Kosten für den Kauf des Grundstücks. Hierdurch fällt der – meist notwendige – Kredit für den Kauf oder den Bau der Immobilie geringer aus und das Unternehmen erhält sich mehr Liquidität. Zum anderen ergeben sich für Unternehmen steuerliche Vorteile: Denn sie können den Erbbauzins vollständig von der Steuer absetzen – im Gegensatz zu den Kosten für einen Grundstückskauf. Die Laufzeiten des Erbbaurechtsvertrags können dabei flexibel verhandelt werden. Optionsrechte auf Verlängerungen sind im gewerblichen Bereich üblich. So können die Erbbaurechtsnehmer die Laufzeiten auf die Bedürfnisse ihres Unternehmens anpassen. 

Bodenspekulationen vorbeugen

Die Erbbaurechtsgeber sind meist Kommunen, kirchliche Organisationen oder Stiftungen. Insbesondere Kommunen setzen Erbbaurechte momentan verstärkt ein, um ihr „Tafelsilber“ zu behalten und Bodenspekulationen vorzubeugen. Außerdem erhalten sie sich einen Einfluss auf die Nutzungsart der Grundstücke. Denn diese kann im Erbbaurechtsvertrag vorgegeben werden. 

Nachhaltige Nutzung von Flächen

„Hier sehen wir auch einen Ansatzpunkt für die Ausweisung nachhaltiger Gewerbeflächen“, so Oliver Laukel vom Beratungszentrum Umweltschutz der IHK Nordschwarzwald. „Zum einen kann so die Ausgestaltung z. B. gemeinsam nutzbarer Flächen wie Kindergärten, Parkhäuser oder Autohöfe langfristig geregelt werden, zum anderen kann der Eigentümer (sprich: die Kommune) nach Beendigung der Nutzung z. B. durch Wegzug des Unternehmens direkt wieder auf die Fläche zugreifen und Brachflächen vermeiden.“
Prominente gewerblich genutzte Erbbaurechte sind zum Beispiel die Keksfabrik Bahlsen bei Hannover oder die Allianz Arena in München. „Aber auch für kleinere Gewerbeobjekte kann sich ein Erbbaurecht im Vergleich zum Grundstückskauf lohnen“, sagt Dr. Matthias Nagel, der Geschäftsführer des Deutschen Erbbaurechtsverbands. „Denn die Erbbaurechtsnehmer haben nahezu die gleichen Rechte wie Grundstückseigentümer, erhalten sich aber mehr finanziellen Spielraum.“
Quelle: Erbbaurechtsverband, ergänzt