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Markteinstieg in der Golfregion

Wird ein neues Land erschlossen, sitzt man sprichwörtlich zunächst vor einem weißen Blatt und weiß gar nicht so recht, wie man anfangen soll. Die erste Handlung ist dann immer die Kontaktaufnahme mit der IHK Niederbayern“, berichtet Timo Karsten, Kaufmännischer Leiter bei Vogl electronic.
Das Unternehmen zählt zu den international führenden Herstellern von Sicherheitssystemen für Hoch- und Mittelspannungsschaltanlagen. Spezialgebiet und Alleinstellungsmerkmal ist die optoelektronische Überwachung auf Grundlage eigener Innovationen. In den vergangenen 30 Jahren lag der Fokus zunächst fast ausschließlich auf dem deutschsprachigen Raum. Seit 2020 ist das Unternehmen nun verstärkt international unterwegs. Inzwischen ist die Technologie aus Salching neben europäischen Ländern auch in Asien, Australien, Ozeanien oder Nordafrika zu finden. Derzeit arbeitet Vogl electronic am Markteinstieg im Mittleren Osten. Die Vereinigten Arabischen Emirate sollen erschlossen werden. „Der Grund, warum wir verstärkt in der Golfregion tätig sein wollen, ist simpel: Dort werden derzeit und in den kommenden Jahren viele Schaltanlagen gebaut. Damit handelt es sich für uns um einen riesigen Zielmarkt.“
Erste Schritte sind bereits getan. „Wir sind mit derzeit 15 Mitarbeitern ein zu kleines Unternehmen, um selbst weltweit Vertriebsbüros zu eröffnen“, erklärt Karsten. Deshalb arbeitet Vogl electronic zum einen mit Repräsentanten zusammen, die einen Zugang zum Zielland ermöglichen. „Für uns ist es wichtig zu verstehen, wie der Endkunde kulturell funktioniert“, meint Karsten. Zum anderen nehmen die Repräsentanten die Produkte des Unternehmens in ihr Portfolio auf und stellen sie den Endkunden im Zielland vor. „Repräsentanten, die für uns tätig sein möchten, müssen eine hohe elektrotechnische Kompetenz mitbringen, um unser System zu verstehen. Wir achten zudem auf Referenzen und Glaubwürdigkeit“, berichtet Karsten. Nach der Auswahl einer geeigneten Person wird diese umfangreich geschult. „Wir sind ja mitten in der Corona-Zeit gestartet. Deshalb fand das meiste online statt“, sagt Karsten und weist darauf hin, dass die Digitalisierung bei der Erschließung internationaler Märkte grundsätzlich eine wichtige Rolle spielt. „Gerade die Pandemie und die Reiserestriktionen haben ja gezeigt, dass es zwingend ein digitales Set-up braucht, um international weiter agieren zu können. Zahlreiche Bestandteile der Abwicklung laufen ausschließlich auf digitalem Weg.“

Repräsentanten übernehmen Kontaktaufnahme

Vogl electronic GmbH
Geschäftsführer Maximilian Vogl (links) und Käufmännischer Leiter Timo Karsten im eigenen Hochspannungslabor von Vogl electronic.
Nach intensiver Vorbereitung tragen die Repräsentanten das Produkt an mögliche Interessenten heran. „Die Repräsentanten können wir natürlich nicht ganz allein laufen lassen. Die Gefahr, dass wichtige Informationen verwässern könnten, ist zu groß.“ Aus diesem Grund begleitet Geschäftsführer Maximilian Vogl wichtige Kundenkontakte – vor Ort oder online. Zudem erfahren die Repräsentanten bestmögliche Unterstützung aus Salching. „Sie erhalten
beispielsweise Marketingunterlagen, die exakt auf die Bedürfnisse des jeweiligen Marktes zugeschnitten sind“, erklärt Karsten. Eine wichtige Rolle spielt auch ein Musterkoffer zur Innovation, der aus Interessenten Kunden machen soll. Doch wie kommt dieser sicher und ohne Komplikationen am Ziel an? „Für uns war ja alles komplett neu – von Versandvorschriften bis hin zu Zollrichtlinien. Hier kommt die IHK Niederbayern ins Spiel“, berichtet Karsten. In engem Austausch mit Walter Stemplinger und den Kollegen aus der Fachabteilung International konnte Vogl electronic alles Nötige in die Wege leiten. „Die Abteilung verfügt über fundiertes Wissen, das in den richtigen Portionen schrittweise zur Verfügung gestellt wird. Man wird nicht überfrachtet“, stellt Timo Karsten heraus.

IHK begleitet fortlaufend

Zuletzt half das IHK-Team beispielsweise beim Versand von Produkten, die zu Vorführungszwecken und zur Präsentation bei Messen nach Dubai eingeführt werden sollten. Um eine möglichst zügige Zollabfertigung sicherzustellen, bietet sich ein Carnet an. Dabei handelt es sich um ein internationales Zollpassierscheinheft, das die vorübergehende Ausfuhr von Waren erleichtert. „Wir hatten davon noch nie zuvor etwas gehört. Die IHK hat uns auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht – und stand bei dem gesamten Prozess begleitend zur Seite. Das war fast wie ein Mentoring oder Coaching. Mir wurden die Schritte so erklärt, dass ich mir in Zukunft selbst helfen kann“, sagt Karsten. Aktuell werden in Dubai erste Pilotprojekte umgesetzt. Der Markteintritt sei noch nicht vollständig geschafft, man sei aber auf einem sehr guten Weg. Eine Erschließung erfordert immer langen Atem und viel Geduld, doch das lässt sich auf das gesamte Geschäft von Vogl electronic übertragen. Der Prozess von ersten Gesprächen mit Endkunden über die Ausschreibung, die Bestellung, Produktion und schließlich die Lieferung dauert in der Regel ein bis drei Jahre. Inzwischen kann sich das Unternehmen nicht mehr vorstellen, internationale Märkte außen vor zu lassen. „Für uns liegt dort das meiste Potenzial – sehr viel noch nicht abgeschöpfter Umsatz.“ Ziel und Strategie sei immer, Märkte zunächst zu erschließen und zu festigen, bevor nächste Schritte getan werden. „Wir bearbeiten aktuell unseren Heimatmarkt Europa und neu den Boom-Markt, die Golfregion. Damit sind wir für die nächsten fünf bis zehn Jahre ausgelastet. Was danach kommt? Wir werden sehen. Der asiatische Markt ist sehr interessant für uns, ebenso Mittel- und Lateinamerika. Doch konkrete Planungen laufen noch nicht“, meint Timo Karsten. Wer sich international derart weiterentwickelt, muss auch in der Heimat die richtigen Weichen stellen. Im Sommer 2023 wird Vogl electronic einen neuen Standort im TechCampus der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg eröffnen. Die Firmenleitung und die Bereiche Verwaltung, Entwicklung und Vertrieb werden dorthin ausgelagert, rund 50 bis 60 Arbeitsplätze sollen vor Ort entstehen. Der bisherige Firmensitz in Salching soll massiv als Produktions- und Lagerstandort ausgebaut werden.
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