Änderungen für den Warenverkehr

Brexit und Zoll

Am 24. Dezember 2020 einigten sich die Europäische Union und das Vereinigte Königreich (VK) auf ein Handels- und Kooperationsabkommen (Trade and Cooperation Agreement, TCA), das seit dem 1. Januar 2021 vorläufig angewendet wird. Das Abkommen beinhaltet Regelungen für den Warenverkehr, so u.a. dass Waren mit präferenziellem Ursprung EU vollständige Zollfreiheit bei der Einfuhr ins Vereinigte Königreich genießen und umgekehrt. Falls der Ursprung jedoch nicht nachgewiesen werden kann oder es sich um Ursprungswaren anderer Länder handelt, fällt trotz des Abkommens Zoll an. Das Handelsabkommen schließt Nordirland mit ein.
Mit dem Brexit entstand eine neue Grenze in Europa mit der Notwendigkeit - unabhängig vom präferenziellen Ursprung der Ware - bei der Ein- und Ausfuhr Zollformalitäten zu erledigen und die Ware abzufertigen. Für Unternehmen mit Warenverkehr nach und von VK bedeutet dies erhebliche administrative Belastungen. Mit Nordirland gibt es Sonderregelungen, sodass Nordirland weiterhin wie ein EU-Mitglied behandelt wird.

1. Folgen für den Warenverkehr

Das bedeutet für den Warenverkehr mit Großbritannien (ohne Nordirland):
  • Aus innergemeinschaftlichen Lieferungen werden Exporte und Importe wie in andere Drittländer. Besonders umstellen müssen sich Unternehmen, die bislang ausschließlich im EU-Binnenmarkt tätig sind. Es fallen Zollformalitäten und neue Zölle an. Wer das neue Handels- und Kooperationsabkommen nutzen  und von Präferenzzöllen profitieren möchte, muss die erforderlichen Bedingungen laut Abkommen erfüllen.
Das bedeutet für den Warenverkehr mit Nordirland:
  • Warenlieferungen nach Nordirland bleiben innergemeinschaftliche Lieferungen (keine Zollanmeldungen notwendig)
Die britische Regierung stellt das Border Operating Model als Grundlage der Regelungen und Guide zur neuen Zollgrenze ab Januar 2021 mit der EU zur Verfügung.

1.1. Zollanmeldungen für Großbritannien, keine Änderung für Nordirland ab 1. Januar 2021

Das Vereinigte Königreich bildet ein neues Zollgebiet. Dieses umfasst England, Schottland, Wales und Nordirland.
Hinweis: Für Nordirland wurden im Austrittsabkommen spezielle Regelungen verankert. Nordirland bleibt Teil des Zollgebiets des Vereinigten Königreichs, es wird jedoch ab 2021 gleichzeitig so behandelt, als ob es zum Zollgebiet der EU gehören würde. Das heißt, dass EU-Lieferungen nach Nordirland als intra-EU Handel gesehen werden.

Update (12. Januar 2022): Seit dem Januar 2022 gelten neue Anforderungen für Transportunternehmen. Um auch im neuen Jahr weiterhin Waren zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich (England, Schottland und Wales) über einen GVMS-Grenzort befördern zu können, müssen sich Transportunternehmen vorab für das Goods Vehicle Movement Service (GVMS) anmelden. Hierzu hat die britische Regierung auf ihrer Internetseite ein Merkblatt veröffentlicht. Außerdem gibt ein detailliertes Handbuch für Speditionen, Frachtführer und Fahrer (in Englisch) unter anderem Hinweise, welche Dokumente beim Warentransport zwischen der EU und Großbritannien benötigt werden, welche neuen Regeln für das Verkehrsmanagement an Häfen und welche neuen Grenzkontrollverfahren gelten.

Quelle: Deutsche Industrie- und Handelskammer
Ausfuhr aus der EU nach Großbritannien (ohne Nordirland):
  • Registrierung beim Zoll für eine EORI-Nummer (falls innerhalb der EU noch nicht vorhanden)
  • Ausfuhranmeldung und Zollformalitäten ggf. Ausfuhrgenehmigungen für sensible Güter (Nutzung Allgemeiner Genehmigungen)
  • Umsatzsteuerliche Folgen: steuerfreie Ausfuhrlieferung; EU-Richtlinien verlieren Geltung in GB
  • Einfuhranmeldung (mit einer GB-EORI-Nummer des Einführers) und die Zollabwicklung bei Einfuhr in GB 
  • Einfuhrzölle richten sich nach dem neuen britischen Zolltarif
Für viele Unternehmen, die Waren in Großbritannien abfertigen möchten, empfiehlt es sich, Zolldienstleister zu nutzen. Eine Liste mit britischen Zollbrokern finden Sie hier.
(Update: 12. Januar 2022) Der deutsche Zoll informiert über eine zusätzliche temporäre Ausweitung der Frist zur Vorlage von Alternativnachweisen in Nachforschungsverfahren von 360 auf 500 Tage. Weitere Informationen finden Sie hier.
Weiterführende Informationen zu britischen Einfuhrzollanmeldungen und zur Verwendung des Ländercodes „EU“ enthält der Artikel UK: Britische Einfuhrzollanmeldungen.
Einfuhr in die EU aus Großbritannien:
  • Ausfuhranmeldung und Zollabfertigung in GB
  • Einfuhranmeldung und Zollformalitäten in der EU
  • Einfuhrzölle richten sich nach dem EU-Zolltarif
Lieferungen zwischen der EU und Nordirland:
  • keine Zollanmeldungen
  • normale umsatzsteuerliche Handhabung (u.a. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer)
  • Intrastatmeldungen (Ländercode XI)

1.2. EORI-Nummern

Unternehmen, die bei der Zollabfertigung als Ausführer oder Einführer auftreten, brauchen eine EORI-Nummer von dem Zollgebiet, wo sie die Einfuhr bzw. Ausfuhr abfertigen möchten:
  • Für eine Ausfuhr oder Einfuhr aus der/in die EU benötigen Sie eine EU-EORI-Nummer.
  • Für eine Ausfuhr oder Einfuhr aus/nach Großbritannien benötigen Sie eine GB-EORI-Nummer, die Sie hier beantragen können.
Hinweis: Die in der Vergangenheit im Vereinigten Königreich ausgestellten EU-EORI-Nummern sind seit Januar 2021 nicht mehr gültig.

1.3. Handelsrechnungen des deutschen Exporteurs & Angabe der EORI-Nummer

Einige Speditionen und KEP-Dienstleister fordern im Zusammenhang mit der Beförderung und Zollabwicklung von Exporten ins Vereinigte Königreich von deutschen Unternehmen, ihre EORI-Nummer in Rechnungen anzugeben. Hierzu weisen wir auf Folgendes hin:
Rechnungen in das Vereinigte Königreich unterliegen keinen besonderen Formvorschriften. Sie können so ausgestellt werden, wie Rechnungen in andere Drittländer auch (beispielsweise in die Schweiz). Da es sich um eine Nettorechnung handelt, muss eine Begründung dafür enthalten sein, sinngemäß wäre das der Vermerk „steuerfreie Ausfuhrlieferung“. Eine Unterschrift ist nicht erforderlich, auch nicht, falls eine Erklärung zum Ursprung darauf abgegeben wird. Es gibt außerdem keine Vorgaben zu einer bestimmten Anzahl von Kopien. Die EORI des GB-Importeurs kann, muss aber nicht auf der Rechnung enthalten sein. Diese Information kann genauso formlos über das Versandavis mitgeteilt werden.
Die Angabe der EORI-Nummer des DE-Exporteurs ist zollrechtlich nicht vorgeschrieben! Sie sollte daher nicht ohne weiteres auf der Rechnung genannt werden, u.a. um etwaigen Missbrauch durch Dritte vorzubeugen (z.B. Zollanmeldungen durch Dritte auf diese EORI-Nummer ohne Kenntnis des EORI-Inhabers).

1.4. Das Border Target Operating Model: schrittweise Einführung vollständiger Zollkontrollen ab Ende Januar 2024

Nachdem die Einführung der vollständigen Zollkontrollen für Waren aus der EU bereits mehrmals verschoben wurde, hat die britische Regierung mit dem Border Target Operating Model einen neuen Zeitplan vorgelegt.

Die Neuerungen werden in drei Stufen eingeführt. Die ersten beiden Stufen betreffen tierische Erzeugnisse und Pflanzenprodukte (sogenannte SPS-Waren), darunter auch Lebensmittel. Die dritte Stufe betrifft Sicherheitsanmeldungen. Die Umsetzung des vollständigen Zollregimes für Waren aus der EU soll bis Ende 2024 abgeschlossen sein. Ab diesem Zeitpunkt gibt es keine Unterschiede mehr zwischen Einfuhren aus der EU und anderen Drittstaaten.
Details können dem Artikel UK: Änderung der Zollkontrollen ab 2024 sowie der Internetseite der britischen Regierung zum Border Target Operating Model entnommen werden.

1.5. Einfuhr von Kleinsendungen

Einfuhr in die EU: Bei einem Sachwert von bis zu 150 Euro sind die Sendungen zwar zollfrei, die Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent bzw. 7 Prozent und die Verbrauchsteuer (bei Warensendungen mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren) sind aber zu erheben. Die bisherige Freigrenze für Sengen bis 22 Euro ist ab dem 1. Juli 2021 weggefallen.

Einfuhr nach GB: Es gilt eine erleichterte Abfertigung für Waren bis 135 Pfund. Im Bereich E-Commerce muss der ausländische Verkäufer im VK steuerlich registriert sein. Details stehen im Border Operating Model.

1.6. Rückwaren

Die Abfertigung von Waren, die vor dem 1. Januar 2021 aus der EU nach GB geliefert wurden und dann in die EU zurückgeholt werden, kann auf Antrag abgabenfrei als Rückware erfolgen. Voraussetzung dafür ist der Nachweis, dass die nämliche = identische Ware zuvor aus der EU exportiert worden ist. Da der Nachweis bei Lieferungen nach GB, die vor dem 1. Januar 2021 stattgefunden haben, nicht über die Ausfuhrnachweise möglich ist, weil es diese nicht gibt, können Lieferscheine oder ähnliche Unterlagen als Beleg dienen, dass der Transport ins VK innerhalb von drei Jahren vor der Wiedereinfuhr in die EU stattgefunden hat.

1.7. Zollrechtliche Bewilligungen

Sind bei bestehenden Bewilligungen für zollrechtliche Vereinfachungen (z.B. Vereinfachte Zollanmeldung, Anschreibung in der Buchführung) keine Länder oder Länderkreise erfasst, ist eine Anpassung/Ergänzung der Bewilligung in Folge des Brexit nicht erforderlich. Sofern konkrete Drittländer Bestandteil der Bewilligung sind (z.B. bei der passiven Veredelung das "Veredelungsland") empfiehlt es sich, Anträge zeitnah zu stellen. Unternehmen sollten sich hierfür mit ihren zuständigen Hauptzollämtern in Verbindung setzen.
Für allgemeine Fragen zum Brexit steht die zentrale Auskunft des Zoll zur Verfügung:
Montag bis Freitag: 08:00 - 17:00 Uhr
Telefon: +49 228 303-26030
Für spezifische Fragen stehen in den Hauptzollämtern Brexit-Ansprechpartner bereit. Nutzen Sie die Möglichkeit, mit der Zollverwaltung in Kontakt zu treten!
Hauptzollamt Magdeburg,  Roland Alandt 0391 5074 2353

2. Das Handels- und Kooperationsabkommen (TCA)

Die Ursprungs- und Verfahrensregeln für den präferenziellen Warenverkehr mit Ursprungserzeugnissen zwischen dem VK und der EU-27 ab dem 1. Januar 2021 ergeben sich aus Teil Zwei, Teilbereich Eins, Titel I, Kapitel 2 des Abkommens (ab Seite 29) und werden als Artikel ORIG.1ff bezeichnet. Die Liste mit den produktspezifischen Regeln, einleitende Bemerkungen dazu sowie die Texte insbesondere der Erklärung zum Ursprung finden sich auf den Seiten 467ff mit den Bezeichnungen ANHANG ORIG-1 bis ANHANG ORIG-6.
Die produktspezifischen Ursprungsregeln sind in der Datenbank Warenursprung und Präferenzen online (WuP-online) abrufbar.

2.1. Ursprungsregeln

Die Ursprungsregeln sind erfüllt, wenn Waren in der EU bzw. im VK gemäß Artikel ORIG.3
  • vollständig gewonnen werden im Sinne des Artikels ORIG.5,
  • vollständig aus Ursprungswaren (Vormaterialien mit Ursprung) hergestellt werden,
  • oder ausreichend be- bzw. verarbeitet wurden gemäß den produktspezifischen Ursprungsregeln in der Verarbeitungsliste (Anhang ORIG-2). Dabei darf nur ein bestimmter Anteil an Vormaterialien aus Drittstaaten verwendet werden, beispielsweise muss ein Tarifsprung (Verarbeitungsklausel) oder ein maximaler Anteil von Drittlandswaren (Wertschöpfungsklausel) erfüllt sein.

Hinweise zu produktspezifischen Ursprungsregeln

Änderung der zolltariflichen Einreihung
Bei der Ursprungsregel Neueinreihung im Zolltarif handelt es sich nicht nur um die aus anderen Abkommen bekannte Änderung der HS-Position („Positionswechsel“), sondern um eine Änderung der Einreihung auf verschiedenen Ebenen. In Bemerkung 2 werden die in der Verarbeitungsliste dazu verwendeten Abkürzungen erläutert:
  • CC = Kapitelwechsel (Change in Chapter / erste 2 Ziffern)
  • CTH = Positionswechsel (Change in Tariff Heading, erste 4 Ziffern)
  • CTSH = Unterpositionswechsel (Change in Tariff Sub Heading , erste sechs Ziffern)
  • Diese „Neueinreihungen“ sind nur bei den verwendeten VoU (Vormaterialien ohne Ursprung) erforderlich
Wertregeln
  • Max NOM = Maximaler zulässiger Wert des VoU in % des Ab-Werk-Preises
  • Bei Ursprungsregeln bezüglich Gewicht = Nettogewicht ohne Verpackung
Zur Unterstützung von EU-Unternehmen hat die EU-Kommission ausführliche Leitlinien zur Präferenzbehandlung, zum Ursprung und zu den Zollverfahren im Rahmen der neuen Beziehungen zum Vereinigten Königreich erarbeitet. Diese Leitfäden sollen Unternehmen bei der Auslegung der neuen Ursprungsregeln und bei der Anpassung ihrer Zollprozesse im Warenverkehr mit dem VK unterstützen. Sie sollen fortlaufend aktualisiert werden. Die Dokumente finden Sie auf der Website der Europäischen Kommission, DG Taxud.

2.2. Kumulierung

  • Das Abkommen sieht neben einer eingeschränkten bilateralen Kumulierung (für Vormaterialien mit Ursprung in der jeweils anderen Vertragspartei) auch eine vollständige bilaterale Kumulierung (für Vormaterialien, die in der jeweils anderen Vertragspartei be- oder verarbeitet wurden, ohne dabei den Ursprung zu erlangen) vor.
  • Eine diagonale Kumulierung ist indes nicht vorgesehen.
  • Beide Regelungen gelten nur, sofern die Be- bzw. Verarbeitung über die sogenannte Minimalbehandlung gemäß Artikel ORIG.7 hinausgeht.

2.3. Präferenznachweise

Als Grundlage für einen Antrag auf Zollpräferenzbehandlung stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
  • Ein in der Ausfuhrvertragspartei ausgefertigter Präferenznachweis in Form einer "Erklärung zum Ursprung" (EzU, Artikel ORIG.19) des Ausführers, sogenannte „REX-Erklärung“: Sie kann nach den Bestimmungen der Ausfuhr-Vertragspartei für eine einzelne Lieferung ausgefertigt werden oder aber für Mehrfachsendungen identischer Ursprungserzeugnisse für einen in der EzU angegebenen Gültigkeitszeitraum von maximal 12 Monaten.
  • Daneben kann der Antrag unter den Voraussetzungen des Artikels ORIG.21 mit der "Gewissheit des Einführers", dass das Erzeugnis die Ursprungseigenschaft besitzt, begründet werden. Dieser Ursprung muss bewiesen werden. Über die erforderlichen Informationen verfügen regelmäßig jedoch nur verbundene Unternehmen.
Erklärung zum Ursprung für Mehrfachsendungen
Nach Weiterentwicklung der Rechtsauslegung der Europäischen Kommission kann nun auch eine Erklärung zum Ursprung für Mehrfachsendungen, deren Beginn der Geltungsdauer vor dem Ausfertigungsdatum liegt, grundsätzlich bei der Einfuhr in die EU anerkannt werden. Diese neue Rechtsauslegung ermöglicht nach Rücksprache der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) mit der Generalzolldirektion nicht nur eine Präferenzbehandlung bei Einfuhren, die nach dem Ausfertigungsdatum der Erklärung zum Ursprung angemeldet werden, sondern auch für Einfuhren, die bereits vor dem Ausstellungsdatum ab Beginn des Gültigkeitszeitraums erfolgt sind. Hier kann der Importeur die Präferenzbehandlung nachträglich im Rahmen des Erstattungsverfahrens beim zuständigen Hauptzollamt geltend machen.
Das Merkblatt zum TCA des Zolls wurde entsprechend angepasst.
Bei der Ausfertigung einer  EzU ist der  Wortlaut nach  ANHANG ORIG-4 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 590 KB) zu verwenden , der auf Grundlage der nationalen Vorschriften der jeweiligen Vertragspartei die Angabe einer Referenznummer beinhaltet, durch die der Ausführer identifiziert werden kann.
  • Für Ausführer aus dem VK handelt es sich dabei um die EORI-Nummer, die unabhängig von Wertgrenzen angegeben sein muss.
  • Für Ausführer aus der EU sind möglich:
    → die EzU eines jeden Ausführers, sofern der Wert der Ursprungserzeugnisse in einer Sendung 6.000 Euro nicht überschreitet
    → die EzU eines registrierten Ausführers (REX); die REX-Nummer ist in der EzU anzugeben

Codierung in ATLAS

Bei der Einfuhr in die EU ist der Ursprung mit „GB“, die beantragte Begünstigung (Präferenzzollsatz) mit „300“ sowie der jeweils gewählte Ursprungsnachweis mit einer der folgenden Codierungen in der Zollanmeldung anzugeben:
  • U116 EzU
  • U118 EzU für Mehrfachsendungen identischer Ursprungserzeugnisse
  • U117 Gewissheit des Einführers
Weitere Details zur Codierung entnehmen Sie bitte auch der Fachmeldung ATLAS-Info 0109/20 vom 30.12.2020.

2.4. Lieferantenerklärungen

Gemäß Artikel ORIG.19 ist der Ausführer für die Richtigkeit der EzU und der darin enthaltenen Angaben verantwortlich. Hierbei stützt er sich regelmäßig auf Lieferantenerklärungen (LE) für Waren mit Präferenzursprungseigenschaft.
Aussteller von Lieferantenerklärungen nach Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 für Warenlieferungen innerhalb der Europäischen Union können das Vereinigte Königreich, wenn es sich bei den aufgeführten Waren um Ursprungswaren im Sinne des TCA handelt, unter "... für den Präferenzverkehr mit ____ " eintragen.
Benennung des Vereinigten Königreichs in Lieferantenerklärungen
Folgende Benennungen sind zulässig:
  • „Vereinigtes Königreich“
  • „United Kingdom“ (oder die Bezeichnung in anderen zulässigen Sprachen)
  •  „Großbritannien“
  • „Great Britain“ (oder die Bezeichnung in anderen zulässigen Sprachen)
  • als Abkürzung kann der ISO-Alpha-2-Ländercode „GB“ verwendet werden.
Angaben einzelner Landesteile wie beispielsweise „England“ sind hingegen nicht zulässig.

3. Brexit und Präferenzrecht/ Lieferantenerklärungen der EU27

Der Brexit hat Konsequenzen für präferenzielle Ursprungsregelungen. Beim Präferenzrecht wird nicht zwischen GB und Nordirland unterschieden. Es gibt einen gemeinsamen Ursprung für das Vereinigte Königreich, die Kennung dafür ist verwirrenderweise GB.

Seit 1. Januar 2021 sind GB-Waren keine EU-Waren mehr und folglich nicht mehr präferenzberechtigt. Das gilt nach Ansicht der EU auch für GB-Waren, die sich bereits vor dem Brexit im Gebiet der EU27 befinden. Das hat Auswirkungen auf die Präferenzkalkulation!
In einer weiteren Meldung erläutert der deutsche Zoll, dass das TCA EU-UK keinerlei Relevanz für die übrigen präferenziellen Handelsabkommen der EU-27 hat. Der Zoll erinnert dabei an die wichtigsten Auswirkungen des EU-Austritts des VKs im Hinblick auf die präferenziellen Handelsbeziehungen der EU mit anderen Partnerstaaten (wie z.B. Korea, Kanada …) ab dem 1. Januar 2021.
  • Jede Vorleistung, die im VK erbracht wird (Erzeugnisse, Materialien oder jeder Be- oder Verarbeitungsvorgang; nachstehend VK-Inhalt), gilt für die Bestimmung des präferenziellen Ursprungs einer Ware als "nicht Ursprungserzeugnis/-komponente".
  • Ursprungsnachweise, die vor Ablauf des Übergangszeitraums in der EU oder im VK für Waren mit einem VK-Inhalt ausgestellt oder ausgefertigt werden, können innerhalb ihrer Geltungsdauer für die Gewährung einer Präferenzbehandlung nur dann anerkannt werden, wenn die Ausfuhr der Warensendungen bis zum 31. Dezember 2020 erfolgt oder gewährleistet ist. Sinngemäß gilt dies auch für Ursprungsnachweise aus Präferenzpartnerländern der EU. Die weitere Verwendung derartiger Ursprungsnachweise für EU-Ursprungswaren im Rahmen von Kumulierungsbestimmungen ist ausgeschlossen.
  • Lieferantenerklärungen, die vor dem 1. Januar 2021 im VK ausgefertigt wurden, verlieren automatisch ihre Gültigkeit. Wurden sie hingegen in den EU27 Mitgliedstaaten ausgefertigt, so sind die jeweiligen Lieferanten dazu verpflichtet, ihre Kunden darüber zu informieren, wenn die von ihnen ausgefertigte Lieferantenerklärung für die gelieferte Ware aufgrund von maßgeblichen VK Inhalten ab 1. Januar 2021 nicht mehr gültig ist.
  • Ermächtigte bzw. registrierte Ausführer müssen in ihren Ursprungskalkulationen sicherstellen, dass VK-Inhalte ab dem 1. Januar 2021 nicht mehr als EU-Ursprungskomponenten berücksichtigt werden. Ggf. müssen Lieferketten entsprechend angepasst werden. Im Einzelfall kann es auch erforderlich sein, das zuständige Hauptzollamt darüber zu informieren, dass die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der vereinfachten Verfahren nicht mehr vorliegen.

4. Brexit und Exportkontrolle

Seit dem 1. Januar 2021 ist das Vereinigte Königreich Drittland. Bei Ausfuhren aus der EU nach Großbritannien können dadurch neue exportkontrollrechtliche Genehmigungspflichten entstehen. Für Nordirland gibt es mit dem Protokoll zu Irland/Nordirland besondere Regelungen, es wird weiterhin wie zur EU gehörend behandelt. Die EU-Dual-Use-Verordnung, die Feuerwaffen-Verordnung sowie die Anti-Folter-Verordnung gelten demnach auch seit dem 1. Januar 2021 für Nordirland weiter.
Prüfen Sie unbedingt Ihre Ausfuhren nach Großbritannien, ob diese von Ausfuhrbeschränkungen betroffen sind, insbesondere im Zusammenhang mit:
  • Dual-Use-Gütern,
  • bestimmten Feuerwaffen nebst entsprechender Munition und Wiederladegeräte,
  • Gütern, welche von der Anti-Folter-Verordnung erfasst werden,
  • Handels- und Vermittlungsgeschäften,
  • der Technischen Unterstützung.
Als Verfahrenserleichterung wurde die Allgemeine Genehmigung EU001 um das Bestimmungsland Vereinigtes Königreich erweitert. 
Das Merkblatt „Brexit und Exportkontrolle“ des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bietet einen Überblick über die seit dem 1. Januar 2021 geltenden exportkontrollrechtlichen Vorschriften.

5. CE-Kennzeichnung

Der Brexit hatte auch Folgen für die CE-Kennzeichnung. Ausnahme: in Nordirland ändert sich hingegen nichts, da Nordirland weiterhin wie ein Teil des Binnenmarktes behandelt wird.
Einfuhr von GB-zertifizierten Produkten in die EU 
Zertifikate von britischen Zertifizierern haben ihre Gültigkeit in den 27 übrigen EU-Mitgliedsstaaten verloren. Demnach können betroffene Produkte nicht mehr in der EU in Verkehr gebracht werden. In folgender Liste finden Sie die betroffenen Produktkategorien.
Laut Germany Trade and Invest, GTAI haben Unternehmen mit im VK zertifizierten Produkten nun zwei Optionen:
  • Sie können zum einen eine neue Konformitätsbewertung bei einem Zertifizierungsinstitut, einer „Benannten Stelle”, in einem der verbleibenden Mitgliedstaaten beantragen. „Benannte Stelle” meint, dass die Prüfstellen ihren Sitz in einem Mitgliedstaat haben und von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats benannt wurden.
  • Zum anderen gibt es die Option, das bestehende Dossier in einen anderen EU-Mitgliedstaat übertragen zu lassen. Hierzu ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Unternehmen, der britischen sowie der neuen „Benannten Stelle” notwendig.

Einfuhr von CE-gekennzeichneten Produkten nach GB
Update (4. August 2023): Die britische Regierung hat am 1. August 2023 entschieden, die CE-Kennzeichnung unbegrenzt auch über das Jahr 2024 hinaus für viele Produkte anzuerkennen. Weitere Informationen enthält die Internetseite der britischen Regierung.
Die bisher in GB anerkannte CE-Kennzeichnung wird durch das neue Konformitätszeichen UKCA (United Kingdom Conformity Assessed) ersetzt. Die britische Regierung informiert auf ihrer Internetseite  Using the UKCA marking über die neue Markierung. Die der UKCA zugrundeliegenden Standards entsprechen den heute in der EU gültigen CE-Standards. Folgende Regelungen gelten:
  • Waren, die sich bereits vor dem 1. Januar 2021 in GB im freien Verkehr befanden, bleiben von den neuen Regelungen unberührt. Das heißt, ihre CE-Kennzeichnung wird in GB unbefristet akzeptiert.
  • Für die meisten CE-kennzeichnungspflichtigen Produkte galt bisher eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2024, nachdem diese Frist bereits mehrmals verlängert worden war. Laut der britischen Regierung am 1. August 2023 bleibt die CE-Kennzeichnung jetzt unbegrenzt gültig. Damit entfällt grundsätzlich die verpflichtende Umstellung auf das UKCA-Label. Unternehmen können die neue UKCA-Kennzeichnung freiwillig verwenden. Für einige Produktgruppen gelten abweichende Regelungen.