EU-Sanktionen gegen Belarus: No-Belarus-Klausel
Am 29. Juni 2024 wurden restriktive Maßnahmen gegen Belarus verabschiedet, die die bestehenden EU-Sanktionen gegen das Land erweitern und verschärfen. Hierzu gehört auch eine No-Belarus-Klausel, die in Verträge aufgenommen werden muss.
- Inhalt und Anwendbarkeit der No-Belarus-Klausel
- Bestehen besondere Pflichten beim Verkauf an Tochtergesellschaften im Drittland?
- Gibt es weitere Ausnahmen von der Klausel?
- Codierungen in der Ausfuhranmeldung
- Überprüfung der Einhaltung der Klauseln
- IV. Musterklausel und Leitlinien der EU-Kommission
- Hintergrund und Rechtsgrundlagen
Inhalt und Anwendbarkeit der No-Belarus-Klausel
Mit der Änderungsverordnung (EU) 2024/1865 vom 29. Juni 2024 hat die EU die Sanktionen gegen Belarus weitgehend an die Maßnahmen gegen Russland angepasst. Die bestehenden Ausfuhr- und Einfuhrverbote wurden erweitert und eine No-Belarus-Klausel eingeführt. Artikel 8g verpflichtet Ausführer, den eigenen Kunden den Weiterverkauf sensibler Güter nach Belarus und deren dortige Verwendung vertraglich zu untersagen. Betroffen hiervon sind gem. Artikel 8g die folgenden Güter:
- Anhang XVI (Feuerwaffen und andere Waffen)
- Anhang XVII (Luftfahrzeuge und -zubehör)
- Anhang XXVIII (Flugturbinenkraftstoffe und Motoren für Luftfahrzeuge)
- Anhang XXX (Common list of high priority items: Bestimmte Güter aus den Kapiteln 84, 85, 88 und 90, unter anderem Schaltungen, Halbleiterbauelemente, bestimmte elektrische Geräte, Kugellager, Werkzeugmaschinen)
- Feuerwaffen und Munition
Prüfen Sie die von Artikel 8g erfassten Anhänge, um festzustellen, ob Sie betroffen sind. Sie finden diese Anhänge in der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 bzw. in der Änderungsverordnung (EU) 2024/1865. Wenn Sie dort aufgeführte Güter exportieren, gilt für Sie die No-Belarus-Klausel. Ausgenommen sind Verträge für Verkäufe und Lieferungen in bestimmte Partnerländer (USA, Kanada, Vereinigtes Königreich, Australien, Neuseeland, Japan, Südkorea, Norwegen, Schweiz, Liechtenstein und Island). Die folgenden Güter sind von der Klausel umfasst:
- Feuerwaffen und andere Waffen (Anhang XVI)
- Luftfahrzeuge und -zubehör (Anhang XVII)
- Flugturbinenkraftstoffe, Kraftstoffadditive und Motoren für Luftfahrzeuge (Anhang XXVIII)
- Bestimmte Güter von hoher Priorität wie zum Beispiel Schaltungen, elektrische Geräte, Werkzeugmaschinen (Anhang XXX)
- Feuerwaffen und Munition gemäß der Liste
in Anhang I der EU-Verordnung 258/201
Hinweis: Die von der EU-Kommission im Februar veröffentlichten FAQs zu den Russland-Sanktionen “Leitlinien zur Umsetzung der No-Russia-Klausel, inkl. Musterklauseln, können auch für die No-Belarus-Klausel verwendet werden.
Bestehen besondere Pflichten beim Verkauf an Tochtergesellschaften im Drittland?
Derzeit besteht für Tochtergesellschaften von EU-Unternehmen in Drittländern noch keine Verpflichtung zur Übernahme der No-Belarus-Klausel.
Dennoch sind EU-Unternehmen verpflichtet, die Aktivitäten ihrer Tochtergesellschaften zu kontrollieren (siehe unten).
Gibt es weitere Ausnahmen von der Klausel?
In Art. 8g Abs. 2b findet sich eine Altvertragsklausel für Verträge,
die bis zum 1. Juli 2024 geschlossen worden sind.
die bis zum 1. Juli 2024 geschlossen worden sind.
Auch bestimmte Güter des Anhangs XXX sind von der Pflicht einer No-Belarus-Klausel ausgenommen (insbesondere CNC-Maschinen).
Zudem sind öffentliche Verträge ausgenommen, die mit einer Behörde in einem Drittland oder einer internationalen Organisation geschlossen wurden.
Eine Pflicht zur Aufnahme der Klausel in Bezug auf geistiges Eigentum und Geschäftsgeheimnisse besteht für Belarus nicht - im Gegensatz zu den Regelungen für Russland.
Codierungen in der Ausfuhranmeldung
Wie der ATLAS-Info 0669/24 vom 24.10.2024 zu entnehmen ist, veröffentlichte die GD TAXUD neue Codierungen für die Erklärung, dass die Wiederausfuhr nach Belarus vertraglich untersagt wurde bzw. diese Vorgaben nicht gelten.
- Y230: „Die Wiederausfuhr nach Belarus und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Belarus wurden gemäß Artikel 8g Abs. 1 VO (EG) Nr. 765/2006 vertraglich untersagt“
- Y231: „Ausnahme gemäß Artikel 8g Abs. 2 VO (EG) Nr. 765/2006 von der Verpflichtung nach Artikel 8g Abs. 1, die Wiederausfuhr nach Belarus und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Belarus vertraglich zu untersagen“
- Y232: „Ausnahme gemäß Artikel 8g Abs. 3 VO (EG) Nr. 765/2006 von der Verpflichtung nach Artikel 8g Abs. 1, die Wiederausfuhr nach Belarus und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Belarus vertraglich zu untersagen“
Darüber hinaus bestehen die bisherigen Beschränkungen fort:
- Auf die Sanktionsliste der EU wurden hochrangige Militärs aufgenommen, was neben dem Einfrieren von Vermögenswerten ein Reiseverbot (Ein- und Durchreise) der gelisteten Personen im EU-Hoheitsgebiet bewirkt.
- Die SWIFT-Dienste für einige belarussische Banken beschränkt, Transaktionsverbot mit belarussischer Zentralbank und weitere
- Der Straßengütertransport in der EU ist für in Belarus registrierte Kraftverkehrsunternehmen seit 9. April 2022 verboten, es gibt Ausnahmen für wenige Güter.
- Einfuhrbeschränkungen in die EU von Waren, die ihren Ursprung in Belarus haben oder die aus Belarus ausgeführt worden sind. Diese betreffen die folgenden Bereiche:
- Tabakerzeugnisse (Anhang VI)
- Mineralische Brennstoffe und bituminösen Substanzen (Anhang VII)
- Düngemittel (Anhang VIII)
- Holzerzeugnisse (gesamtes Warenverzeichnis-Kapitel 44, Anhang X)
- Zementprodukte (Anhang XI)
- Eisen- und Stahlprodukte (gesamte Warenverzeichnis-Kapitel 72 und 72, Anhang XII)
- Kautschukprodukte (Anhang XIII)
- Exportverbote nach Belarus betreffen
- Maschinen und Anlagen (Warenverzeichnis Kapitel 84 und 85 mit wenigen Ausnahmen),
- Rüstungsgüter (Teil I A der Ausfuhrliste) und gelistete Dual-Use-Güter und -Technologien (Anhang 1 EU-Dual-Use-VO)
- Güter der internen Repression (Anhang III) sowie Güter zur Kommunikationsüberwachung (Anhang IV)
- Güter für die Tabakindustrie (Anhang VI)
- High-Tech: komplexe Güter und Technologien, die zur militärischen, technologischen, verteidigungs- und sicherheitspolitischen Entwicklung von Belarus beitragen könnten (vgl. die in Anhang Va aufgeführten Kategorien Allgemeine Elektronik, Rechner, Telekommunikation und Informationssicherheit, Sensoren und Laser, Navigation Luftfahrtelektronik, Meeres- und Schiffstechnik, Luft- und Raumfahrt sowie Antriebe), Halbleiterbauelemente, Elektronisch integrierte Schaltungen, Fotoapparate, optische Komponenten, elektrische/magnetische Bauteile, bestimmte elektronische Geräte). Der Anhang entspricht im Wesentlichen Anhang VII des Russland-Embargos.
- Feuerwaffen, dazugehörige Teile, wesentliche Komponenten, Munition
- Güter der Luftfahrt- und Raumfahrtindustrie (Anhang XVII)
- Hierzu gehören auch damit verbundene Dienstleistungen. Diese Regelungen entsprechen den Vorgaben in der Russland-Embargoverordnung und enthalten Ausnahmen und Genehmigungstatbestände.
- Die Ausnahmen für Altverträge sind wichtig bei technischer Unterstützung wie Wartung und Ersatzteilversorgung von Maschinen und Anlagen. Die Exportverbote sind für Belarus in diesem Bereich weitreichender als für Russland.
- Bei Lieferungen nach und aus Belarus sind bei Zollanmeldungen zusätzlich die ATLAS-Unterlagencodierungen anzuwenden. Der IHK-Artikel ATLAS: Codierungen und Embargos gibt Hinweise zur richtigen Anwendung der Codierungen.
Die erforderlichen Prüfschritte für Güterlieferungen nach Belarus finden Sie in einem unverbindlichen Prüfschema (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 66 KB). Der Güterbegriff umfasst grundsätzlich Waren, Software und Technologie. Ausgenommen sind bei dieser Übersicht Dienstleistungen, die grundlegende Frage der Zahlung sowie der Transport.
Überprüfung der Einhaltung der Klauseln
EU-Unternehmen sind verpflichtet, die Einhaltung der No-Belarus-Klausel zu überprüfen, ohne dass konkrete Anweisungen zu den zu ergreifenden Maßnahmen zur Verfügung stehen. Bei Verstößen gegen das Verbot der Wiederausfuhr nach Belarus sind „angemessene Abhilfemaßnahmen“ zu ergreifen. Außerdem ist der Ausführer dazu verpflichtet, bei Verstößen die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in Deutschland das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten unterrichten ihrerseits die Kommission über einen von ihnen festgestellten Verstoß.
IV. Musterklausel und Leitlinien der EU-Kommission
Bei der Ausgestaltung der No-Belarus-Klausel kann der Maßstab an die von der EU-Kommission veröffentlichte No-Russia-Musterklausel angelegt und entsprechend angepasst werden.
In Bezug auf die Formulierung sind Abweichungen zulässig.
Formulierungsvorschlag der EU-Kommission (nur auf Englisch verfügbar):
“(1) The [Importer/Buyer] shall not sell, export or re-export, directly or indirectly, to the Russian Federation or for use in the Russian Federation any goods supplied under or in connection with this Agreement that fall under the scope of Article 12g of Council Regulation (EU) No 833/2014.
(2) The [Importer/Buyer] shall undertake its best efforts to ensure that the purpose of paragraph (1) is not frustrated by any third parties further down the commercial chain, including by possible resellers.
(3) The [Importer/Buyer] shall set up and maintain an adequate monitoring mechanism to detect conduct by any third parties further down the commercial chain, including by possible resellers, that would frustrate the purpose of paragraph (1).
(4) Any violation of paragraphs (1), (2) or (3) shall constitute a material breach of an essential element of this Agreement, and the [Exporter/Seller] shall be entitled to seek appropriate remedies, including, but not limited to:
(i) termination of this Agreement; and
(ii) a penalty of [XX]% of the total value of this Agreement or price of the goods exported, whichever is higher.
(5) The [Importer/Buyer] shall immediately inform the [Exporter/Seller] about any problems in applying paragraphs (1), (2) or (3), including any relevant activities by third parties that could frustrate the purpose of paragraph (1). The [Importer/Buyer] shall make available to the [Exporter/Seller] information concerning compliance with the obligations under paragraph (1), (2) and (3) within two weeks of the simple request of such information.”
Hintergrund und Rechtsgrundlagen
Die gegen Belarus verhängten Sanktionen stellen eine Reaktion auf die Entwicklungen in der Region seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 dar.
Der Rat der Europäischen Union hat im März 2022 eine Änderung des Beschlusses 2012/642/GASP angenommen, welcher weitere restriktive Maßnahmen als Reaktion auf die Beteiligung und Unterstützung von Belarus eingeführt. Die Maßnahmen basieren auf der Grundverordnung (EG) 765/2006. Ziel ist es, die Umgehung der Russlandsanktionen über Belarus zu verhindern.
Die neuen Sanktionsregelungen basieren auf der Verordnung (EU) 2024/1865, sowie dem Beschluss 2024/1864 und sind am 30. Juni 2024 in Kraft getreten.
Wesentliche Punkte sind die Erweiterung der bisherigen Ein- und Ausfuhrverbote, sowie die Einführung einer sogenannten No-Belarus-Klausel gemäß Artikel 8g der Verordnung.
März 2025
Quelle: EU Kommission, IHK Düsseldorf und Stuttgart