Energieeffizienzgesetz in Kraft getreten: Meldepflicht für Abwärme verschoben

Das Energieeffizienzgesetz ist am 17. November im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und am 18. November 2023 in Kraft getreten. Mit dem EnEfG werden wesentliche Anforderungen der europäischen Energieeffizienz-Richtlinie national umgesetzt. Die Frist für die erstmalige Meldung von Unternehmen an die Plattform für Abwärme bei der Bundesstelle für Energieeffizienz ist auf den 1. Januar 2025 verlängert worden. Das BAFA hat Merkblätter zur Umsetzung veröffentlicht.

Definitionen

Der Unternehmensbegriff umfasst “immer die kleinste rechtlich selbständige Einheit, die aus handels- und/oder steuerrechtlichen Gründen Bücher führt und bilanziert, einschließlich ihrer Zweigniederlassungen, Filialen und Betriebe bzw. Betriebsteile.”
Die erfolgreiche Einrichtung eines Energie- bzw. Umweltmanagementsystems „schließt mit dem ISO 50.001 Zertifizierung (ISO 50.001 Zertifikat) / dem Eintrag ins EMAS-Register (EMAS Urkunde) ab“.
Bei der Bestimmung des relevanten Endenergieverbrauchs wird im Wesentlichen auf die bestehenden Regelungen bzw. Ausführungen der Energieauditpflicht (EDL-G) verwiesen – mit der Ausnahme, dass beim EnEfG auch Flugzeugtreibstoffe einzubeziehen sind.

Weitere Informationen

Energieeffizienzziele

Das Gesetz setzt absolute Primär- und Endenergieeinsparziele. Der Endenergieverbrauch muss im Vergleich zum Jahr 2008 bis zum Jahr 2030 um mindestens 26,5 Prozent auf höchstens 1.867 Terawattstunden (TWh) und der Primärenergieverbrauch um 39,3 Prozent auf höchstens 2.252 TWh gesenkt werden. Bis 2045 soll der Endenergieverbrauch gegenüber dem Jahr 2008 um 45 Prozent gesenkt werden. Die Bundesregierung kann die Erreichung der Ziele bei außergewöhnlichen und unerwarteten Konjunktur- oder Bevölkerungsentwicklungen anpassen.

Einsparverpflichtung für Bund, Länder und öffentliche Stellen

Der Bund soll ab 2024 bis 2030 mittels strategischer Maßnahmen jährlich neue Endenergieeinsparung von mindestens 45 TWh „bewirken“. Für die Länder gilt jährlich neue Endenergieeinsparung von mindestens 3 TWh, die vor allem durch Maßnahmen zur Information, Beratung, Bildung und Förderung erreicht werden sollen. Öffentliche Stellen mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch größer 1 Gigawattstunden (GWh) sind bis zum Jahr 2045 zu jährlichen Endenergieeinsparungen von 2 Prozent verpflichtet und müssen ein vereinfachtes Energiemanagementsystem (EMS) bzw. ab 3 GWh ein umfassendes EMS/UMS einführen.

Managementpflichten für Unternehmen

Unternehmen mit einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre von mehr als 7,5 GWh müssen innerhalb von 20 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes bzw. nach Erreichen des Verbrauchsstatus ein Energiemanagementsystem (EMS) oder ein Umweltmanagementsystem (UMS) mindestens mit folgenden zusätzlichen Anforderungen eingeführt haben:
  • Erfassung von Zufuhr und Abgabe von Energie, Prozesstemperaturen, abwärmeführenden Medien mit ihren Temperaturen und Wärmemengen und möglichen Inhaltsstoffen sowie von technisch vermeidbarer und technisch nicht vermeidbarer Abwärme bei der Erfassung der Abwärmequellen und die Bewertung der Möglichkeit zur Umsetzung von Maßnahmen zur Abwärmerückgewinnung und -nutzung
  • Identifizierung und Darstellung von technisch realisierbaren Endenergieeinsparmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Abwärmerückgewinnung und -nutzung
  • Wirtschaftlichkeitsbewertung der identifizierten Maßnahmen nach DIN EN 17463, Ausgabe Dezember 2021
Innerhalb der 20-Monatsfrist sind die Unternehmen von der Pflicht zur Durchführung von Energieaudits nach § 8 Absatz 1 des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Effizienzmaßnahmen befreit.
Unternehmen mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch größer 2,5 GWh müssen angelehnt an die europäische Energieeffizienz-Richtlinie (EU) 2023/1791 alle vier Jahre ein Energieaudit durchführen lassen und
  • innerhalb von drei Jahren nach Abschluss der Re-Zertifizierung, der Verlängerungseintragung oder der Fertigstellung des Energieaudits für alle als wirtschaftlich identifizierten Maßnahmen konkrete Umsetzungspläne entwickeln und veröffentlichen. Die Pflicht zur Erstellung und Prüfung der Umsetzungspläne, sowie die Pflicht zu deren Veröffentlichung gelten nur für Maßnahmen, die nach dem 18. November 2023 in Energieaudits bzw. in Aktionsplänen von EMS und UMS als wirtschaftlich identifiziert wurden.
  • Eine Maßnahme gilt als wirtschaftlich, wenn sich bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Maßnahme nach DIN EN 17463 nach maximal 50 Prozent der Nutzungsdauer (Abschreibungstabellen des Bundesfinanzministeriums) ein positiver Kapitalwert ergibt, jedoch begrenzt auf Maßnahmen mit einer Nutzungsdauer von maximal 15 Jahren.
  • Die Unternehmen sind verpflichtet, sich die Vollständigkeit und Richtigkeit der Umsetzungspläne vor der Veröffentlichung durch Zertifizierer, Umweltgutachter oder Energieauditoren bestätigen zu lassen.
  • Ausgenommen von der Pflicht zur Veröffentlichung sind Informationen, die nationalen oder europäischen Vorschriften zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder der Vertraulichkeit unterliegen.

Externe und unternehmensinterne Rechenzentren

Das EnEfG fordert umfangreiche und weitgehende Energieeffizienzanforderungen sowie Berichtspflichten für bestehende und neue Rechenzentren (mit einer nicht redundanten elektrischen Nennanschlussleistung ab 300 Kilowatt) sowie weitergehende Abwärmenutzungsanforderungen für neue Rechenzentren.
Rechenzentren, die vor dem 1. Juli 2026 den Betrieb aufnehmen oder aufgenommen haben, müssen
  • ab dem 1. Juli 2027 eine Energieverbrauchseffektivität von kleiner oder gleich 1,5 und
  • ab dem 1. Juli 2030 eine Energieverbrauchseffektivität von kleiner oder gleich 1,3 im Jahresdurchschnitt dauerhaft erreichen.
Rechenzentren, die ab dem 1. Juli 2026 den Betrieb aufnehmen, sind so zu errichten und zu betreiben, dass sie
  • eine Energieverbrauchseffektivität von kleiner oder gleich 1,2 erreichen und
  • einen Anteil an wiederverwendeter Energie
    • von mindestens 10 Prozent,
    • bei Betriebsaufnahme ab dem 1. Juli 2027 von mindestens 15 Prozent und
    • bei Betriebsaufnahme ab dem 1. Juli 2028 von mindestens 20 Prozent aufweisen.
Die Verpflichtung zur Wiederverwendung von Energie gilt nicht, wenn eine Vereinbarung mit einem Wärmenetzbetreiber abgeschlossen wurde oder von diesem ein Angebot zur Nutzung zu Gestehungskosten nicht angenommen worden ist.
Zudem müssen Rechenzentren ab 1. Januar 2024 50 Prozent ihres Stromverbrauchs bilanziell durch Strom aus erneuerbaren Energien decken, ab 2027 100 Prozent.
Rechenzentren (sowie “Betreiber von Informationstechnik” mit einer nicht redundanten Nennanschlussleistung ab 50 Kilowatt in Rechenzentren) müssen außerdem ab 1. Juli 2025 ein EMS/UMS betreiben. Die Pflicht zur Zertifizierung bzw. Validierung ihres EMS/UMS besteht ab 1. Januar 2026
  • für Rechenzentren von Unternehmen mit einer nicht redundanten elektrischen Nennanschlussleistung ab 1 Megawatt
  • für “Betreiber von Informationstechnik” mit einer nicht redundanten Nennanschlussleistung ab 500 Kilowatt und
  • für Betreiber von Informationstechnik, die im Auftrag öffentlicher Träger betrieben werden, ab einer nicht redundanten Nennanschlussleistung ab 300 Kilowatt.
Rechenzentren, deren wiederverwendete Energie zur Nutzung über ein Wärmenetz zu einem Anteil von mindestens 50 Prozent aufgenommen wird, sind von der Pflicht zur Einrichtung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems befreit, wenn ihr jährlicher durchschnittlicher Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre die Schwelle von 7,5 Gigawattstunden nicht überschreitet.
Betreiber von Rechenzentren müssen Informationen nach Anlage 3 veröffentlichen und an das Energieeffizienzregister für Rechenzentren übermitteln und zwar
  • erstmals spätestens zum 1. Juli 2025 ab einer nicht redundanten Nennanschlussleistung von 200 Kilowatt bis unter 500 Kilowatt bzw. 
  • erstmals spätestens zum 15. August 2024 ab einer nicht redundanten Nennanschlussleistung von 500 Kilowatt (Frist verlängert laut Hinweis der BfEE) und
  • anschließend jeweils bis zum 31. März für das vorangegangene Kalenderjahr.

Abwärme

Unternehmen mit einem Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh haben Abwärme nach dem Stand der Technik zu vermeiden, auf den Anteil technisch unvermeidbarer Abwärme zu reduzieren und nach Möglichkeit durch Abwärmenutzung – auch durch Dritte – kaskadenförmig wiederzuverwenden, soweit dies möglich und zumutbar ist. Im Rahmen der Zumutbarkeit sind technische, wirtschaftliche und betriebliche Belange zu berücksichtigen.
Die Unternehmen müssen folgende Informationen
  • Name des Unternehmens,
  • Adresse des Standortes oder der Standorte, an dem die Abwärme anfällt,
  • jährliche Wärmemenge und maximale thermische Leistung,
  • zeitliche Verfügbarkeit in Form von Leistungsprofilen im Jahresverlauf,
  • vorhandene Möglichkeiten zur Regelung von Temperatur, Druck und Einspeisung,
  • durchschnittliches Temperaturniveau in Grad Celsius
auf Verlangen an Betreiber von Wärmenetzen, Fernwärmeversorgungsunternehmen und sonstige potenziell wärmeabnehmende Unternehmen weitergeben und diese Informationen erstmals zum 1. Januar 2025 an die Bundesstelle für Energieeffizienz und danach  jedes Jahr bis zum 31. März übermitteln, die sie auf der öffentlichen Plattform  für Abwärme zur Verfügung stellt. 
Wichtige Definitionen und Informationen zur Umsetzung der Anforderungen liefert ein

Energieeffizienzgesetz: Merkblatt zur Abwärme veröffentlicht

Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) verpflichtet Unternehmen, die im Durchschnitt der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre einen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 Gigawattstunden aufweisen, ihre Abwärmepotenziale zu ermitteln und bis 1. Juli 2024 an die Plattform für Abwärme zu übermitteln. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat dazu Anfang März das “Merkblatt für die Plattform für Abwärme” veröffentlicht. 
(Quelle BAFA)
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Klimaneutrale Unternehmen

Das EnEfG enthält eine Verordnungsermächtigung (mit Bundesratszustimmung) zur Definition „klimaneutraler Unternehmen“ und zu Ausnahmen und Befreiungen von den Anforderungen an Rechenzentren und hinsichtlich der Abwärme-Nutzung.

Bußgelder

Bei einem Verstoß gegen die Regelungen des EnEfG können Bußgelder von bis zu 100.000 Euro verhängt werden.

DIHK-Einschätzung

Auch wenn die Regierungskoalition nun klargestellt hat, dass mit den allgemeinen Einsparzielen keine Begrenzung des individuellen Verbrauchs einhergehen soll und die Ziele bei „außergewöhnlichen und unerwarteten“ konjunkturellen und Bevölkerungs-Entwicklungen angepasst werden können, führt das zu erheblicher Rechtsunsicherheit: Werden Gerichte der Bundesregierung eine etwaige Zielverfehlung einfach durchgehen lassen? Und wenn nicht, drohen dann doch Limitierungen der Energieverbraucher durch die Hintertür?
Denn obwohl die deutsche Volkswirtschaft bei der Entkopplung von Energieverbrauch und Wirtschaftsleistung schon weit gekommen ist, steht zu befürchten, dass die einseitige Fokussierung auf eine massive Senkung des Verbrauchs (ohne Berücksichtigung der Wirtschaftsleistung) letztlich nicht ohne eine Begrenzung des betrieblichen Verbrauchs erreicht werden kann. Zudem steht das Dogma einer absoluten Endenergieeinsparung auch den künftig geforderten Flexibilitäten in einem immer volatileren, erneuerbaren Energiesystem entgegen. Auch das Primärenergieeinsparziel ist kritisch: Muss doch viel Energie für die Umwandlung von Strom in Wasserstoff (und Derivate) aufgebracht werden, mit den entsprechenden Wirkungsgradverlusten.
Mit den umfangreichen betrieblichen Verpflichtungen erhebt sich das EnEfG zudem über die betriebliche Praxis – legt fest, welche Investitionsmaßnahmen als wirtschaftlich zu bewerten sind, welche Abwärme zu vermeiden und wiederzuverwenden ist oder welche Art von Strom einzusetzen ist. Dass das Gesetz dabei nicht auf Motivation und Freiräume für die Erschließung weiterer Effizienzpotenziale in den Unternehmen setzt, sondern die begrenzten Kapazitäten bei Auditoren oder betrieblichem Energiepersonal prioritär in zusätzlichen Bürokratie- und Berichtspflichten bindet, macht die Sache umso misslicher.
(Quelle DIHK, BMWK, Bundestag)